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Als Ärztin in Afrika arbeiten: «An meinem ersten Arbeitstag habe ich zwei Kinder verloren»

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Anaïs Schneider ist Kinderärztin aus Leidenschaft. Mit ihrer Arbeit im Südsudan und in Sierra Leone wollte sie den Kindern dort etwas zurückgeben. Im Gespräch mit den FN erzählt sie von ihren Auslandseinsätzen. 

Eigentlich wollte die Freiburgerin Anaïs Schneider nie Kinderärztin werden. Doch ein Praktikum im Bereich der Pädiatrie während ihrer Medizinausbildung hat ihre Meinung schnell geändert: «Ich wusste nach dem ersten Praktikumstag bereits, dass ich nie etwas anderes machen möchte», sagt Schneider und trinkt einen Schluck Kaffee. Bei der Behandlung von Kindern sei mehr Kreativität und Präsenz gefordert. Das habe sie beeindruckt. Nun ist sie seit sechseinhalb Jahren Ärztin. 

Einsatz im Südsudan

Schon seit längerer Zeit spielte Schneider mit dem Gedanken, als Ärztin auch im Ausland Berufserfahrung zu sammeln. Die humanitäre Arbeit reizte sie. «Es ist eine grosse Herausforderung, Medizin zu praktizieren mit so wenigen Mitteln, wie den Ärzten dort zur Verfügung stehen», sagt sie. «Und ich wollte den Menschen etwas zurückgeben.» Ausserdem sei es auch für sie persönlich eine gewisse Herausforderung gewesen. 

Ihren ersten Auslandseinsatz bestritt Anaïs Schneider Anfang März 2020 über die Organisation Ärzte ohne Grenzen. Das Ziel war der Südsudan – genauer die Stadt Agok an der Grenze zum Sudan. Ein Land, welches das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten damals als ein Land mit einer «unberechenbaren Lage» bezeichnete. Von Aufenthalten im ostafrikanischen Land wurde abgeraten. Auswählen konnte Schneider nicht, wohin sie gehen wollte. Das war ihr aber auch egal. Hauptsache helfen. 

Sie habe sich intensiv auf die Arbeit im Südsudan vorbereitet. «Ich habe sehr viel gelesen über die Krankheiten wie HIV, Malaria und Tuberkulose sowie die Situation im Land», sagt sie. Auch habe sie Kontakt geknüpft mit den Ärzten, die bereits dort arbeiteten, und der Person, die vor ihr dort im Einsatz gewesen ist. 

Hohe Sterberate

Ursprünglich waren vier Monate geplant gewesen. Die Corona-Pandemie hat ihrem Einsatz jedoch einen Strich durch die Rechnung gemacht, und die junge Freiburgerin musste bereits nach zwei Wochen zurückkehren. «Obwohl ich nicht lange dort war, hat mich diese Zeit sehr geprägt», sagt Schneider. Die Menschen dort seien immer füreinander da, auch wenn die Mittel beschränkt sind. Das zwinge sie, Alternativen zu finden und anders zu arbeiten. «In der Schweiz kann man Patienten beispielsweise auf fast alles testen. Das ist dort nicht möglich.» So lernte sie von den anderen Ärzten, anders zurechtzukommen und klinischer zu denken. «Man kann mit wenig sehr viel erreichen.» Dort trug sie auch viel mehr Verantwortung als in der Schweiz. 

Im Spital in Agok ist die frühkindliche Sterberate sehr hoch, und generell gibt es mehr Todesfälle. Schneider schaut runter auf ihre Kaffeetasse und sagt: 

An meinem ersten Arbeitstag habe ich zwei Kinder verloren. In der Schweiz hätte man sie sehr wahrscheinlich retten können.

Das sei unfair und schwierig mitzuerleben. «Neurochirurgie existiert beispielsweise nicht. Das gibt es einfach nicht.» Unterernährung ist auch ein Problem. Die Kinder kämen bereits geschwächt ins Spital.

Doch darauf werden die Ärzte vorbereitet, wenn sie Auslandseinsätze unternehmen. 

Einsatz in Sierra Leone

Zurück in der Schweiz, hat Schneider in Genf gearbeitet. Doch schon da wusste sie, dass sie noch einmal ins Ausland gehen möchte. Ein Jahr später war es so weit. Dieses Mal ging sie mit der Organisation Swiss Doctors. Sierra Leone war das Ziel. Der Einsatz dauerte sechs Wochen. Sie hat in einem kleinen Spital in Serabu gearbeitet.

«Ich habe mit einheimischen Ärzten zusammengearbeitet und war während dieser Zeit die einzige Kinder- und ausländische Ärztin.» Das sei eine sehr intensive und interessante Zeit für sie gewesen. «Ich war rund um die Uhr erreichbar und musste öfters auch in der Nacht ins Spital gehen.» Schneider hatte kaum Freizeit. «Das sind keine Ferien. Das ist jeden Tag Arbeit, und darum geht es auch.» Das Spital sei quasi ihr Zuhause gewesen.

