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Das Model und der Banker

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Nicht mehr ganz neuesten Datums ist die Feststellung, dass nicht wenige französische (und deutsche und italienische und spanische …) Begriffe zusehends durch eine englische oder zumindest so klingende Übersetzung ersetzt werden.

Manchmal ist damit einfach der Ersatz des alten Begriffs betroffen, ohne dass sich am Beschriebenen etwas Grundsätzliches geändert hat. So sind die saisonalen «soldes» mittlerweile flächendeckend und sprachregionenüberschreitend als «sale» ausgeschildert, ohne dass potentielle Kunden annehmen, hier stehe verschmutzte Ware preisreduziert zum Verkauf – wie eine durch und durch unrepräsentative Umfrage in Freiburg ergab. Jedenfalls scheint sich durch die Umbenennung auch nichts Wesentliches am Ausverkauf verändert zu haben.

Nicht nur französische Begriffe in frankofonen Regionen, sondern auch französische Lehnwörter im Deutschen werden seit einiger Zeit anglisiert. Mit der Anglisierung des Ausdrucks ist jedoch oft auch eine Verschiebung der Bedeutung verbunden. Hier nur zwei Beispiele: Der frühere «Banquier» etwa, den man sich gerne als eher gut genährten Herrn in den besten Jahren vorstellt, der mit dem eigenen Vermögen für seine Bank haftet und Geschäfte bei mehrgängigen Menüs und zahlreichen Weinen irgendwann spätnachmittags abschliesst, ist dem «Banker» gewichen. Dieser, so die mit der Namensänderung aktualisierte Vorstellung, ist oder gibt sich weit jünger als sein Vorgänger. Vom Schalter bis ins Direktionsbüro kann er überall im Finanzwesen beschäftigt sein und beschränkt seine Mittagspause auf 30 Minuten, wenn er nicht für den nächsten Marathon trainiert. Ansonsten steht die neue Bezeichnung für gewinn- und/oder Verlust bringendes Verschieben von grossen Summen.

Ähnlich ist das «Mannequin», das einst eine ausserhalb des Modegeschäfts eher unbekannte, meist jüngere Dame bezeichnete, welche Kleider auf dem Laufsteg oder im Versandkatalog vorführte zum «Model» geworden – was früher eher mit Brot oder Butter in Verbindung gebracht wurde. Im öffentlichen Sprachgebrauch tritt das «Model» ohne vorangestelltes «Super» oder «Top» praktisch nicht mehr in Erscheinung und vermarktet in seinem mittlerweile öffentlichen Leben längst nicht mehr nur Kleider. Insbesondere in Frankreich und Québec bekämpfen staatliche Stellen diese Entwicklung mit sprachpolitischen Gesetzen, was sich je nach Standpunkt entweder als Widerstand gegen kulturimperialistische Entwicklungen oder als Kampf gegen Windmühlen interpretieren lässt. Jedenfalls kam es in Frankreich zu Verurteilungen wegen illegalen Gebrauchs von Englisch, etwa als Unternehmen englische Texte ohne französische Übersetzung an die Belegschaft verteilen liessen. 

Man kann die Anglisierungstendenzen bedauern, begrüssen oder gleichgültig zur Kenntnis nehmen, jedenfalls ist es aufschlussreich, die von ihr betroffenen Bereiche und die Bedeutungsverschiebungen näher zu betrachten.

Boris Bollerist Ethnologe. Er studierte, lebte und arbeitete lange in Freiburg. Nun interessiert er sich bis auf weiteres von Bern aus für die Belange der Zweisprachigkeit und pendelt zwischen den Städten. Als Gastkolumnist macht er sich in den FN regelmässig Gedanken zur Zwei- und Mehrsprachigkeit.

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