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«Alleine kann man nicht viel ausrichten»

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Als die FN zum Interviewtermin im Stadtarchiv Freiburg erscheinen, wartet Jean-Daniel Dessonnaz bereits in der Eingangshalle des historischen Gebäudes im Burg-Quartier, in dem sich einst Gregor Girards Knabenschulhaus befand. Obwohl er in den letzten Tagen vor dem Amtsantritt seines Nachfolgers Leonardo Broillet am 1. Dezember viel zu tun hat, nimmt er sich viel Zeit. Er führt durch das eigentliche Archiv im Untergeschoss und hat an jeder Ecke eine Anekdote zu erzählen. Für das Interview geht es in den Bürobereich im 3. Stock. Dessonnaz zeigt gerührt ein persönlich gestaltetes Büchlein, das ihm seine Kolleginnen und Kollegen zum Abschied geschenkt haben. Man merkt: Der Stadtarchivar, der nach 28 Jahren in den Ruhestand tritt, war hier in seinem Element.

Jean-Daniel Dessonnaz, wie geht es Ihnen im Augenblick Ihrer Pensionierung?

Es ist schon bewegend, das Archiv nach all den Jahren zu verlassen – vor allem aber werde ich meine Kolleginnen und Kollegen vermissen. Wir sind ein kleines und gut harmonierendes Team aus kompetenten und leidenschaftlichen Fachleuten. Alle identifizieren sich mit der Stadt und mit ihrer Geschichte und stellen sich in den Dienst der Bevölkerung. Das ist wichtig, denn alleine kann man nicht viel ausrichten. Und ich bin der Stadt Freiburg dankbar, dass sie mir dieses Amt anvertraut hat. Als ich 1992 anfing, war ich der erste Stadtarchivar in einem Vollzeitpensum, und es gab viel zu tun und aufzubauen …

Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag als Stadtarchivar?

Ja, natürlich! Es war der 1. August 1992, ich war 36 Jahre alt. Mein Büro befand sich im Stadthaus. Es diente gleichzeitig als Lesesaal, wenn jemand Dokumente konsultieren wollte. Die Archivalien selbst waren im Stadthaus und in verschiedenen Depots der Gemeinde verteilt. In meinem Büro befanden sich genau drei Bücher: das Telefonbuch, das statistische Jahrbuch des Kantons und der Jahresbericht der Stadt. Ich habe dann erst einmal ein paar private Bücher mitgenommen …

Was waren Ihre ersten Aufgaben?

Ich habe nach und nach alle Dienststellen besucht, um deren Situation kennenzulernen. Eine meiner ersten Aufgaben war die Organisation der Vorarchivierung in der Finanzdirektion. Ich hatte zuvor während dreier Jahre im Staatsarchiv gearbeitet und war sensibilisiert für die Arbeitsschritte von der Vorarchivierung über die Archivierung bis zur Konservierung. Im Übrigen hat mich der damalige Staatsarchivar Hubert Foerster gerade am Anfang sehr unterstützt.

Die Frage der Lokalitäten war ein wichtiges Thema: Das Stadtarchiv unter einem Dach, wie wir es heute kennen, gibt es erst seit 2006.

Ja, es gab zuvor lange Diskussionen. Man sprach auch darüber, das Stadt- und das Staatsarchiv im gleichen Gebäude unterzubringen, aber die Zeit war dafür nicht reif. So zog das Staatsarchiv an die Zeughausstrasse, und wir übernahmen hier an der Chorherrengasse die früheren Räume des Bezirksgerichts Saane. 2003 wurde der Kredit dafür gesprochen; das war eine wichtige Etappe für das Stadtarchiv. Der neue Standort hat es uns auch ermöglicht, unsere Arbeit besser bekannt zu machen und die Bevölkerung dafür zu sensibilisieren, dass es ein Stadtarchiv gibt und dass dieses allen offen steht.

Parallel dazu hat sich das Archiv auch personell entwickelt …

In meinen ersten zehn Jahren war ich tatsächlich allein, dann kamen mit der Zeit die ersten Kolleginnen und Kollegen dazu. Beim Einzug in die heutigen Räume teilten wir uns zu zweit 150 Stellenprozente, dazu kamen Mitarbeiter im Mandatsverhältnis. Heute sind wir zu sechst für 3,5 Vollzeitäquivalente.

Welche wichtigen Momente bleiben Ihnen sonst noch in Erinnerung?

2003 war nicht nur wegen des Kredits für die neuen Räume entscheidend, sondern auch, weil wir in diesem Jahr den grossen Nachlass des Arztes und Sammlers Jean Dubas-Cuony (1918–2003) erhalten haben. Er war so etwas wie ein inoffizieller Stadthistoriker, und wir haben oft zusammengearbeitet. Nach seinem Tod 2003 schenkte seine Familie die wertvolle Sammlung dem Stadtarchiv. Der Bestand enthält an die 9000 Bücher, darunter seltene Exemplare, sogar einige Inkunabeln. Dazu kommen Gemälde, Zeichnungen und Lithografien mit Darstellungen von Stadt und Kanton Freiburg. Diese Sammlung ist ein wichtiges Erbe, und es ist gut, dass sie im Stadtarchiv zugänglich ist, denn Jean Dubas selbst hat immer den Kontakt zur Bevölkerung gesucht.

Ein Teil der Dubas-Sammlung war 2015 im Gutenberg-Museum ausgestellt. Solche Projekte sind Ihnen wichtig?

