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360 Franken sparen? – Fast unmöglich!

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360 Franken sparen? – Fast unmöglich!

Autor: Marc Kipfer

Unterhalb der Armutsgrenze zu leben: Was bedeutet das in der Schweiz? In einem Land, das weltweit mit Reichtum, Luxusprodukten, Gold und Banken in Verbindung gebracht wird, manchmal sogar als reichstes Land der Welt gilt?

Weil das Thema Armut hierzulande in der politischen Debatte und dem Konsum-Alltag vieler Schweizer zumeist ausgeblendet wird, haben sich der Journalist Walter Däpp und der Fotograf Hansueli Trachsel an die Arbeit gemacht: Im Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung haben die beiden Berner mit Menschen gesprochen, die notgedrungen von wenig Geld leben. Manche, weil sie ihr Leben in der reichen Schweiz schon mit einer schlechten Ausgangslage antreten mussten. Andere, weil ihr Leben aus der Bahn geriet.

Wenn Töffli und PC fehlen

Einer der 21 Porträtierten ist Walter Wälti, der nicht mehr arbeiten kann. Sein Rücken ist kaputt. «Die 43 Jahre auf dem Bau haben eben Spuren hinterlassen.» Arbeiten geht nicht mehr, auch wenn die IV dies nur bedingt so sieht. Mit seiner knappen IV-Rente und Sozialhilfe schafft es Wälti auf ein bescheidenes Einkommen. Nach Abzug der Fixkosten wie Wohnungsmiete und Krankenkasse bleiben ihm 800 Franken für alles andere: Essen, Kleider, das Elektrische, PC, Fernseher. Mobil ist Wälti dank einem Töffli. Genau dieses Töffli machte ihm jemand kaputt, und Wälti musste es für 360 Franken reparieren lassen. «360 Franken! Fast unmöglich, das zusammenzusparen!», sagt der 60-Jährige im Interview.

Obwohl er, wie er sagt, kaum noch etwas erlebt, hat Wälti Träume. Etwa diesen: Seit 40 Jahren schreibt er an einer Geschichte. Es ist eine Kindergeschichte über eine alte Nähmaschine. Ob er diese je zu Ende bringe, wisse er nicht, denn momentan sei auch sein PC kaputt – «Ich hoffe, dass man ihn noch flicken kann.»

Viel Arbeit, kaum Bildung

In dem Buch kommt auch Nelly Schenker vor: eine Frau, die sagt, manchmal sei sie fünfzig, dann zwanzig, dann hundert, dann wieder zwanzig. Nelly Schenker hatte eine schwierige Kindheit, da waren kein Vater, keine Geschwister. Mit sieben Jahren kam sie in ein Heim, später in andere Heime, bis sie 26-jährig war. Den Autoren erzählt sie: «Die Klosterfrauen, zu denen ich abgeschoben wurde, missbrauchten mich nur als Arbeitskraft. Jahrelang musste ich zum Beispiel sticken, sticken, sticken. Jede Schulbildung wurde mir vorenthalten, obwohl ich dafür kämpfte.»

Mit 26 Jahren gelang ihr die Flucht, dann kamen eine Ehe, zwei Töchter. Heute ist Nelly Schenker Grossmutter. Sie lebt von der AHV und Ergänzungsleistungen. Geld ist immer knapp, Schenker muss einteilen. Sie sagt: «Dass man mir die Schulbildung vorenthalten hat, hat mich arm gemacht.»

65 Rappen frisst die Katze

Oder da ist Markus Bianchi, HIV-positiv, oft alleine mit seinem Fernseher. Berufsleben und Beziehung hat er sich mit Drogen zerstört, Geldprobleme haben ihn durch diese ganze Zeit begleitet. Früher hat er gestohlen, heute reichen IV-Rente und Ergänzungsleistungen, um zu wohnen und zu essen.

Bianchi pflegt heute den Garten einer alten Frau, und er leistet Aids-Aufklärungsarbeit in einem Pfarramt. Der 46-Jährige wünscht sich eine Beziehung, eine Familie, «um später nicht ganz allein zu sein». Gegenwärtig ist Katze Sari bei ihm. Von dem wenigen Geld muss auch sie gefüttert werden. Glücklicherweise ist auch Sari nicht anspruchsvoll. Sie verschlingt 65 Rappen pro Tag.

Walter Däpp, Hansueli Trachsel: «Vom Traum, reich zu sein: Armutszeugnisse aus der Schweiz.» Stämpfli Verlag, 2010. ISBN: 978-3-7272-1133-1

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