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Das verflixte siebte Schuljahr

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Der Übertritt in die OS ist für Schüler nicht leicht: Sie kommen in ein neues Schulhaus mit neuen Lehrpersonen und Mitschülern, neue schulische Anforderungen warten auf sie. Darüber hinaus werden aus Kindern Jugendliche.

Dieses schwierige siebte Schuljahr steht im Mittelpunkt einer Nationalfonds-Studie der Universität Freiburg über Verhaltensprobleme. Ein Team unter der Leitung von Christoph Müller und Gérard Bless hat alle 825 Schülerinnen und Schüler der siebten Klassen Deutschfreiburgs schriftlich und anonym über ihr eigenes Verhalten befragt.

Der diese Woche veröffentlichte Bericht stellt den ersten Teil einer Studie «Fri-Peers» über drei Jahre dar, welche den Einfluss von Kameraden (Peers) auf Jugendliche untersuchen will. Die Auswertungen der achten und neunten Klassen mit neuen Fragen werden 2014 und 2015 erscheinen.

Tendenzen verstärken sich

Die Auswertung der Ergebnisse aus den siebten Klassen hat gezeigt, dass sich in diesem Alter Verhaltensprobleme schon deutlich äussern. Mädchen legen eher ein ängstlich-depressives Verhalten an den Tag, während Jungen sich häufiger in Form von Aggression und Delinquenz dissozial verhalten. Schüler der Realschule zeigen die höchsten Raten an Verhaltensproblemen.

Die Studie zeigt weiter auf, dass sich die Verhaltensprobleme von Gruppen, in denen sie am Anfang des Schuljahres schon am ausgeprägtesten waren, während des Schuljahres auch am stärksten weiterentwickelten. Dies konnte das Projektteam deshalb nachweisen, weil es die Siebtklässler während des Schuljahres insgesamt vier Mal mit den gleichen Fragen konfrontierte.

Zwölf Prozent der Deutschfreiburger Siebtklässler gaben an, in den letzten 14 Tagen vor der Befragung andere geschlagen, getreten oder ihnen auf andere Art wehgetan zu haben. Rund fünf Prozent begingen nach eigenen Angaben einen Diebstahl. Etwa die Hälfte bekannte, in dieser Zeit in der Schule gestört, geschwatzt oder die Hausaufgaben nicht gemacht zu haben. Rund ein Sechstel der Jugendlichen gab an, mindestens einmal in den letzten zwei Monaten Opfer von Belästigungen per Internet, Handy oder Chat geworden zu sein. «Man kann argumentieren, dies sei normal; Rebellion gehöre zur Entwicklung von Jugendlichen», so Christoph Müller. «Schulen sind aber trotzdem in der Verantwortung, denn bei Verhaltensproblemen gibt es immer auch Opfer.»

Negative Beeinflussung?

Als kritisch erachtet Müller, dass mit dem Besuch der Realschule ein deutlich stärkerer Anstieg an Problemverhalten einherging als beim Besuch anderer Schultypen. Die ungünstigeren Ausgangsvoraussetzungen von Realschülern können somit nicht die alleinige Erklärung sein. Vielmehr wirft die Studie die Vermutung auf, dass das Zusammenführen dieser Schüler in einer Klasse zu «negativen Peer-Einflussprozessen» führt, das heisst, dass sich Kameraden in Realschulklassen gegenseitig negativ beeinflussen. Diese Frage werde in der Fortführung der Studie über die achte und neunte Klasse weiter analysiert und in kommenden Berichten aufgegriffen.

Diese Frage ist für Freiburg von besonderem Interesse, weil das Freiburger Schulsystem mit Progymnasial-, Sekundar-, Real- und Werkklassen eine stark gegliederte Aufteilung der Schülerschaft kennt. Diese Aufgliederung wurde bisher vor allem hinsichtlich der Schulleistung und den Berufsperspektiven begründet und auch kritisch diskutiert. In Zukunft könnte die Diskussion aber auch die Verhaltensentwicklung einbeziehen, heisst es in der Studie. Ohne Vergleichsmöglichkeiten könne aber nicht gesagt werden, ob die Probleme in einem weniger gegliederten Schulsystem reduziert würden.

