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Strafvollzug klammert den Tod aus

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2012 sind 29 Insassen in Schweizer Gefängnissen gestorben, ein Jahr später waren es zehn. Es sind wenige Fälle, und Trends lassen sich schlecht daraus ableiten. «Man kann höchstens erkennen, dass der Anteil an Suiziden abnimmt, dafür andere Todesarten zunehmen», so Marina Richter, Oberassistentin für Soziologie, Sozialpolitik und Sozialarbeit, gestern an einer Präsentation der Universität Freiburg. Sie stellte eine Studie über den Tod im Gefängnis vor, welche ihre Abteilung zusammen mit dem Institut für Strafrecht und Kriminologie der Uni Bern erstellt hat.

Richter wies aber darauf hin, dass viel Gefangene kurz vor ihrem Tod noch in ein Spital verlegt werden und deshalb nicht mehr in den Statistiken erscheinen. Sie ist überzeugt: «Zunehmend mehr Gefangene sehen einem Lebensende im Gefängnis entgegen.» Die allgemeine Alterung der Bevölkerung spiegle sich auch in der Gefängnispopulation wider. Gegen 500 Insassen sind heute zwischen 50- und 59-jährig. Die Strafanstalten Pöschwies und Lenzburg haben heute eine eigene Abteilung für ältere Gefangene. «Die Strafanstalten sind aber kaum auf diese Entwicklung vorbereitet», so Richter. «Gefängnisse sind auf Sicherheit und Resozialisierung ausgerichtet. Man geht von jungen, gesunden Gefangenen aus, die das System wieder einmal verlassen werden. Todesfälle werden als Unfälle des Systems angesehen.»

Keine Palliativpflege

Wie die Studie aufzeigt, drückt sich das beispielsweise im medizinischen Pflegeangebot aus. «Normalerweise wird eine kurative Pflege angeboten: Patienten sollen wieder geheilt werden. Es gibt in Gefängnissen kaum palliative Pflege», so Richter. Dazu komme, dass beim Vollzugspersonal die Ressourcen für die Pflege von Langzeitpatienten fehlen, gerade nachts oder an Wochenenden. Auch die Zusammenarbeit mit Institutionen wie Pflegeheim, Hospiz oder Spitex sei in der Schweiz kaum institutionalisiert. «Der Freiheitsentzug erschwert die Pflege. Und ein assistierter Suizid ist im Strafvollzug gar nicht möglich», so die Soziologin.

Die Forschenden haben in zahlreichen Gesprächen mit Insassen und Vollzugsbeamten herausgefunden, dass das Bedürfnis eines «guten Todes» auf beiden Seiten vorhanden ist. «Man will als guter Mensch sterben», so Richter. «Der Wille, den letzten Wunsch zu erfüllen, ist da. Aber die Rolle der Selbstfindung beim Sterben im Gefängnis muss erst noch gefunden werden.»

Bei den Gefängniswärtern herrsche eher der Eindruck vor, dass Gefangene möglichst nicht im Gefängnis sterben wollen. Die Interviews mit den Insassen hätten aber ein anderes Bild gezeigt, so Richter: «Sie wollen vor allem nicht im Spital sterben.»

 Ein Tod im Gefängnis gelte gerade bei Insassen, die seit langer Zeit dort leben und dort auch ihr soziales Umfeld haben, als akzeptabel. Sie hätten eher Angst, nachts alleine in einer Zelle zu sterben. Marina Richter schlug deshalb vor, dass bei Todkranken Mitgefangene in den Begleitprozess eingebunden werden könnten.

 Als Fazit sagte Richter: «Das Gefängnis ist kein Ort zum Sterben. Aber wenn es sein muss, dann soll dies auf würdige Art geschehen.»

Bellechasse: Friedhof als Zeuge früherer Zeiten

D ie Insassen der Strafanstalt Bellechasse haben eher eine kürzere Aufenthaltsdauer, deshalb seien Todesfälle sehr selten, erklärt Direktor Franz Walter auf Anfrage der FN. Bei den letzten Fällen war die Todesursache Suizid oder unbekannt, vermutlich aber aufgrund von Drogen. Es findet in jedem Fall eine Untersuchung statt. Gemäss Walter sind vier Insassen heute älter als 65-jährig. Bis in die 1940er-Jahre kamen Bestattungen auf dem anstaltseigenen Friedhof vor. Dieser ist heute desakralisiert, so Walter. uh

Das Projekt

Vom Nationalfonds finanziert

«Lebensende im Justizvollzug. Gefangene, Anstalten, Behörden»–unter diesem Titel erscheint Ende Monat ein Buch als Resultat einer Studie der Universitäten Bern und Freiburg. Fünf Forschende haben Grundlagen studiert, Todesfälle rekonstruiert, Beobachtungen und Interviews gemacht. Finanziert wurde das Projekt durch den Nationalfonds.uh

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