Abgewiesen und untergetaucht
Offener Brief des Papierlosen-Kollektivs an den Staatsrat
Asyl Suchende, auf deren Antrag nicht eingetreten wurde, sollen während der Wintermonate angemessene Betreuung erhalten. Dies fordert das Kollektiv der Papierlosen in einem offenen Brief an den Staatsrat.
Von JEAN-LUC BRÜLHART
Bis Ende Jahr müssen 187 Asyl Suchende aus dem Kanton Freiburg, davon 25 Frauen und 28 Kinder, die Schweiz verlassen. Ihr «Nichteintretens-Entscheid» wurde rechtskräftig. Diese Leute scheiden seit dem 1. April dieses Jahres und dem Inkrafttreten des neuen Bundesgesetzes aus dem System der Asyl-Sozialhilfe aus. Sie müssen das Land 24 Stunden nach Eintreffen des Entscheids aus eigener Kraft verlassen.
30 Tage Zeit haben Menschen, die ihr Gesuch vor dem 1. April eingereicht haben.
Nachtlager und Taggeld
Sind die Personen nicht in der Lage, das Land zu verlassen, wird ihnen eine fünftägige Übergangshilfe in Form eines Nachtlagers in einem Poya-Pavillon und acht Franken Taggeld geboten. Während des Tages müssen sie das Lager verlassen. Hilfe erhält aber nur, wer sich bei der Polizei und beim Amt für Bevölkerung und Migration meldet – und zwar alle fünf Tage aufs Neue.
Auffanglager zur Hälfte belegt
Die 20 Plätze im Auffanglager sind zurzeit zur Hälfte belegt. Eigentlich erstaunlich, wenn man bedenkt, dass über 100 Leute mit einem «Nichteintretens-Entscheid» untergetaucht sind. «Wer von der Polizei unsanft aufgefordert wird, die Wohnung zu verlassen, geht nicht so einfach zur Polizei, um Hilfe zu beantragen», erklärte Lionel Roche vom Kollektiv der Papierlosen. Aber es sei auch klar politischer Wille, nicht mehr Plätze zur Verfügung zu stellen, fügte er hinzu. «Das ist nicht zu tolerieren.»
Ein Lager
Tag und Nacht
In einem offenen Brief fordert das Kollektiv der Papierlosen den Staatsrat auf, in den Wintermonaten und bis zum 30. April die Hilfe für diese Menschen auszubauen: ein Dach über dem Kopf Tag und Nacht, täglich drei Mahlzeiten (oder eine gleichwertige finanzielle Unterstützung) und bei Bedarf medizinische Betreuung. Für die Kinder fordern sie zudem, dass sie weiterhin die Schule besuchen dürfen.
Das Kollektiv der Papierlosen geht noch einen Schritt weiter und erwartet vom Staatsrat, dass er sich auf nationaler Ebene gegen die Verhärtung im Asylgesetz einsetzt (Asylgesuche in den Krisengebieten behandeln).
Heute Freitag ein Protestumzug
im Stadtzentrum
Mit der sechsten Revision des Asylgesetzes gehöre die schweizerische Asylpolitik zu den härtesten in Europa. Damit sei es der Schweiz erlaubt, auf 95 Prozent der Anfragen nicht einzutreten. «Das hat wiederum zur Folge, dass viele Menschen untertauchen und zu Papierlosen werden», so Roche.
Heute Freitag ab 17.30 Uhr ist im Stadtzentrum ein Protestumzug geplant. Beginn des Umzugs ist in der Romontgasse.
Am internationalen Menschenrechts-Tag soll damit an die Rechte der Einwanderer und Asyl Suchenden erinnert werden.
«Zudem», so Roche, «ist es auf den Tag genau ein Jahr her, dass Blocher in den Bundesrat gewählt wurde.»