Ja, es ist wichtig, solche Gelegenheiten zu nutzen. Auch Jubiläen sind Möglichkeiten, an die Vergangenheit zu erinnern und gleichzeitig über die Gegenwart und die Zukunft zu sprechen. Ich denke etwa an das 200-Jahr-Jubiläum der Mediation 2003, an die 850-Jahr-Feier der Stadt Freiburg 2007 oder das Saint-Exupéry-Jahr 2017, hundert Jahre nach dem Aufenthalt des Schriftstellers in Freiburg. Ich möchte, dass die Freiburgerinnen und Freiburger stolz sind auf ihre Geschichte und ihre gemeinsamen Wurzeln; dafür sind solche Momente wichtig.

Wie haben sich die Bestände des Stadtarchivs in den letzten Jahren entwickelt?

Als wir an die Chorherrengasse gezogen sind, hatten wir 900 Laufmeter Dokumente, heute sind es an die 1500 Laufmeter. Wir haben hier eine Kapazität von 2700 Laufmetern; es gibt also noch Reserven. Dazu haben wir ein Depot im neuen Vignettaz-Schulhaus, wo wir auch unsere Kunstwerke verwahren werden.

Welche Herausforderungen warten jetzt auf Ihren Nachfolger Leonardo Broillet?

Er wird sicher genug Arbeit haben! Die Nutzung der Räume wird ein Thema bleiben; dazu kommt jetzt auch die Beteiligung am geplanten kantonalen Kulturgüterlager. Sehr wichtig sind Fragen rund um die digitale Archivierung, Verwaltung und Zugänglichkeit von Dokumenten. Und der neue Stadtarchivar wird sich mit Fragen befassen müssen, die sich im Zusammenhang mit der geplanten Gemeindefusion in Grossfreiburg stellen: Das Archiv einer Gemeinde ist ein ebenso sensibles Thema wie der Name oder das Wappen. Unabhängig davon, wie man das löst, wird das Stadtarchiv eine wichtige Rolle spielen.

Und wie sieht Ihre persönliche Zukunft aus?

Mein Interesse für die Stadt Freiburg, für die Geschichte und für die Allgemeinheit wird sicher bleiben. Ich freue mich, mehr Zeit mit meiner Frau Denise und unseren Nichten und Neffen zu verbringen und neue Spaziergänge im Kanton zu entdecken. Und ich möchte gerne wieder Musik machen und Querflöte spielen, ein Instrument, das ich früher sogar unterrichtet habe.

Zur Person

Geschichte, Geografie und Querflöte

Jean-Daniel Dessonnaz wurde 1956 in Freiburg geboren und wuchs im Perolles-Quartier auf, wo er bis heute mit seiner Frau lebt. Nach der Matura am Kollegium St. Michael studierte er Geschichte und Geografie an der Universität Freiburg und absolvierte eine Ausbildung zum Archivar in Bern und Lausanne. Bevor er 1992 Stadtarchivar wurde, arbeitete er drei Jahre lang im Staatsarchiv. Dessonnaz war ausserdem als Querflötist in verschiedenen Ensembles aktiv und hat das Instrument am Konservatorium unterrichtet.

cs

 

Das Stadtarchiv

Die Geschichte der Stadt seit 1803

Das Stadtarchiv befindet sich seit 2006 im sogenannten Justizhaus an der Chorherrengasse 1, direkt neben der Kathedrale. Bei dem Gebäude handelt es sich um das ehemalige Knabenschulhaus, das der Freiburger Pädagoge Gregor Girard 1819 eröffnete, um hier seine revolutionären Unterrichtsmethoden umzusetzen. Die Büros des Stadtarchivs, der Empfang, die Mikrofilmzentrale, ein Lesesaal und ein Konferenzsaal befinden sich im dritten Stock. Die Archivbestände sind in zwei Untergeschossen untergebracht. Das älteste Dokument, das hier archiviert ist, ist ein Protokoll aus dem Jahr 1799 über die Wahlen in die Stadtbehörden. Eigentlich beginnt die Archivierung auf Stadtebene jedoch erst im Jahr 1803, als die Mediation die Trennung zwischen Stadt und Kanton brachte. Ältere Dokumente befinden sich im Staatsarchiv.

Rückgrat der Stadt …

Als «Rückgrat der Stadt» bezeichnet Jean-Daniel Dessonnaz die Gemeinderatsprotokolle. Diese seien darum so wichtig, weil darin nicht nur Beschlüsse aufgelistet seien, sondern weil sie Aufschluss darüber gäben, wie der Gemeinderat zu diesen Beschlüssen gekommen sei. Die älteren Bände mit diesen Protokollen werden derzeit nach und nach restauriert. Neben den Dokumenten von Gemeinderat und Generalrat werden im Stadtarchiv auch die Dokumente aus den verschiedenen Direktionen konserviert, Unterlagen der Burgergemeinde, einige private Archive von allgemeiner Bedeutung und weitere Archivalien. Eine eigene Abteilung nimmt der Nachlass von Jean Dubas ein.

… und Spiegel der Gesellschaft

Ein Archiv vereine administrative, juristische und historische Funktionen, sagt Jean-Daniel Dessonnaz. Vor allem aber seien Archive entgegen der landläufigen Meinung etwas sehr Lebendiges: «Sie sind ein Spiegel der Gesellschaft: Hinter den Dokumenten verbergen sich Menschen mit ihren Geschichten, manchmal schönen und manchmal traurigen.»

cs

 

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