Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Hilflos gegenüber den Naturgewalten

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Warum stabilisiert man die Rutschung nicht mit Pfählungen und Verankerungen tief in den Boden? Wie lange kann ich noch in meinem Haus bleiben, bevor ich mir eine andere Unterkunft suchen muss? Wer kann mir sagen, ob mein Stall einsturzgefährdet ist? – Diese und andere Fragen sind am Montag am Informationsabend zur Grossrutschung Hohberg gestellt worden, zu dem Gemeinde, Kanton und Oberamt die Anwohner des Quartiers Gerendacherli im Schwarzseetal eingeladen hatte (siehe Kasten unten).

Einen Meter pro Tag

Vor gut einem Monat war bekannt geworden, dass sich der Hohberg, also der Hang oberhalb dieses Quartiers mit etwa 30 Häusern, in Bewegung befindet. Der Rutsch bewegte sich im obersten Bereich bis zu einem Meter pro Tag, weiter unten bis zu einem Dezimeter pro Tag, wie Willy Eyer, Sektorchef Schutz vor Naturgefahren im Amt für Wald, Wild und Fischerei, ausführte. Auf einer Fläche von rund 20 Hektaren ist eine geschätzte Million Kubikmeter Erd- und Felsmaterial in erhöhter Bewegung.

Es ist nicht der erste Rutsch in diesem Gebiet, das Gelände ist schon seit Jahrzehnten, ja Jahrhunderten in Bewegung. Nach der letzten grossen Rutschung (1998 bis 2001) sind Sanierungsmassnahmen für 3,5 Millionen Franken ausgeführt worden. Das damals eingerichtete Monitoring hat nun gezeigt, dass die danach eingetretene Ruhephase vorbei ist. Gefördert wurde das durch den milden Januar, in dem die Niederschläge in Form von Regen statt Schnee fielen und die hohen Temperaturen während Wochen zur Schneeschmelze führten.

Wie eine Handorgel

Da das Gelände im Untergrund aus schiefrigen, wasserundurchlässigen Flyschschichten überdeckt ist, schiebt sich die Auflage aus lockerem Material langsam talwärts. Die dabei entstehenden Kräfte drücken das Gelände zusammen und stossen es handorgelartig vorwärts. Die Folgen sind im Gelände zu sehen: aufgebrochene Wülste, tiefe Erdspalten, verschobene Starkstrommasten, gespaltene Baumstämme und Zaunpfosten, die von den Drähten aus dem Boden gezogen werden. Der Zugang zur ganzjährig bewohnten Alpliegenschaft Ludena etwas oberhalb des Quartiers ist unterbrochen, weil eine Brücke nicht mehr befahrbar ist.

Momentan bewegt sich das Gelände im oberen Bereich wohl dank der Kältewelle mit leicht reduzierten Tagesraten von 50 bis 100 Zentimetern pro Tag, im mittleren Bereich (Ludena) mit vier bis fünf Zentimetern pro Tag und im untersten Bereich (Quartier Gerendacherli) mit maximal bis zu zwei Zentimetern pro Tag. «Das ist mehr, als wir vor einem Monat angenommen haben. Wir gingen davon aus, die Tagesraten würden hier im Millimeterbereich bleiben», so Eyer.

Zurzeit scheinen etwa drei Häuser am oberen rechten Rand des Quartiers direkt von einem der zwei Hauptausläufer der Rutschung tangiert zu sein. Eine der Liegenschaften hat sich in 21 Tagen um rund 40 Zentimeter verschoben. Hausbesitzer erzählten von Türen, die selber zufallen, vom Garagentor, das sich nicht mehr öffnen lässt und von den Asphaltwülsten auf den Hausplätzen, die täglich höher werden.

«Wir sind keine Propheten, wir wissen nicht mit Sicherheit, wie es weitergeht. Das Wetter spielt eine wichtige Rolle. Klar ist, dass die Bewegungen über einen längeren Zeitraum anhalten werden», nahm Eyer die Antwort auf eine der dringlichsten Fragen aus der Runde vorweg. Das unterstrich auch Oberamtmann Manfred Raemy: «Wenn Sie mich fragen, ob der ganze Berg runterkommen kann, antworte ich heute mit Nein. Die Bewegungen sind im Millimeter- bis Zentimeter-Bereich. Wir gehen nicht davon aus, dass sich der Rutsch beschleunigt.» Er versprach den Anwohnern, sie über die weitere Entwicklung auf dem Laufenden zu halten. Die Gemeinde erstellt nun einen Notfallplan für den Fall, dass das Wasserreservoir Hohberg beschädigt würde, und erarbeitet ein Szenario, wenn der Hohbergbach bei einem starken Unwetter die Wassermassen nicht mehr abführen könnte. Das Amt für Wald, Wild und Fischerei führt das Monitoring weiter, unterstützt von einem Ingenieurbüro. Die kantonalen Stellen wie auch Gemeinde, Oberamt und Gebäudeversicherung seien Anlaufstellen für die Anwohner, sagte Manfred Raemy. Franz Thalmann, Förster und lokaler Berater für Naturgefahren, ist regelmässig im Gelände und registriert weitere Änderungen.

