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Als alle Geldpolitik nichts mehr nutzte

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Wenn es nach Einfluss und Wichtigkeit ginge, Thomas Jordan hätte alle Chancen, zum Schweizer des Jahres 2015 gewählt zu werden. Doch da bei dieser Wahl auch Sympathien zählen, kommt der Nationalbank-Chef kaum infrage. Mit dem Entscheid der Nationalbank vom 15. Januar, den Euro-Mindestkurs aufzugeben, muss Jordan für den Verlust von 15 000 Arbeitsplätzen oder 500 Milliarden Pensionskassen-, Anlage- und Privatvermögen geradestehen, wie ihm etwa von Gewerkschaftsseite vorgehalten wird.

«Ist er ein Genie oder ein Kamikaze?», fragte gestern der Freiburger Finanzdirektor Georges Godel, als er das «Finanz-Rendez-vous» gestern an der Universität Freiburg eröffnete. Thomas Jordan war von der Finanzdirektion und der Handels- und Industriekammer eingeladen worden, um aufzuzeigen, welche Zukunft auf die Unternehmen nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses wartet.

Jordan stellte in seiner Präsentation klar, dass der währungspolitische Schritt unabwendbar war und genau zu diesem Zeitpunkt erfolgen musste. «Es war nicht mehr möglich, den Mindestkurs langfristig zu halten», sagte er. «Es hätte ein unkontrolliertes Wachstum der Devisen-Reserven bedeutet und den Handlungsspielraum der Nationalbank stark eingeschränkt.»

Wie Jordan den rund 200 Zuhörern aufzeigte, ging plötzlich alles ganz schnell. Noch Ende 2014 sei die Lage einigermassen stabil gewesen. Die amerikanische Wirtschaft nahm Geschwindigkeit auf, der Dollar zog an, aber der Euro behielt seinen Wert. Doch plötzlich schwächelte der Euro massiv. «In einem Monat hätten wir 100 Milliarden im zweiten 200 Milliarden und bald 500 Milliarden verloren. So kann die Geldpolitik nicht mehr viel steuern», so Jordan. «Da wussten wir: Wir müssen entschlossen und so schnell wie möglich handeln, um die Spekulation zu verhindern.»

Der gross gewachsene Nationalbanker sagte: «Der Schritt war eine von mehreren Varianten, die wir prüften. Alle waren problematisch, aber es war bei weitem die beste.» In der Folge habe sich die Richtigkeit der Massnahme gezeigt: Der Euro habe sich gegenüber dem Dollar weiter abgewertet.

Besser vorbereitet als 2011

Der 52-Jährige sagte, man sei sich bewusst gewesen, dass die Wirtschaft vor eine grosse Herausforderung gestellt würde. Aber er sagte auch: «Die Folgen sind heterogen und komplex.» Jordan zog mehrfach den Vergleich heran mit September 2011, als die Nationalbank den Mindestkurs einführte. Damals sei der Franken stark gewesen, dieses Mal hingegen der Euro schwach. Wären vor vier Jahre ohne Mindestkurs fast durchs Band alle Sektoren betroffen gewesen, seien es dieses Mal einzelne Branchen und Unternehmen mit einer starken Ausrichtung auf den Euro-Raum. Die Schweizer Wirtschaft als Ganzes sei heute weniger stark auf die Euro-Zone ausgerichtet als vor ein paar Jahren.

Jordan zählt auf die Robustheit der Schweizer Wirtschaft und rief in Erinnerung, dass der Franken seit den 1970er-Jahren ständig stärker geworden sei. Die Nationalbank lasse die Unternehmen aber nicht allein. Mit dem Negativzins mache man den Franken weniger attraktiv, und man verzichte auch in Zukunft nicht auf Devisengeschäfte.

Georges Godel wurde nochmals gefragt, ob er Jordan als Genie oder Kamikaze sehe. «Ich bin überzeugt, die Nationalbank hatte recht», sagte Godel. Als Genie bezeichnete er Jordan aber doch nicht.

 

 

 

Forum: Machtbeschränkung für die Nationalbank?

S ie habe die Schweizerische Nationalbank immer als Blitzableiter gesehen, am 15. Januar habe aber der Blitz eingeschlagen. Dies sagte Chantal Robin, Präsidentin der Vereinigung der Freiburger Industrie, gestern im Diskussionsforum anschliessend an die Präsentation von Nationalbank-Chef Thomas Jordan. Sie sei schockiert gewesen durch die Brutalität des Entscheides. «Bei uns zahlt der Kunde, und wir bezahlen Löhne», sagte sie zu Jordan. «Doch wer sind die Kunden der Nationalbank, und wer zahlt Ihre Löhne?»

Wie Robin kritisierte auch Alain Riedo, Direktor der Handels- und Industriekammer, den Zeitpunkt zur Aufhebung des Mindestkurses. Im Oktober 2014 sei der Euro noch 1,25 Franken wert gewesen. «Da wäre es elegant gewesen auszusteigen», so Riedo. Sergio Rossi, Professor an der Universität Freiburg, meinte gar, es sei ein Fehler gewesen, den Mindestkurs überhaupt einzuführen. Jordan entgegnete, es sei immer klar gewesen, dass das Setzen eines Mindestkurses nur eine temporäre Massnahme sei. Viele Unternehmen hätten das wohl ausgeblendet.

René Jenny, Präsident der Handelskammer, sagte: «Makroökonomisch verstehe ich den Schritt ja. Aber mikroökonomisch sind die Folgen katastrophal. Der Entscheid, der die Zukunft eines Landes infrage stellt, darf nicht durch eine Instanz gefällt werden. Müsste man nicht die Kompetenzen der Nationalbank revidieren?»

Firmensteuern: Vielleicht ein Jahr früher

A ls Ausgleich für den Frankenschock verlangt die Freiburger Wirtschaft vom Staatsrat die sofortige Einführung des Steuersatzes von 13,72 Prozent zur Unternehmenssteuerreform III. Laut Staatsrat gilt 2019; erst müssten die Vorgaben des Bundes klar sein. Gestern sagte Georges Godel, eine Ankündigung des Bundes stehe bevor. Wenn dieser keine frühe Aufhebung der stillen Reserve (Step-up) vorsehe, könne der Satz bereits 2018 sinken. uh

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