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Christoph Bertschys Reise ins Ungewisse

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Dieser junge Mann sieht bereit aus. Entschlossenen Schrittes und in auffallend aufrechter Körperhaltung erscheint er zum Interview im Restaurant der Berner Postfinance-Arena, sein David-Bowie-Shirt betont die selbst für einen Eishockeyprofi bemerkenswert muskulösen Oberarme. Christoph Bertschy ist normalerweise nicht für Selbstzweifel bekannt. Doch jetzt, so kurz vor seinem One-Way-Flug in die USA, gerät der 21-jährige Düdinger doch ins Grübeln. Wie steht es um die Nervosität? Bertschy lacht und atmet gleichzeitig heftig aus. «Die ist riesig! Die letzten Tage waren schlimm, ich habe mir viele Gedanken gemacht, über jenstes nachgedacht.» Über Eishockey, darüber, wie er sich auf den kleineren Eisflächen in Nordamerika zurechtfinden wird. Aber vor allem auch über die Herausforderungen neben dem Eis. «Am meisten Respekt habe ich vor dem Alleinsein. Ich möchte gerne in eine WG, aber wenn das nicht zustande kommt, was fängst du dann mit deinem Leben an? Familie und Freunde sind ja nicht da. Du hast nur deine Teamkollegen und musst viel mit ihnen unternehmen, damit dir nicht langweilig wird und du auf dumme Gedanken kommst.»

Plötzlich erwachsen

Momentan kann Bertschy noch keine Wohnung suchen, da er nicht definitiv weiss, ob er mit den Minnesota Wild in der Nordamerikanischen Profi-Liga (NHL) oder mit dem Farmteam Iowa Wild in der zweitklassigen Vorstufe, der American Hockey League (AHL), spielen wird. Je nachdem wird er sich eine Wohnung in Saint Paul oder aber Des Moines suchen müssen. Die Suche nach einem Appartement wird eine der vielen Aufgaben sein, die in den nächsten Wochen auf den Sensler warten, genau wie das Eröffnen eines Bankkontos, das Organisieren eines Handyvertrags oder der Sozialversicherungsnummer. Während in der Schweiz die Clubs den ausländischen Spielern so ziemlich alles abnehmen, ihnen Autos und Wohnungen zur Verfügung stellen und die Steuern bezahlen, sind in Nordamerika die Neuankömmlinge mehrheitlich auf sich allein gestellt.

Für einen 21-Jährigen ist das alles ein forciertes Erwachsenwerden im Eiltempo. «Das kann man so sagen», sagt Bertschy und lacht. «Aber ich bin letzten Sommer unter anderem deshalb nach Bern gezogen, um vor meinem Wechsel in die USA schon mal alleine gelebt zu haben.» Genauer gesagt zusammen mit Sämi Kreis, einem seiner Teamkollegen beim SC Bern. «Es hat gut funktioniert.»

 Er sei sich bewusst, dass er sich momentan wohl schlicht zu viele Gedanken mache. Das hat ihm auch Joël Vermin gesagt, der vor einem Jahr sein Überseeabenteuer begonnen hat. Bertschy hat im Juni mit Vermin das Aufbautraining absolviert und viel mit ihm gesprochen. «Aber ich kann halt einfach grad nicht abschalten, weil sehr viel Neues auf mich wartet.»

«Jetzt fühle ich mich bereit»

 Neues kennenzulernen ist gleichzeitig auch Bertschys Antwort auf die Frage, worauf er sich denn freut. «Und natürlich ist es für jeden Eishockeyspieler ein Traum, die Chance zu haben, in der NHL zu spielen. Für einen ehrgeizigen Sportler wie mich gibt es nichts Reizvolleres als die Vorstellung, mich in der besten Liga der Welt mit den besten Spielern der Welt zu messen.» Erstmals richtig daran geglaubt hat Bertschy, als er 2012 in Runde sechs an 158. Stelle von den Minnesota Wild gedraftet worden war. Drei Jahre später versucht er nun sein Glück. «Ich hätte schon früher gehen können. Allerdings wollte ich zunächst die Lehre abschliessen. Ausserdem hatte ich in der Saison 2013/14 ein schlechtes Jahr. Jetzt aber fühle ich mich bereit, bin von mir überzeugt.» Während mancher Tagträume stellt sich Bertschy bereits in den grossen, topmodernen NHL-Stadien vor. «Ehrlich gesagt kommt das vor, da schaue ich mir irgendwelche Highlight-Videos an, sehe das ganze Drum und Dran und denke mir, dass auch ich einmal dort sein könnte.»