Hohberg könne nicht mit Falli Hölli verglichen werden, betonte Willy Eyer. Dort war 1994 eine Ferienhaussiedlung und ein Restaurant mehr als 200 Meter den Hang hinuntergerutscht und zerstört worden. Zwar ähneln sich Topografie und Geologie, doch gibt es doch einen grossen Unterschied: Die Siedlung Falli Hölli lag mitten im Rutschhang, dessen Fuss durch den Höllbach wegerodiert war. Das Quartier Gerendacherli jedoch ist im Talboden im Auslaufbereich der Grossrutschung, die vergleichsweise nur von kleinen Bewegungen betroffen sein kann.

Diskussion

«Wir haben keine Gefährdung von Leib und Leben»

Am Informationsabend war eine gewisse Hilflosig­keit angesichts der Naturgewalten zu spüren und der Wunsch, diese irgendwie zu stoppen. Ein Anwohner schlug vor, das Rutschgebiet mit Pfählungen, Auffüllen mit Beton und einer starken Verankerung zu stabilisieren. Willy Eyer vom kantonalen Waldamt bezweifelte das Kosten-Nutzen-Verhältnis dieser aufwendigen Massnahmen, zumal Bohrungen gezeigt hätten, dass der Fels erst in tiefen Lagen anzutreffen ist. Bereits nach der letzten Aktivphase vor bald 20 Jahren seien viele Variantenstudien vorgenommen worden. Danach habe die Mehrzweckgenossenschaft Schwyberg-Ättenberg im Gelände unter anderem fast 50 Kilometer Gräben angelegt, damit möglichst wenig Oberflächenwasser in den Untergrund kommt. «Wir waren immer vorsichtig optimistisch, dass die Beruhigung der Rutschung auch durch diese Massnahmen bedingt war. Eine definitive, dauerhafte Stabilisierung ist sachlich nicht möglich. Wir wissen letztlich nicht, wie die Entwicklung ohne diese Arbeiten ausgesehen hätte.»

Keine Menschen gefährdet

Ein Anwohnerpaar störte sich an der Formulierung «langsam» im Zusammenhang mit der Rutschung. «Unser Haus ist anderthalb Meter von dem Standort entfernt, wo wir es gebaut haben», sagte der Mann. «Wann müssen wir raus? Wenn es drei oder fünf Meter abgerutscht ist, wenn kein Strom, kein Wasser mehr da ist?» Willy Eyer antwortete, dass langsam in dem Sinn gemeint war, dass dank der relativen Langsamkeit der Rutschung keine Menschenleben gefährdet sind. «Wir haben keine Gefährdung von Leib und Leben, doch Schäden am materiellen Eigentum sind offensichtlich möglich.»

Ein Eigentümer wollte wissen, wie viel Wert ein Haus, das über kurz oder lang vom Abbruch bedroht ist, noch hat. Er habe bisher noch keine Schadensmeldungen erhalten, sagte der Vertreter der Kantonalen Gebäudeversicherung. Er rief die Hausbesitzer auf, sich zu melden, betonte jedoch, dass klar festgelegt sei, welche Werte entschädigt würden: «Alles, was das Haus betrifft, aber nicht Gartentore oder Schäden an den Strassen.» Die KGV könne auf Schäden bis maximal zum versicherten Wert eingehen, nicht aber den Wertverlust eines Gebäudes versichern.

Wer dafür sorge, dass er trotz des aufgeworfenen Asphalts zu seinem Haus komme, wollte ein Anwohner wissen. Ammann Otto Lötscher sagte, dass sich die Gemeinde im Bezug auf Sofortmassnahmen kulant zeigen wolle und Hand biete für schnelle Lösungen. Willy Eyer machte den Anwohnern aber klar, dass sie selbst die Verantwortung für ihre Liegenschaften hätten. Sie müssten selbst aktiv werden, um abklären zu lassen, ob etwa eine Scheune einsturzgefährdet sei und wie eine zerstörte Privatstrasse wieder instand gestellt werden könne. Bei Strassen, die als Zufahrten zu Alpliegenschaften gelten, wird auch die Mehrzweckgenossenschaft Schwyberg-Ättenberg Sanierungsprojekte an die Hand nehmen, wie Präsident Oskar Lötscher erklärte.

Warum den heutigen Anwohnern in den 1970er-Jahren Land in einer als rutschgefährdet bekannten Zone verkauft worden sei, wollte ein Mann wissen. Otto Lötscher erklärte, dass es damals noch keinerlei Zonennutzungsplan gegeben habe. Erst nach dem Rutsch in Falli Hölli seien überhaupt alle Naturgefahren kartografiert worden. Eine Anwohnerin wollte wissen, ob eine Auffors­tung oberhalb des Rutschgebiets zur Stabilisierung beitragen könnte. «Könnte schon», sagte Franz Thalmann. Über 20 Hektaren zusätzlicher Wald sei auch im Rahmen des Sanierungsprojekts lanciert, doch handle es sich hier um längerfristige, langsam wirkende Massnahmen. Zudem habe der Waldbestand auf tiefergründige Rutschungen nur einen beschränkten Einfluss.

im

 

Meistgelesen

Mehr zum Thema