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«Pensionskassenaffäre hätte nie vors Strafgericht gebracht werden dürfen»

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«In Anbetracht des Gesagten ist das Gericht der Meinung, dass die Affäre nie vor eine Strafbehörde hätte gebracht werden dürfen.» Mit diesen Worten schloss Gerichtspräsident Alain Gautschi gestern die Urteilsbegründung im Fall der Pensionskassenpleite der medizinisch-sozialen Dienste des Saanebezirks ACSMS. «Es ist nicht die Aufgabe des Strafgerichts, über eventuelle Zivilforderungen zu urteilen, wenn offensichtlich ist, dass die Anklage jeder strafrechtlichen Grundlage entbehrt.»

Zuvor hatte der Gerichtspräsident die Urteile für jeden einzelnen der sechs Angeschuldigten bekannt gegeben. Die vier Mitglieder der Anlagekommission der Vorsorgeeinrichtung waren wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung und wegen Verstössen gegen das Gesetz über die berufliche Vorsorge angeklagt, die Vorsorge-Expertin und der Revisor nur wegen Letzterem. Die Staatsanwaltschaft machte sie mitverantwortlich für die Pensionskassenpleite. Aufgrund riskanter Anlagestrategien entstand ein Verlust von rund 60 Millionen Franken

Die vier Stiftungsräte

Das Wirtschaftsstrafgericht sprach die vier Mitglieder der Anlagekommission vom Vorwurf der ungetreuen Geschäftsführung und wegen Verstössen gegen das Gesetz über die berufliche Vorsorge frei. Im Falle der Investition in eine Anlage des amerikanischen Geldhauses Lehman Brothers, einer vermeintlichen Investition in Projekte für Luxusimmobilien in London sowie der Übertragung der Vermögensverwaltung an einen Lausanner Berater – gegen ihn läuft ein separates Verfahren – stellte das Gericht das Verfahren ein – wegen Verjährung.

Vorsorge-Expertin und Revisor

Wegen Verjährung der vorgeworfenen Sachverhalte wurden auch die Verfahren gegen die Vorsorgeexpertin und den Revisor eingestellt. Sie wurden ebenfalls freigesprochen. In Bezug auf die gegen sie gerichtete Zivilforderung über 5 Millionen Franken verwies Gerichtspräsident Gautschi die Vorsorgestiftung ACSMS an das Zivilgericht. In der Folge muss die sich in Liquidation befindliche Vorsorgeeinrichtung der Vorsorge-Expertin 10 600 Franken für die Anwaltskosten bezahlen, dem Revisor 14 300 Franken.

Staat zahlt über 1 Million

Die Verfahrenskosten, die Entschädigungen für die Anwaltskosten, für die wirtschaftlichen Einbussen, die den Parteien aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren erwuchsen, sowie die Genugtuungen kosten den Staat und damit den Steuerzahler über eine Million Franken.

So erhalten die vier Mitglieder der Anlagekommission für ihre Anwaltskosten zwischen 67 000 und 71 000 Franken und für Genugtuungen zwischen 10 000 und 25 000 Franken. Zwei von ihnen erhielten zudem wegen wirtschaftli­ cher Einbussen eine Entschädigung von 160 000 respektive 325 000 Franken. Die Vorsorge-Expertin wird für ihre Anwaltskosten mit 137 000 Franken entschädigt, wegen wirtschaftlicher Einbussen mit 24 000 Franken; als Genugtuung wurden ihr 10 000 Franken zugesprochen. Der Revisor erhält 140 000 Franken für seine Anwaltskosten.

Urteilsbegründung

In Bezug auf die Vorsorge-Expertin argumentierte das Gericht, dass diese nicht verantwortlich sei für eventuell strafrechtlich relevantes Verhalten ihres Angestellten, gegen den die Strafuntersuchung zudem unterbrochen worden sei. In Bezug auf den Revisor führte das Gericht an, dass dieser keine Zulassung als Revisor besessen habe und somit nicht unter die von der Anklage vorgebrachte Strafnorm falle.

Was die vier Mitglieder der Anlagekommission angeht, sagte Gautschi: «Es ist nicht einsichtig, welche übertragene Geschäftsführungspflicht sie verletzt haben sollten.» Es sei in der Verantwortung des Stiftungsrates gewesen, den Vermögensverwalter zu wählen und zu kontrollieren. Auch sei der subjektive Vorsatz der Vermögensschädigung zu verneinen. Solange in Bezug auf das Verfahren des Hauptangeschuldigten kein Urteil ergangen sei, müsse zudem in Betracht gezogen werden, dass die vier Mitglieder der Anlagekommission Opfer des wahrscheinlich betrügerischen Vermögensverwalters waren. «Die vier Angeschuldigten konnten nicht ahnen, dass dieser womöglich betrügerisch handelte, zumal sich weder die Kantonalbank noch der Revisor dessen bewusst waren.» Ihnen sei vielmehr daran gelegen gewesen, die unterdeckte Pensionskasse zu retten.

Reaktion

Staatsanwältin Chocomeli ist enttäuscht vom Urteil

Die stellvertretende Generalstaatsanwältin Alessia Chocomeli zeigte sich nach der Urteilsverkündigung enttäuscht vom harten Urteil des Wirtschaftsstrafgerichts. Sie habe aber mit allem gerechnet, zumal es schweizweit der erste Fall einer Pensionskassenpleite sei, bei dem auch ein Strafverfahren angestrebt worden sei. Nun werde sie mit ihrem Vorgesetzten besprechen, ob der Fall ans Bundesgericht weitergezogen werde. «Es ist auf jeden Fall eine Option.» Auf den Vorwurf des Gerichtes, der Fall hätte nie vor ein Strafgericht gebracht werden dürfen, sagte Chocomeli: «Immerhin gingen 57 Millionen Franken verloren, und die Bürger werden sich gefragt haben: Warum?»

Der Anwalt der Pensionskasse ACSMS, Luke Gillon, machte klar, dass man nun alles daran setzen werde, das Geld der Versicherten zurückzubekommen. «Wir werden gegen alle potenziell Verantwortlichen vorgehen – eventuell auch mit dem nationalen Sicherheitsfonds. Der Kampf beginnt erst jetzt.» Die gesetzlichen Voraussetzungen im Zivilverfahren seien ganz andere als im Strafverfahren.

rsa

 

 

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