 Durchhaltewillen gefragt

Bis aus den Tagträumen Realität wird, könnte es allerdings noch dauern. Es ist nicht davon auszugehen, dass Bertschy bereits in dieser Saison mit den Minnesota Wild zu NHL-Einsätzen kommen wird. Er wird ziemlich sicher zunächst in der AHL seine Sporen abverdienen müssen, und das auch noch bei Iowa, dem letzte Saison klar schwächsten Team. «Die waren ja wirklich mit Abstand Letzte», sagt Bertschy und lacht fast ein wenig verzweifelt. «Ich bin gespannt auf das Team und hoffe, dass es in dieser Saison besser wird. Einige neue Spieler hat es jedenfalls gegeben.»

Aber hartes AHL-Brot zu essen ist unvermeidbar, will der Freiburger seinen Traum verwirklichen. Deshalb nimmt er auch in Kauf, dass er voraussichtlich merklich weniger verdienen wird als beim SC Bern in der NLA. Sollte er wider Erwarten bereits in der NHL spielen, wären es zwar fürstliche 600 000 Dollar pro Jahr, in der AHL werden es aber «nur» 160 000 Dollar sein. Fast die Hälfte davon geht in den USA für Steuern drauf.

Aber die AHL soll ja bloss eine Zwischenstation sein. Dass man ihn als potenziellen NHL-Spieler betrachtet, hat ihm im April auch die Delegation der Minnesota Wild gesagt, die zur Vertragsunterzeichnung in die Schweiz gereist war. Bertschy hat einen Dreijahres-Vertrag unterzeichnet. Und er hat vor, Durchhaltewillen zu zeigen, auch wenn vielleicht nicht immer alles geradlinig verläuft. «Zwei Jahre werde ich auf jeden Fall in Nordamerika bleiben. Und wenn ich danach noch nicht in der NHL bin, aber eine Chance sehe, dass es bald klappen könnte, gebe ich mir noch ein drittes Jahr.»

Er glaube fest daran, es zu schaffen, versichert Bertschy. «Ich weiss, was ich kann und was ich noch verbessern kann.» Was er kann: «Ich bin ein schneller Spieler mit Spielübersicht, gut am Puck und ein guter Schlittschuhläufer.» Was er noch verbessern muss: «Meinen Schuss. Und mein Spiel ohne Scheibe. Ausserdem muss ich mental stärker werden. Ich hatte in den letzten Jahren immer Hochs und Tiefs. Das muss ich besser kontrollieren können.»

 Keine Angst vor der Härte

Vor der härteren Spielweise in Nordamerika hat er keine Angst, auch wenn er mit 178 Zentimetern für einen Eishockeyspieler eher klein ist. «Ich bin kräftig genug, um dagegenzuhalten. Ausserdem habe ich den Speed, um im entscheidenden Moment ein, zwei schnelle Schritte zu machen und auszuweichen.» Er kann sich jedenfalls nicht erinnern, wann er zuletzt so richtig «verräumt» worden sei, wie er sagt.

 Dass es in Nordamerika häufiger krachen wird, liegt allein schon daran, dass die Eisfelder kleiner sind als in Europa, das Spiel dadurch schneller, Zweikämpfe häufiger. Spieler, die bereits die Juniorenligen in Nordamerika absolviert haben, sind deshalb im Vorteil. «Ich werde eine gewisse Angewöhnungszeit benötigen. Man hat weniger Zeit, und man muss sich daran gewöhnen, dass der Weg von der Bande zum Tor viel kürzer ist und die Abschlussposition so fast immer gefährlich. Aber die Erfahrungen, die ich in den Camps oder bei Turnieren in Nordamerika gemacht habe, stimmen mich zuversichtlich.»

Zum Vorbild nimmt er sich Roman Josi, der sich in den letzten Wochen wie Bertschy beim SC Bern auf die Saison vorbereitet hat. Josi hat ebenfalls nie in den nordamerikanischen Juniorenligen gespielt, sondern seine Karriere beim SCB gestartet. Heute gehört er zu den besten Verteidigern der NHL.