Interessanterweise teilen Werkklassen die Tendenzen der Realklassen nicht, so die Studie: «Diese Schülergruppe schien als einzige nicht mehr Verhaltensprobleme zu entwickeln, sondern bezüglich Ängstlichkeit/Depressivität sogar rückläufige Tendenzen zu zeigen.» Studienleiter Müller sagt, diese Ergebnisse könnten aufgrund der geringen Anzahl Werkklassenschüler fehleranfällig sein. Er könnte sich diese Tendenz aber auch erklären: So liege in Werkklassen ein besonderer Schwerpunkt auf der Arbeit am Verhalten der Schüler. Ein anderer Grund wäre, dass die Werkklassenschüler weniger akademischem Druck ausgesetzt sind.

www.unifr.ch/spedu/

Der Studienleiter Christoph Müller. Bild Aldo Ellena

Christoph Müller: Studie kann als Denkanstoss dienen

D ie Befragung aller Deutschfreiburger Siebtklässler ergibt ein Bild, welche Verhaltensprobleme in diesem Umfeld auftauchen und wie sie sich entwickeln. Der Studienleiter ordnet die Ergebnisse ein.

Was hat Sie veranlasst, das Verhalten von Siebtklässlern zu untersuchen?

Christoph Müller: Ich habe selber in einer Schule für verhaltensauffällige Schüler unterrichtet. Aus diesen persönlichen Beobachtungen wollte ich den Einfluss der Klassenkameraden auf die Verhaltensentwicklung als Hauptfrage aufgreifen. Ich bin mit der Idee zur Erziehungsdirektion gegangen und habe aufgezeigt, inwiefern sie durch eine solche Studie profitieren kann.

Was ist das Besondere an dieser Studie?

Die jetzt präsentierten Ergebnisse stammen aus einer Längsschnittuntersuchung. Speziell an diesem Teil der Studie ist, dass wir einen ganzen Schülerjahrgang so detailliert über vier Messzeitpunkte befragen konnten.

Die Ergebnisse überraschen nicht sehr: Mädchen sind öfter traurig, Buben aggressiver, und Verhaltensprobleme kommen bei Realschülern häufiger vor.

Dieser Bericht ist vor allem als Rückmeldung an die Beteiligten und die Öffentlichkeit gedacht. Beispielsweise können Lehrpersonen und Eltern ihre eigenen Beobachtungen mit dem abgleichen, was die Jugendlichen berichten. Aus wissenschaftlichen Ergebnissen können Schulen so Massnahmen für die Praxis ableiten.

Welche Erkenntnis aus der Studie überrascht Sie am meisten?

Die Unterschiede zwischen den Schultypen: Nicht dass es zu Beginn der siebten Klasse Unterschiede gibt, sondern dass sich das Verhalten der Jugendlichen in der Realschule so anders entwickelt als jenes der Schüler anderer Bildungsgänge.

Muss man aufgrund der Studie nun den Sinn der Realschulstufe in Frage stellen?

Man kann dies noch nicht abschliessend beantworten. Noch fehlen der Vergleich zu anderen Systemen und die Entwicklung bis ins neunte Schuljahr. Ich verstehe die Studie eher als Denkanstoss, der zur Auseinandersetzung mit dieser Frage auffordert. uh

Zahlen und Fakten

Häufig wütend und Delikte auf Strassen

Die Studie hat ergeben, dass 41,7 Prozent der Deutschfreiburger Siebtklässler mindestens einmal in 14 Tagen sehr wütend waren. 39,9 Prozent haben andere beschimpft. 24,2 Prozent haben geschubst, 16 Prozent haben sich heftig gestritten, und 12,2 Prozent haben zugeschlagen. Mädchen haben in dieser Periode während 0,46 Tagen aggressives Verhalten gezeigt, Jungen rund ein Drittel mehr. Sekundarschüler haben einen Mittelwert von 0,52 Tagen, Realschüler von 0,75. Beim delinquenten Verhalten ist Fahren ohne Führerschein oder mit frisierten Töfflis mit 14,8 Prozent am häufigsten, gefolgt vom Schwarzfahren.

Je 9,4 Prozent haben in der Periode geraucht und Alkohol getrunken. Vandalismus und Diebstahl kamen bei je fünf Prozent vor. 3,9 Prozent gaben an, eine Waffe getragen zu haben. Bei Realschülern ist solches Verhalten bis zweieinhalb Mal so häufig.uh

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