«Es ist schon etwas Besonderes, wenn der Komponist den Probenraum betritt und man weiss, dass dieser Mann das Werk geschrieben hat, das man gerade spielt.» Das sagt der junge Violinist Nicolas St. John, der diese Erfahrung gerade mit dem Jugendorchester Freiburg macht. Das Orchester bringt am Sonntag das Werk «Lumières intérieures et impétuosités humaines» von René Oberson zur Aufführung. Der Freiburger Komponist hat das Stück für Streichorchester und Pauken eigens für das Jugendorchester geschrieben und ist auch bei der einen oder anderen Probe dabei.
«Normalerweise sind die Komponisten, deren Werke wir spielen, schon lange tot», sagt Nicolas St. John. In diesem Fall habe der Komponist nicht nur die Musik geschrieben, sondern er sage in der Probe auch, wie er sich die Interpretation vorstelle. Das sei interessant und bereichernd. «Dabei ist René Oberson überhaupt nicht aufdringlich», betont der 16-jährige Gymnasiast aus Marly. «Aber er sagt seine Meinung, und das ist gut so.»
Musik der Gegenwart
Es ist das vierte Mal, dass das Jugendorchester mit René Oberson zusammenarbeitet. Mit der neuen Auftragsarbeit habe er sich einen langjährigen Wunsch erfüllt, so Dirigent Théophanis Kapsopoulos. «Ich liebe die Kombination von Streichinstrumenten und Pauken», sagt er. «Es gibt aber wenige solche Werke, also habe ich einfach selber eines bestellt.»
Das Jugendorchester bringt etwa alle zwei Jahre eine Kreation eines zeitgenössischen Komponisten zur Aufführung. «Das ist wichtig für die jungen Musikerinnen und Musiker», so Kapsopoulos. «Es ist gut, wenn sie die grossen Komponisten der Vergangenheit spielen, aber sie sollen auch offen sein für die musikalische Sprache der Gegenwart.»
Jazzige Rhythmen
Mit dem rund zehnminütigen Werk von René Oberson ist Théophanis Kapsopoulos rundum zufrieden: «Es klingt fantastisch», sagt er. «Es ist voller Licht und jazziger Rhythmen.» Es mache Spass, das Werk zu spielen, ergänzt Nicolas St. John. «Es gefällt mir gut; es ist sehr auf den Rhythmus fokussiert.» Fünf Pauken kommen zum Einsatz, gespielt vom Solisten Louis-Alexandre Overney, der regelmässig mit dem Jugendorchester auftritt.
Ein weiterer treuer Solist, der seit vielen Jahren mit dem Jugendorchester spielt, ist der Violinist Gyula Stuller. Am Sonntag interpretiert er mit den jungen Musikerinnen und Musikern das Erste Violinkonzert von Max Bruch. Es ist das erste Mal in 47 Jahren, dass das Orchester dieses Konzert aufführt. «Es war ein Vorschlag der Musiker», sagt Théophanis Kapsopoulos. «Es ist ein wunderbares Werk der Romantik voller Leidenschaft und Emotionen, bei dem die Musikerinnen und Musiker richtig aus sich herausgehen können.» Dabei profitierten die Jugendlichen sehr von der Zusammenarbeit mit dem renommierten Berufsmusiker Gyula Stuller. «Er kommt drei Mal in eine Probe, das ist für einen Profi überhaupt nicht selbstverständlich.»
Vom Vorbild zum Mitmusiker
Die Arbeit mit den Solisten sei sehr motivierend, sagt Nicolas St. John, der die dritte Saison mit dem Jugendorchester spielt. Besonders schön sei, dass die Profis so zugänglich seien und keine Starallüren hätten. «Bevor wir sie kennenlernen, sind sie Vorbilder, aber wenn sie da sind, werden sie zu Mitmusikern.»
Konzert: So., 25. Februar, 17 Uhr in der Aula der Universität Miséricorde in Freiburg. Eintritt frei, Kollekte.
Zahlen und Fakten
Vier bis sechs Jahre im Orchester
Das Jugendorchester Freiburg wurde 1971 von Théophanis Kapsopoulos gegründet, der es bis heute leitet. Die meisten Mitglieder des Streichorchesters sind im Sekundar- und Mittelschulalter und bleiben vier bis sechs Jahre im Orchester. Derzeit zählt das Ensemble 27 Musikerinnen und Musiker aus dem deutsch- und dem französischsprachigen Kantonsteil. Seit der Gründung waren über 400 junge Musiker dabei.