 Kalte Wintertage

Davon, ein gestandener NHL-Spieler zu sein, ist Christoph Bertschy noch weit entfernt. Sein langer Weg beginnt am Montag mit einem Flug nach Minneapolis. Um sich zu akklimatisieren, fliegt der Sensler eine Woche, bevor er beim Team sein muss, in die USA. Dort wird er erst einmal bei seinem ehemaligen SCB-Teamkollegen Travis Roche wohnen, mit dem er auch trainiert. Am 10. September fliegt er mit den anderen Einsteigern des Teams an ein Rookie-Turnier in Traverse City, am 17. September beginnen die Ausscheidungscamps.

 Sobald Bertschy aus dem NHL-Team Minnesotas gestrichen wird, wird er sich in Des Moines niederlassen und am 9. Oktober mit den Iowa Wild in die AHL-Saison starten. Über Des Moines weiss Bertschy kaum etwas. Vom Hörensagen weiss er, dass es eine kleine, gemütliche Stadt ist. Eine Stadt, in der es im Winter sehr kalt werden kann. Im Januar beträgt die Durchschnittstemperatur minus sieben Grad. Um gegen das Heimweh anzukämpfen, wird Bertschy ein Foto seiner Familie mitnehmen, wird regelmässig über Skype und FaceTime mit Familie und Freunden telefonieren, wird über WhatsApp-Gruppenchats mit möglichst vielen Leuten aus seinem alten Leben in Verbindung bleiben. Im Oktober oder November wird ihn sein Vater besuchen, über Weihnachten seine Mutter mit ihrem Freund. «Ich werde mich dort schon einleben. Irgendwie hat es noch jeder geschafft», sagt Bertschy. In erster Linie will er sich sowieso auf das Eishockeyspielen konzentrieren.

Es gibt nichts, das er sich vorgenommen hat, unbedingt anschauen zu müssen, weder in der 200 000-Einwohner-Stadt Des Moines, die wohl ohnehin wenige Sehenswürdigkeiten bietet, noch sonst wo in den USA. «Ausser natürlich alle NHL-Stadien», sagt Bertschy. Zwar lacht er dazu, dennoch ist die Antwort ein klares Statement: Christoph Bertschy reist nicht als Tourist in die USA. Christoph Bertschy hat eine sportliche Mission.

 

 

Herkunft: «Freiburg? Das ist für mich Heimat»

C hristoph Bertschy könnte nach David Aebischer der zweite Freiburger werden, der es in die NHL schafft. Aber wie viel Freiburg steckt noch im 21-Jährigen, der schon mit 15 in die Nachwuchsabteilung des SC Bern wechselte? «Freiburg? Das ist für mich Heimat – eine Herzensangelegenheit. Der Grossteil meiner Familie und viele Kollegen wohnen in Düdingen. Ich mag auch das Freiburger Oberland, war früher oft im Rohr oder in Schwarzsee am Skifahren», so der Düdinger, der das Eishockey bei SenSee-Fu ture erlernte und danach bis zu seinem Wechsel nach Bern bei den Gottéron-Junioren spielte.

Zu Gottéron hat er auch heute noch einen gewissen Bezug. Beim ersten Champions-League-Spiel der Freiburger sass er auf der Tribüne, in erster Linie um Andrea Glauser, der ebenfalls aus Düdingen stammt, zuzuschauen. Als Kind schaute sich Bertschy die Spiele Gottérons als Fan im Stadion an. 2013 machte er sich in Freiburg allerdings unbeliebt, als er bei der SCB-Meisterfeier im Übermut einen Schal mit der Aufschrift «Hurensöhne Gottéron» anzündete. «Ein Fehler», wie er heute klar sagt. In den ersten Tagen danach habe er zum Teil schon eine gewisse Abneigung gespürt. Seither habe er vielleicht ein, zwei Mal etwas zu hören gekriegt, mehr nicht.

Ist es möglich, dass er zu Gottéron zurückkehrt, sollten seine Nordamerika-Pläne scheitern? «Möglich schon. Aber es wäre nicht nur Freiburg möglich, sondern auch andere Teams. Doch ich gehe mit dem Gedanken in die USA, dass ich mich dort durchsetze. Deshalb hoffe ich, mir diese Frage gar nicht stellen zu müssen.» fm

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