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«Aus Leidenschaft zum Film bin ich Dolmetscher geworden»

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Wir sitzen in Alex Pfingsttags Stamm-Café «La Habana» in Freiburg. Draussen regnet es in Strömen. Doch dies hindert die Redseligkeit von Alex Pfingsttag keineswegs. Im Gegenteil. Der 73-Jährige, der früher auch für die FN schrieb, erzählt sichtlich stolz über seine langjährige Tätigkeit als Dolmetscher in der Welt des Films. Wie immer trägt er auch diesmal seine «Markenzeichen»: eines seiner runden Hütchen und einen samtenen Libellenschal aus Venedig.

Alex Pfingsttag, wie sind Sie zu dem Engagement an den Solothurner Filmtagen gekommen?

Im Jahre 1968 studierte ich an der Uni in Freiburg Romanistik. Gleichzeitig besuchte ich das Institut für Journalistik. Dort gab Stephan Portmann – der Vater der Solothurner Filmtage – Filmkurse. Da sagte er mir eines Tages, dass er unbedingt jemanden brauche, der die Brücke schlage zwischen den welschen und den Deutschschweizer Filmemachern: «Komm doch nach Solothurn und übersetze die Podiumsgespräche. Dann kannst du dir gleichzeitig alle Filme anschauen» – was damals noch möglich war. Im ersten Jahr übersetzte ich nur Diskussionen im «Roten Turm». Im zweiten Jahr musste respektive durfte ich dann auch die Filme in die jeweils andere Sprache übersetzen.

Gab es denn damals schon Dialoglisten?

Nein, das gab es noch nicht. So stellten sie denn im ersten Jahr im Kino Scala als einzige Arbeitshilfe ein Mikrofon und eine Kamera in den Saal sowie einen kleinen Monitor mit einem unscharfen Bild in Schwarz-Weiss für mich in den Heizungsraum im Keller. Dies passte mir ganz und gar nicht; es war überhaupt nicht lustvoll. Denn ich kam ja nach Solothurn, um Filme in guter Qualität auf der Leinwand zu sehen und zu geniessen. Anderntags stand dann ganz hinten im Saal eine kleine Übersetzungskabine. Für die Übersetzung der Filmgespräche stellte das Bistum Freiburg noch die Kopfhörer zur Verfügung.

Erinnern Sie sich an eindrückliche Gesprächsrunden?

Ja, klar. An den jeweiligen Diskussionen mit Da­niel Schmid, Fredy Murer, Kurt Gloor, Michel Rodde, Alain Tanner und Lea Pool hatte ich stets höllisch den Plausch. Viele von diesen Filmemacherinnen und Filmmachern sind nach all den Jahren Freunde geworden. Später gründete ich an der Universität Freiburg das Uni-Filmforum, zu dem ich die bekannten Macherinnen und Macher – schon vor der Auswahlschau – mit ihren Filmen einlud und wo ich mit ihnen nach den Vorführungen die Filmdiskussionen animierte.

Wie war denn früher die Stimmung in Solothurn?

Die Filmtage dauerten am Anfang nur zwei Tage und fanden in einem einzigen Kino statt. Somit waren sie zwangsläufig intimer, familiärer. Wir assen – gemeinsam mit der ganzen Geschäftsleitung und ausländischen Festivalvertretern – das Mittag- und Abendessen. Man kam sich dabei auch persönlich viel näher, kannte sich besser. Doch durch die Grösse, die fantastische Entwicklung der heutigen Filmtage (acht Tage, acht Vorführorte, 250 Mitarbeiter) ist so etwas natürlich nicht mehr vorstellbar.

Bleibt von den Podiumsgesprächen jeweils etwas hängen?

Ganz klar interessiert mich der Inhalt dieser Gespräche. Ich bin ja in erster Linie aus Leidenschaft dabei. Da bin ich auf dreihundert Touren konzentriert. Denn immer wieder sind Dinge dabei, die für mich persönlich oder für meinen früheren Hauptberuf als kantonaler Medienbeauftragter und später als Konservator der audiovisuellen Kulturgüter des Kantons Freiburg, nützlich waren respektive sind. Man denke schon allein an all die Themen, die Lebenssituationen, die man durch die in Solothurn gezeigten Filme kennenlernt, Erfahrungen, von denen man im eigenen Leben profitieren kann!

