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«Es sind Menschen, keine Nummern»

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Sein Büro sei zu unordentlich, um darin ein Gespräch zu führen, er sei noch nicht zum Aufräumen gekommen. Das sagt der abtretende Direktor der Freiburger Invalidenversicherungs-Stelle, Philippe Felder, im Eingang des Gebäudes in Givisiez. Stattdessen führt der 63-Jährige in einen hellen Raum, zeigt auf die grossen, farbigen Bilder an der Wand. Gemalt haben sie geistig behinderte Künstler aus dem Freiburger Atelier Creahm. «Die Bilder zeigen, dass behinderte Menschen viele Ressourcen haben. Zwar andere als wir, aber sie haben sie», sagt Felder.

Die Ressourcen von Kranken oder Behinderten zu fördern und bestmöglich einzusetzen, das war ein wesentlicher Teil der Arbeit von Philippe Felder bei der Invalidenversicherung. Vor 36 Jahren begann er als Jurist beim Freiburger Sekretariat der IV. Als im Zuge der dritten IV-Revision die kantonalen Stellen entstanden, wurde Felder Direktor im Kanton Freiburg, das war 1995.

Revision um Revision

Die zahlreichen IV-Revisionen prägten seine Arbeit. «Sie haben alle Verbesserungen gebracht», sagt er überzeugt. «Denn die Versicherung hat sich der Gesellschaft angepasst.» Auf organisatorischer Ebene sei die dritte die einschneidendste Revision gewesen. «Es hat viel Zeit gebraucht, das Team einzuarbeiten und die Zusammenarbeit mit den anderen Sozialversicherungen aufzubauen.» Gar als «Revolution» bezeichnet Felder die fünfte Revision. «Bei den Leistungen und was das Prinzip der IV angeht», so Felder. Mit der fünften Revision könnten die Leute nicht mehr denken: «Ich gehe zur IV und bekomme eine Rente.» Nun interveniere die Versicherung möglichst früh, so dass die Leute ihren Arbeitsplatz nicht verlieren. Die IV kläre mit dem Arbeitgeber ab, welche Möglichkeiten es gebe. «Oft bezahlen wir einen Teil des Lohns, statt einer Rente.» Und wie kommt das an? «Die Klienten verstehen es nicht immer, aber es ist besser für sie.» Denn sie würden nicht aus dem Arbeitsleben hinausgerissen. «Wer wartet, der verliert irgendwann den Willen zu arbeiten und traut es sich auch nicht mehr zu.»

Die Arbeitgeber würden die IV dank dieser Revision als Partner anschauen. «Wir können ihnen viel mehr bieten, beispielsweise Coachs zur Seite stellen und Kosten übernehmen.» Die Unternehmen seien der IV gegenüber deshalb offener geworden.

Dennoch bleibe es schwierig, Leute mit gesundheitlichen Problemen in den Arbeitsprozess einzubinden. «Bei gewissen Firmen geht es einfach nicht, das müssen wir akzeptieren.» Etwa technische Unternehmen, wo jeder Arbeitsschritt genau ausgeführt werden müsse, oder in kleinen Firmen, wo es stark ins Gewicht falle, wenn ein Mitarbeiter ausfalle. «Vor allem für Menschen mit psychischen Krankheiten braucht es mehr Lösungen.» Diese zu integrieren sei besonders anspruchsvoll. «Ihr Zustand ist oft instabil, mal geht es ihnen gut, mal schlecht.» Es sei wichtig, dass sie zu Beginn arbeiten könnten, ohne Leistung erbringen zu müssen. «Und das ist fast nur an geschützten Arbeitsstätten möglich.»

Mehr psychisch Kranke

Die Zahlen des Bundes zeigen: Psychische Krankheiten sind in den letzten Jahren immer mehr ein Grund für eine IV-Rente geworden. «Diese Tendenz gibt es natürlich auch im Kanton Freiburg. Das liegt an unserer Gesellschaft, am Druck in der Arbeitswelt», sagt Felder. Dennoch sei eine psychische Erkrankung für den Arbeitgeber und das Umfeld weiterhin schwierig nachzuvollziehen. «Man denkt immer wieder, die Leute sollen sich doch zusammennehmen. Aber wenn jemand wirklich krank ist, kann er das nicht.»

Fakten kennen

Über die IV ist oft Negatives zu hören: Es gebe viele Betrüger, die Leistungen seien ungenügend, nur Ausländer profitierten–so lauten etwa gängige Vorurteile. Hat das Felder nicht gelegentlich frustriert? «Zu sagen, es gebe keine Betrüger, ist falsch. Doch zu sagen, es seien nur Ausländer, die betrügen, ist genau so falsch.» Die IV habe ihre Untersuchungen verstärkt und könne durch das schnellere Intervenieren Betrüger besser finden. Eine Rente ohne Gegenleistung gebe es heute zudem kaum noch. Hingegen denkt Felder, dass jene, die eine IV-Rente benötigen, diese auch bekommen.

Um herauszufinden, auf welche Leistungen jemand Anspruch habe, müsse die IV möglichst viele Fakten kennen. Melde sich jemand an, gebe es im ersten Monat einen telefonischen Kontakt. «So erfahren wir schon einmal viel mehr als nur aufgrund des Formulars.» Wenn immer möglich, gebe es persönliche Treffen. «Wir haben es schliesslich mit Menschen zu tun, nicht mit Nummern.» Auch als Direktor habe er sich manchmal mit Versicherten getroffen, etwa wenn diese mit der von der IV vorgeschlagenen Lösung nicht einverstanden gewesen seien.

«Ich habe viel erreicht»

36 Berufsjahre: Philippe Felder könnte stundenlang über die IV sprechen. «Es war ein unglaublich abwechslungsreicher Job, der mir auch persönlich viel gebracht hat.» Menschen in Schwierigkeiten zu sehen, lehre einen, die eigene Gesundheit besser zu schätzen. «Ich habe viel erreicht und immer im Dienst der anderen gearbeitet.» So gehe er nun gerne in Pension und freue sich darauf, mehr Zeit mit seiner Frau, seinen drei Töchtern und drei Enkelkindern zu verbringen. «Sie waren in meinem Herzen immer an erster Stelle, nun sollen sie auch an erster Stelle kommen, was die Zeit anbelangt. Das war bisher nämlich nicht der Fall.»

«Wer wartet, der verliert irgendwann den Willen zu arbeiten und traut es sich auch nicht mehr zu.»

Philippe Felder

Abtretender Direktor der IV-Stelle

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