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Verein will ein anderes «Businessmodell»

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An diesem Samstagmorgen ist es ruhig in der Grand-Fontaine in Freiburg. Anzeichen dafür, dass es in der Nacht manchmal turbulent zu und her geht, gibt es aber: Auf einem Fenstersims stehen ein paar leere Bierflaschen. Vor einem Hauseingang eine Lache Erbrochenes.

 Der 44-jährige Denis Boivin öffnet die Tür, im Arm den acht Monate alten Clément. Es wird eng im Hauseingang: Boivins Frau und der ältere Sohn ziehen Jacke und Schuhe an, verabschieden sich; sie gehen schwimmen. Die Familie Boivin wohnt seit drei Jahren in der Alten Brunnengasse, der Grand-Fontaine. Kurz nach dem Umzug hat Denis Boivin den Quartierverein, der sich gegen die Strassenprostitution wehrt, mitgegründet. Seither ist er ihr Präsident.

«Anliegen kanalisieren»

Denis Boivin führt vom Erdgeschoss, dem Wohnzimmer mit Ledersofa, Parkettboden und neuem Kachelofen über die Glastreppe in das untere Stockwerk, wo sich die Küche befindet. Dort setzt er Clément in einen Tischsitz und holt einen Ordner, in dem er die Unterlagen zum Quartierverein eingeordnet hat. Zeitungsartikel, Briefe, Fotos. Er blättert darin, beginnt zu erzählen: Im Sommer, nachdem die Familie Boivin in die Grand-Fontaine gezogen war, habe ein Quartier-Picknick stattgefunden. «Wir diskutierten über alles Störende.» Über die Männer, die sich nachts auf der Strasse versammeln und betrunken herumschreien – oder an die Wände urinieren und auf den Boden kotzen. Oder die Autos. Oder die Prostituierten, die nachmittags um Kunden werben.

Denis Boivin, in feinem Strickpulli, spricht ruhig, unaufgeregt, rückt gelegentlich seine Brille zurecht. Als Anwalt, ehemaliger FDP-Grossrat und Oberamtmann-Kandidat wusste er, was zu tun war: «Ich habe gesagt, wenn wir gehört werden wollen, müssen wir einen Verein gründen. Nur so können wir unsere Anliegen kanalisieren und Gewicht erhalten.»

 Und tatsächlich, der Verein wurde gehört: Die Stadt lud ihn ein, in der «Arbeitsgruppe Prostitution» mitzuarbeiten. Darin sind auch Sittenpolizei, Oberamt, die Frauenorganisation Griselidis und der Gemeinderat vertreten. In der Folge musste das Café Grand-Fontaine – das quasi der Wartesaal für Freier und Prostituierte ist – freitags und samstags einen privaten Sicherheitsagenten anstellen, der für Ruhe und Ordnung sorgen soll. Nur die letzte Forderung des Vereins, die wichtigste, wurde bisher nicht erfüllt: das Verbot der Strassenprostitution.

Anderes «Businessmodell»

Seit seinem vierten Lebensjahr wohnt Denis Boivin in Freiburg. Die Strassenprostitution in seinem jetzigen Wohnquartier sollte ihn also eigentlich nicht überraschen, schliesslich ist sie dort seit dem Mittelalter angesiedelt. «Schon als Kinder wussten wir, dass die Frauen dort stehen, das stimmt», sagt er. «Doch ist die Prostitution an und für sich nicht das Problem.»

Aber weshalb will der Verein sie dann verboten haben? «Weil die kollateralen Effekte unerträglich geworden sind», sagt Boivin, steht auf und hebt den schreienden Clément aus seinem Sitzchen, wiegt ihn beruhigend hin und her. Die Freier und Gaffer hätten keinen Respekt vor den Anwohnern mehr, sagt Boivin. Deshalb schlägt er den «Damen», wie er sie nennt, ein anderes «Businessmodell» vor: «Sie können in den Salons weiterarbeiten, ohne auf der Strasse zu werben.» Eine «Win-Win-Situation», sagt er, blickt zufrieden auf den wieder lachenden Clément. Die Frauen verlören ihre Arbeit nicht, dafür verschwänden der Lärm und der Dreck aus der Strasse.

Die Argumente von Griselidis–die Organisation, die sich um die Frauen kümmert–lässt er nicht gelten: Das Werben auf der Strasse sei wichtiger Bestandteil der Arbeit, die Frauen würden Kunden nicht mittels Annoncen oder Telefon anziehen. Auch sei die Klientel auf der Strasse eine andere als in den Salons. Griselidis befürchtet deshalb, dass sich bei einem Verbot in der Grand-Fontaine die Strassenprostitution an den Stadtrand verschiebt, versteckt und ohne Schutz für die Frauen stattfinden würde. Boivin wischt das mit einer Handbewegung weg: «Das Businessmodell mit den Salons funktioniert andernorts, weshalb sollte es hier nicht gehen?»

Andere soziale Schicht

Das Quartier hat sich in den vergangenen Jahren verändert: Wie das Haus der Familie Boivin wurden auch andere Häuser in der Grand-Fontaine erneuert. Sie ziehen Besserverdienende an. Kürzlich wurde eine 4,5-Zimmer-Wohnung online angeboten–für 1,5 Millionen Franken. Im Inserat kein Wort darüber, dass sich in der Gasse die Strassenprostitution abspielt.

 Dass diese Veränderung mit ein Grund ist für den Konflikt zwischen Anwohnern und Prostitution sagen nicht nur Alteingesessene, sondern das glaubt auch der Freiburger Gemeinderat. Denis Boivin hingegen nicht. Die Veränderung im «Prostitutionsbusiness» sei schuld: Die Frauen würden oft nur einige Monate in der Grand-Fontaine arbeiten und wieder wegziehen, das mache das Zusammenleben unmöglich. Auch die Freier hätten sich verändert: «Sie sind jünger heute und unverschämter.»

 Verbot als einzige Lösung

Ein Verbot der Strassenprostitution ist für ihn im Moment die einzige Lösung: «Wenn uns die Stadt eine Alternative präsentieren kann, umso besser. Aber ich glaube nicht, dass es eine solche Alternative gibt.» Er ziehe es auch in Betracht, zu anderen Mitteln zu greifen, also zu klagen, wenn es kein Verbot gibt. Sagt’s, schliesst seinen Ordner und begleitet den Besuch zur Tür hinaus.

In der Alten Brunnengasse ist es immer noch ruhig. Aus einer Tür tritt eine Frau, einen schwarzen Eimer in der Hand. Sie schüttet Wasser auf die Strasse, schwemmt so das Erbrochene weg.

Serie

Verschiedene Standpunkte

Seit zwei Jahren macht die Grand-Fontaine Schlagzeilen: Anwohner haben einen Quartierverein gegründet und fordern das Verbot der Strassenprostitution, die dort seit dem Mittelalter existiert. Doch es gibt auch andere, bisher kaum gehörte Stimmen: Anwohner, die gut mit der Prostitution leben. Prostituierte, die um ihr Einkommen fürchten. Eine Artikelserie der FN gibt die Standpunkte wieder. Bereits erschienen: «Das rote Licht in der Grand-Fontaine» (27.12.).mir

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