Was brachte dieses Dolmetscher-Engagement für Ihr persönliches Leben?

Von dieser Arbeit an den Solothurner Filmtagen profitierte ich, neben der eben genannten Bereicherung an Lebenserfahrungen via Film, auch sonst ausserordentlich viel. Denn wegen meiner Filmbegeisterung bin ich damals – von Stephan Portmann ins kalte Wasser geschmissen – Dolmetscher geworden, was zu einem Lawineneffekt führte. So entdeckte und engagierte mich unter anderem Moritz de Hadeln, der 1969 das Dokumentarfilmfestival in Nyon gründete und von 1972 bis 1977 das Internationale Filmfestival Locarno leitete. In der Folge stellte ich in Locarno 38  Jahre lang Schauspieler und Regisseure auf der Bühne vor und leitete anschliessend die Diskussionen mit dem Publikum und die Pressekonferenzen. Und nachdem de Hadeln Direktor der Internationalen Filmfestspiele Berlin geworden war, dolmetschte ich 22 Jahre lang jeden zweiten Wettbewerbsfilm plus die Pressekonferenzen dazu. Bei den französischsprachigen Zuschauern der Berlinale hat mir das den schmeichelhaften und ehrenvollen Übernamen «La Voix de Berlin» eingetragen.

Sind Sie nicht einmal ausgezeichnet worden?

Ja, bin ich. Als Dolmetscher war ich dabei, als die französische Regierung de Hadeln mit dem «Commandeur des Arts et des Lettres» ausgezeichnet hat. Nie hätte ich damals erträumt, dass ich selber ein paar Jahre später vom französischen Kulturminister den Orden des «Officier des Arts et des Lettres» mit demselben feierlichen Zeremoniell bekommen würde.

Und Sie haben auch bekannte Filmschauspielerinnen fotografiert …

Ja, ein weiterer Vorteil meiner Film-Dolmetscherei, sie brachte mich in Kontakt mit Schauspielerinnen wie Julia Roberts, Penelope Cruz, Laura Morante, Heike Makatsch, Angela Molina, Christine Scott-Thomas, Jane Birkin, Fanny Ardent, Julie Delpy und Hunderten weiteren, die ich fotografierte, ausschliesslich weil mich ihre Gesichter emotional berührten und nicht etwa, weil sie berühmt waren. Dies wiederum führte mich zu Ausstellungen meiner Bilder unter anderem in Solothurn, Genf, Locarno, Berlin und in Portugal. Vielleicht entsteht daraus einmal ein Buch.

Wie sieht Ihre Zukunft aus?

Als ich vor fünfzig Jahren anfing, simultan zu übersetzen, hätte ich nie gedacht, dass ich dies während einem halben Jahrhundert tun würde. Solange Alzheimer nicht zuschlägt und ich merke, dass ich immer noch gleich schnell schalte und die Worte finde und diese automatisch kommen, möchte ich gerne so weitermachen. Denn ich habe nach wie vor Riesenspass daran, mit diesem «Filmkuchen», meiner Grossfamilie, zusammen zu sein und nach Solothurn zu pilgern. Der nationale Anlass ist während diesen fünfzig Jahren stets spannender geworden. Durch die riesige Auswahl kann man sich je nach Interessen sein eigenes Programm zusammenschneidern. Die Eintrittskarten reserviert man jetzt elektronisch per Smartphone. Neu gibt es sogar einen Kinderhort. Und die Neuanpassungen hören nicht auf … !

Christian Murer ist freier Journalist und Fotograf. Er arbeitet unter anderem für die AZ Medien. Das Interview ist zuvor bereits in der «Solothurner Zeitung» erschienen.

«Die Filmtage dauerten am Anfang nur zwei Tage und fanden in einem einzigen Kino statt.»

«Solange Alzheimer nicht zuschlägt, möchte ich gerne so weitermachen.»

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