Autor: Matthias Fasel
Neulich beim Testspiel: Ein Tritt gegen meine Wade, ein schmerzverzerrtes Gesicht, ein durchschnittlich anstössiges Fluchwort. Eine Szene halt, wie sie auf gewöhnlichen Fussballplätzen mindestens ein Dutzend Mal pro Spiel vorkommt.
Normalweise folgt dann eine Entschuldigung oder aber eine Proll-Beschimpfung wie Weichei, Schwuchtel oder Mädchen. Doch neulich war es anders. Neulich schaute mich der Gegner lächelnd an und sagte bloss: «Hey, bleib sexy!»
Sprachlosigkeit. Natürlich weiss ich, dass spätestens seitdem Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit 2003 für seine Stadt mit dem Slogan «Arm, aber sexy» warb, der Begriff salonfähig geworden ist. Mittlerweile hat er gar Einzug bis in die hintersten, spiessigsten Ecken der Gesellschaft erhalten. Heute werden Filme (und nicht nur solche mit Titeln wie «Gasthof zum fliegenden Höschen» oder «Analdin und die Wunderschlampe») als sexy bezeichnet, genauso wie Schränke, Umweltschutz, Kaffee, Bäume, Autos, Nagelscheren, Gartenzwerge . . .
Trotzdem stehen mir immer noch jedes Mal die (nicht sehr sexy (oder sagt man sexien? (sind zu viele Klammern in meinem Text?))) Nackenhaare zu Berge, wenn ich den in den meisten Situationen gänzlich unpassenden Begriff zu hören bekomme.
Zumindest in Freiburg waren bisher wenigstens die Sportplätze von diesem Unwort verschont geblieben. Klar, dass nach diesem einschneidenden Erlebnis meine Angst nun gross ist, dass sich dies in Zukunft ändern wird. Denn ganz ehrlich, ich habe nun wirklich keine Lust, mir auf dem Rasen Gedanken über meine Sexyness oder Unsexyness zu machen. Da bin ich lieber wieder ein Weichei . . .