Hygienezustände in Afrika

«Ich habe ein paar Mal leer geschluckt, als ich die Hygieneumstände dort gesehen habe», sagt sie. Das sei nicht mit der Schweiz zu vergleichen. Beispielsweise wurde Material wiederverwendet, wie Scheren oder Bettlaken. «In der Schweiz haben wir Reinigungsteams, die die Zimmer reinigen, nachdem eine Person verstorben ist und bevor der nächste Patient kommt. Das gibt es dort so nicht.» Dass Tiere ab und an im Spital herumliefen, sei auch keine Seltenheit gewesen – vor allem während der Regenzeit, wenn Frösche im Trockenen Unterschlupf suchten. Oder dass auch mal das Wasser im ganzen Gebäude nicht lief, kam häufiger vor. «Ich hatte jedoch nicht das Gefühl, dass es deswegen mehr Infektionen gegeben hat.»

Worauf im Spital in Sierra Leone jedoch penibel geachtet wird, ist, dass ein Gegenstand, welcher in Kontakt mit dem Blut von jemandem kam, nicht mehr verwendet wird. Dies wegen Krankheiten wie HIV oder Hepatitis. Ärzte tragen auch stets Handschuhe bei der Arbeit. 

Auch in diesem Land sei die Sterberate sehr hoch, und es gebe zu wenig Ärzte. «Es ist fast an jedem zweiten Tag ein Kind gestorben.» Das gehe einem nah. «Es ist frustrierend, wenn man weiss, dass man die meisten dieser Kinder in der Schweiz hätte retten können.» Der Tod einiger Kinder habe sie mitgenommen. «Da habe ich auch mal nach Hause angerufen und ein paar Tränen vergossen», sagt sie.

Anaïs Schneider bei ihrer Arbeit im Spital mit den Kindern.
zvg

Jedoch war sie beeindruckt vom Umgang mit dem Tod, den die Menschen dort haben. Denn dieser sei für die Menschen in Sierra Leone und im Spital viel allgegenwärtiger, als er es in der Schweiz ist. Er werde als Teil des Alltags akzeptiert. «Sie kennen Bürgerkrieg und schlimme Krankheiten wie Ebola. Wir haben das Glück, so etwas nie erlebt zu haben.» Sie fügt an:

Es geht schon unter die Haut, wenn man sieht, wie viel Ungleichheit es auf der Welt gibt.

Die begrenzten Möglichkeiten, die Ärzte haben, seien auch in Sierra Leone für Schneider eine Herausforderung gewesen. «Man wird einfach kreativ und lernt sehr viel dadurch.» 

Material im Überfluss

Einen Kulturschock hatte Schneider nicht, als sie ins Ausland ging. Jedoch umso mehr, als sie zurück in die Schweiz kam. «Wir haben hier medizinisches Material im Überfluss» Das Verschwenderische sei ihr aufgefallen. 

«Ich kann mir sicher noch weitere Einsätze vorstellen. Aber momentan bleibe ich in der Schweiz», sagt Schneider, die seit ihrer Rückkehr aus Sierra Leone im Inselspital Bern im Kindernotfall arbeitet. 

Was sie von ihren Auslandseinsätzen mitgenommen hat, ist, die klinischen Untersuchungen  – auf Symptome schauen – mehr in ihren Arbeitsalltag zu integrieren. «Wir lernen das hier in der Schweiz auch, aber wir kommen schnell mal weg davon, weil wir unsere Patienten hier auf alles testen können.» Sie achte nun mehr darauf.

Hilfsorganisationen

Helfen in der Not

Ärzte ohne Grenzen (auch Médecins sans frontières – MSF genannt) ist eine unabhängige Organisation für medizinische Hilfe in Krisen- und Kriegsgebieten. Sie wurde 1971 in Paris gegründet. MSF Schweiz wurde 1981 gegründet. Ärzte ohne Grenzen engagiert sich in 71 Ländern. Im Südsudan, wo Anaïs Schneider zwei Wochen im Einsatz war, ist die Organisation seit 1983 vor Ort. Wie Ärzte ohne Grenzen auf ihrer Website schreibt, sind rund 7,5 Millionen Menschen aus dem Südsudan auf humanitäre Hilfe angewiesen. Wegen wiederholten Kämpfen, Naturkatastrophen, Mangel an sauberem Wasser und hinreichender Grundversorgung sowie der Corona-Pandemie hat die Hilfsorganisation ihre Hilfe im vergangenen Jahr angepasst. 

Swiss Doctors ist ein gemeinnütziger Verein, der medizinische Hilfe in Entwicklungsländern leistet. Ziel des Vereins ist es, durch Bildungsprojekte und medizinische Hilfsprojekte die Gesundheit der Menschen in diesen Ländern zu verbessern. Swiss Doctors wurde 2018 gegründet und ist die Partnerorganisation von German Doctors, welche 1983 gegründet wurde. km

Zur Person

Anaïs Schneider

Anaïs Schneider ist 31 Jahre alt und in der Stadt Freiburg geboren und zweisprachig aufgewachsen. Sie hat an den Universitäten Freiburg und Zürich Medizin studiert. 2015 hat sie ihr Studium abgeschlossen und eine Facharztausbildung in Genf gemacht, die fünf Jahre dauerte. Seit einem Jahr ist sie offiziell Facharzt Kinderärztin. Momentan arbeitet sie auf dem Kindernotfall im Inselspital in Bern. km

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