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Vom Status von Sprachen

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Seitdem das Thurgauer Parlament Mitte August beschlossen hat, den Französischunterricht auf der Primarstufe abzuschaffen, ist der ohnehin prekäre Sprachfrieden erneut breit zur Diskussion gestellt. Auch wenn der Thurgauer Entscheid noch lange nicht im Trockenen ist, ähnliche Bestrebungen sind aktuell in St. Gallen, Nidwalden und Schaffhausen – fast überall östlich der Reuss–im Gange. Dass Appenzell-Innerrhoden Frühfranzösisch bereits 2002 zugunsten des Englischen abgeschafft hatte, blieb aber irgendwie unter der landesweiten Aufmerksamkeitsschwelle.

 

 Die Argumente für oder gegen Frühfranzösisch – die zusehends auf einen sich gegenseitig ausschliessenden Französisch- oder Englischunterricht hinauslaufen – sind nicht eigentlich neu. Praktisch alles, was in diesem Zusammenhang gesagt werden kann, ist bereits in dieser oder jener Form gesagt worden. Akzentuiert hat sich allenfalls die verengte Sichtweise vieler Kommentatoren–vom Lausanner ETH-Präsidenten bis zur Kreuzlinger Primarschülerin–die ihre Traumata, Weltsicht, oder aktuelle Berufssituation als relevant, allgemeingültig beziehungsweise allein zukunftsträchtig darstellen.

 

 Ebenso zweckdienlich instrumentalisiert wie die sehr selektiv aufgenommenen pädagogischen und wissenschaftlichen Erkenntnisse aus diesem Bereich werden auch die betroffenen Schulkinder selbst. Genau diesen Schulkindern, deren Lern- und Leistungsbereitschaft sonst üblicherweise unter Verweis auf die viel beschworene Kuschelpädagogik in Abrede gestellt wird, wird im Bereich Französisch verständnisvoll Überforderung zugestanden.

 

 Auch gibt es in jeder dieser seit rund 20 Jahren an- und abschwellenden Diskussion mehr oder weniger vorbereitete Stellungnahmen, die aufgrund ihrer Originalität oder Abwegigkeit etwas länger im Gedächtnis bleiben. In dieser Saison blieb etwa die Aussage der jetzigen Nationalrätin Verena Herzog hängen, die noch als Kantonsparlamentarierin der Volkspartei den Thurgauer Entscheid in die Wege leitete. Demnach habe das Frühfranzösisch den Röstigraben um «keinen Millimeter» verkleinert. Das mag sein, trifft aber präzise am Problem vorbei, wie etwa die leidenschaftlichen Reaktionen aus der Romandie zeigen. Demnach haben dieser und diverse ähnliche Entscheide und Vorkommnisse besagten Graben deutlich verbreitert.

 

 All dies legt nahe, dass hier weniger Pädagogik, ökonomische Notwendigkeiten oder staatsbürgerliche Überlegungen ausschlaggebend sind, sondern dass wir hier vielmehr einer zutiefst symbolischen Auseinandersetzung um den Status einer Sprache beiwohnen. Wie meist, wenn Mehr- und Minderheiten aufeinandertreffen, kann die Mehrheit gar nicht richtig nachvollziehen, wieso die andere Seite sich bei derart nichtigen Ereignissen derart empfindlich aufführt: Je weiter weg die Sprachgrenze rückt, desto eher wird der Röstigraben als Erfindung der Medien bezeichnet.

 

 In Freiburg ist bei gerade umgekehrten Mehrheitsverhältnissen zwischen den Sprachgruppen im Vergleich zur Schweiz die ganze Angelegenheit noch etwas komplizierter. Symbolische Kämpfe um den Status von Sprachen sind dem Üechtland jedoch keineswegs fremd. Als eher banales Beispiel kann der lange Weg zur durchaus symbolischen zweisprachigen Beschriftung des Bahnhofs dienen.

 Boris Bollerist Ethnologe. Er studierte, lebte und arbeitete lange in Freiburg. Nun interessiert er sich bis auf weiteres von Bern aus für die Belange der Zweisprachigkeit und pendelt zwischen den beiden Städten. Als Gastkolumnist macht sich Boris Boller in den FN regelmässig Gedanken zur Zwei- und Mehrsprachigkeit.

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