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Bei der Gebührenpflicht steht Gemeinsinn weit über dem individuellen Freiheitsanspruch

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Freiheit für den Einzelnen und Markt über alles. Die No-Billag-Initiative propagiert ein simples Rezept, um die verfassungsmässig festgelegten Gebühren für Radio und Fernsehen abzuschaffen. «Ich bezahle nur, was ich auch konsumiere»: So lautet das Credo der Initianten. Die Konsequenz: Gesendet wird nur noch, was beim Publikum punktet und punkto Werbung rentiert. Mit Renditedenken verbundener Eigensinn jedoch verträgt sich nicht mit dem Informationsanspruch der Bevölkerung in der Schweiz und mit dem entsprechenden Service-public-Auftrag der SRG. Deshalb gehört die No-Billag-Initiative abgelehnt. Denn sie stellt den Marktglauben über den für eine funktionierende Demokratie nötigen Gemeinsinn. Das ist fahrlässig und gefährlich für den Zusammenhalt in einem mehrsprachigen Land, das auf Solidarität mit Randgebieten und auf den achtsamen Umgang mit den sprachlichen Minderheiten setzt.

Mit der Abschaffung der Billag-Gebühr – so fordert es die Initiative – könnten die SRG-Radio- und Fernsehsender ihr Programm nicht mehr in der heutigen Form anbieten. Denn mit den Gebühreneinnahmen im Umfang von jährlich gut 1,2  Milliarden Franken deckt die Rundfunkgesellschaft drei Viertel ihres Jahresbudgets. Nur ein Viertel stammt aus der Werbung.

Die Hälfte der Gebühreneinnahmen, also 600 Millionen Franken, fliesst in die Informationssendungen der SRG-Sender in allen Landessprachen, in der Deutschschweiz also zum Beispiel in Sendungen wie Tagesschau, 10 vor 10, Schweiz aktuell, die stündlichen Radionachrichten, das Echo der Zeit oder das Regionaljournal. 300 Millionen Billag-Gebührenfranken sind für Sendungen in der Sparte Kultur und Bildung bestimmt. 210 Millionen fliessen in die Sportberichterstattung. Nicht nur die Programme der Landessender wären von einem Gebührenverbot betroffen, auch Lokalsender wie Radio Freiburg/Fribourg sowie regionale TV-Sender, die verbunden mit einem Leistungsauftrag jährlich insgesamt 61 Millionen Franken aus dem Gebührentopf beziehen, kämen an den Rand ihrer Existenz.

Die Frage ist nun, was die Befürworter der No-Billag-Initiative antreibt. Nebst der etwas seltsamen Interpretation von Bürgerfreiheit seitens der Initianten sind vor allem politisches Kalkül und angestauter Frust mit im Spiel.

Die SVP etwa kritisiert die SRG-Sender seit langem wegen vermeintlich tendenziöser Berichterstattung und beklagt sich, dass ihre Positionen auf den Radio- und Fernsehkanälen zu wenig zum Zug kommen. Was die SRG schwächt, stärkt die SVP – so die Logik. Die Dauerschelte an die Adresse der SRG-Sender läuft aber ins Leere. Nicht nur weil die SRG den verfassungsmässigen Auftrag hat, eine ausgewogene Berichterstattung für alle Landesteile zu gewährleisten, sondern auch weil sich Unzufriedene an einen Ombudsmann wenden und sich in einem weiteren Schritt an eine unabhängige Beschwerdeinstanz richten können. Zu behaupten, die SRG-Sender könnten tun, was sie wollen, ist also schlicht Unsinn.

Der Schweizerische Gewerbeverband seinerseits hat es auf die neue Gebührenordnung abgesehen. 2015 ging die Abstimmung über das neue Radio- und Fernsehgesetz ganz knapp verloren. Noch heute kann der Gewerbeverband nicht akzeptieren, dass damit ab 2019 auch Unternehmen mit mehr als einer halben Million Franken Jahresumsatz gebührenpflichtig sein werden. Zwar wird nur gerade ein Viertel der Unternehmen von der neuen Regelung betroffen sein, dem Gewerbeverband ist aber scheinbar jedes Mittel recht, die Gebühren gleich ganz abzuschaffen. Mit dieser Position steht der Gewerbeverband bei seinesgleichen allein auf weiter Flur. Der Dachverband Economiesuisse und auch der Tourismusverband lehnen die No-Billag-Initiative als zu radikal ab.

Bleiben noch die Motive der Initianten, die die Gebühr für Radio und Fernsehen verbieten wollen. Das in dieser Forderung enthaltene libertäre Gedankengut richtet sich gegen eines der Grundprinzipien eines demokratischen Staates, der freies und unabhängiges Radio und Fernsehen braucht, um den politischen Diskurs und die Meinungsbildung des Volkes zu ermöglichen. Die kleinräumige Schweiz kann ohne Gebühren ein entsprechendes Angebot nicht sicherstellen. Auch im europäischen Umfeld geht es nicht ohne Gebühren. Keines der Nachbarländer jedenfalls hat bislang auf die Gebührenpflicht verzichtet. Dabei sind alle umliegenden Länder bevölkerungsreicher und der Werbemarkt ungleich potenter als dies in der Schweiz der Fall ist. Noch dazu müssen die Landessender in Deutschland, Frankreich oder Italien kein mehrsprachiges Angebot sicherstellen.

Die Behauptung der No-Billag-Ini­tianten, wonach es in der Schweiz einen Markt gäbe für gute Informationssendungen, mutet befremdlich an. Die Erfahrung zeigt, dass Pay-TV nur für Sport und Unterhaltung funktioniert. Information, Dokumentation und Einordnung dagegen ist in einer Demokratie ein Gut, auf das alle einen Anspruch haben. Es ist so gesehen nicht vermessen, dass alle für dieses Gut auch ihren Beitrag leisten. Die verfassungsmässig festgelegten Gebühren für das audiovisuelle Medienangebot sind die logische Konsequenz. Es ist ein funktionierendes Finanzierungsmodell für unabhängiges und gleichzeitig wettbewerbsfähiges Radio und Fernsehen.

Ob es aber auch wirklich alles braucht im heutigen Radio- und Fernsehangebot – das ist eine andere Frage. Der Diskussion über die künftige Ausgestaltung des Service public muss sich die SRG stellen. Das hat sie seit der knapp gewonnenen Abstimmung über das Radio- und Fernsehgesetz vernachlässigt. Sie hat ihre Kritiker auflaufen lassen und damit den Ärger und den Groll nur noch verstärkt. Es kann aber nicht sein, dass begangene Fehler dazu führen, ein bewährtes System gleich ganz zu kippen. Denn günstiger als heute ist das breite Angebot der SRG-Sender nicht zu haben. «No Billag» bietet also keine echte Alternative für einen qualitativ guten und flächendeckenden audiovisuellen Service public in diesem Land.

Leitartikel

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