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Als Friedensbeobachter in Chiapas

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Als Friedensbeobachter in Chiapas

Ralph Stamm erzählt von seinen Erfahrungen und Eindrücken im Süden Mexikos, wo es immer noch brodelt

Im mexikanischen Bundesstaat Chiapas sind Konflikte zwischen Zapatisten und Regierung nach wie vor an der Tagesordnung. Internationale Organisationen wie
Peace Watch Switzerland senden Friedensbeobachter in die Krisengebiete. Ein Erfahrungsbericht.

Von RALPH STAMM*

Beim Stichwort Mexiko kommen uns Urlaub, Hitze und Strand, die indianischen Hochkulturen der Maya und der Azteken, scharfe Tacos und Tortillas und die Metropole Mexiko City in den Sinn. Dass Mexiko jedoch nach wie vor unter einer angespannten innenpolitischen Situation leidet, gerät oftmals in Vergessenheit.

Am 1. Januar 1994 marschierten einige Tausend bewaffnete Indigenas in sieben Städte des südlichsten mexikanischen Bundesstaates Chiapas ein und brachten diese vorübergehend unter ihre Kontrolle. Unter den erstaunten Blicken der Weltöffentlichkeit und im Namen des legendären Revolutionsführers von 1910, Emiliano Zapata, forderten sie die Rechte auf Wohnung, Boden, Arbeit, Nahrung, Gesundheit, Bildung, Unabhängigkeit, Demokratie und Freiheit.

Auch zehn Jahre nach dem Aufstand ist in Chiapas noch kein Frieden eingekehrt. Das 1996 unterzeichnete Abkommen von San Andres über die Selbstbestimmung der Indigenas wurde von der Regierung nie umgesetzt. Immer wieder werden die Zapatisten von paramilitärischen Organisationen oder der Armee schikaniert, bedroht, manchmal sogar entführt oder vertrieben.

Erste Eindrücke

Vor diesem Hintergrund formierte sich eine breite internationale solidarische Bewegung zur Unterstützung der Zapatisten und ihrer Anliegen.
Peacewatch Switzerland beteiligt sich daran, indem es Freiwillige rekrutiert, ausbildet und als Friedensbeobachter in die Konfliktgebiete entsendet.

Um mir selbst ein Bild von der Situation zu machen, schloss ich mich Peace Watch Switzerland an. Im vergangenen Juli reiste ich nach San Cristêbal de las Casas, die grösste damals von den Zapatisten besetzte Stadt, und staunte. Eine freundlich wärmende Morgensonne strahlte mir ins Gesicht. Die Strassen waren sauber und still, während die Zeitungsverkäufer gemütlich ihre Waren ausbreiteten. Die Schuhputzer bedienten ihre ersten Kunden. Ein paar alte Männer sassen auf einer Bank auf dem Zocalo, dem zentralen Platz, und gaben sich dem Nichtstun hin.

Einzig die von den Strassenhändlern feilgebotenen Puppen von Subcomandante Marcos, dem Wortführer der Indigenas, zeugten vom zapatistischen Aufstand. So wurde ich mir erst im Verlaufe der darauf folgenden Tage der nach wie vor angespannten Lage bewusst. Zahlreiche an die Hausmauern gesprayte Parolen der Verzweiflung – «Abren los ojos, estamos mal!» («Öffnet die Augen, es geht uns schlecht!») -, vereinzelt durch die Stadt fahrende Militärlastwagen und tägliche Schlagzeilen über angebliche Sabotageakte der Zapatistischen Nationalen Befreiungsarmee wiesen auf die Auseinandersetzungen hin.

Herzlicher Empfang

Vom Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de las Casas wurde ich zusammen mit einem Italiener und einer Westschweizerin nach Nuevo San Rafael geschickt. Die 15 von den Maya abstammenden Chol sprechenden Familien des kleinen zapatistischen Dorfes nahe der guatemaltekischen Grenze hätten die Präsenz von Friedensbeobachtern am nötigsten, hiess es. Denn der von der Regierung bereits beschlossene «Plan Puebla Panama» zur Erschliessung des Regenwaldgebiets, der Selva Lacandona, ist mit dem dortigen Verbleib der Zapatisten und deren traditioneller Lebensweise nicht vereinbar. Um das Grossprojekt umzusetzen, wurden paramilitärische Truppen formiert, die der Bevölkerung Nuevo San Rafaels schon mehrmals mit Vertreibung gedroht hatten.

Mit diesen Informationen, den nötigsten Lebensmitteln, Taschenmesser, Toilettenpapier und Taschenlampe machten wir uns auf den Weg. Während der sechsstündigen Reise per Bus und Boot passierten wir mehrere Streckenposten der mexikanischen Armee, wurden zweimal angehalten und kontrolliert, konnten die Fahrt jedoch ungehindert fortsetzen. Unsere anfängliche Nervosität verschwand mit dem herzlichen Empfang in der Gemeinde. Vor allem die Kinder waren von unserer Ankunft begeistert und führten uns bereitwillig herum.

Als schwieriger erwies sich der Kontakt zu den Erwachsenen. Sie waren zwar stets freundlich und brachten täglich Tortillas und Brennholz. An ihren täglichen Aktivitäten liessen sie uns jedoch nur ungern teilnehmen und auf unsere Fragen zum Konflikt gaben sie meist nicht längere Antworten als nötig. Zu allgegenwärtig war die Angst, dass Informationen zu den gefürchteten Spionen gelangen könnten.

Nur in Begleitung

Im Dorf durften wir uns nur in Begleitung der Einheimischen bewegen. Wir wurden angewiesen, uns im Campamento, dem eigens für die Friedensbeobachter angefertigten Unterstand nahe des Flusses, aufzuhalten. Im Falle eines unerwünschten Besuchs der Paramilitärs sollten wir per Motorboot das Geschehen beobachten, dokumentieren und fotografieren.

So waren wir froh, als Josué, der charismatische Repräsentant Nuevo San Rafaels, von einem zapatistischen Treffen in das ansonsten komplett von der Umwelt abgeschnittene Dorf zurückkehrte und uns ab und zu über die Hintergründe aufklärte. Von ihm vernahmen wir, dass die Familien vor knapp zwei Jahren bereits zum zweiten Mal aus ihrem Dorf im Norden des Bundesstaates vertrieben worden und in den Urwald geflohen waren.

Schlaflose Nächte

Das fehlende Wissen über die Bedingungen im Urwald führt nach wie vor zu Missernten. Heilbare Krankheiten verlaufen aufgrund der grossen Distanz zum nächsten Spital oftmals tödlich, und die Kindersterblichkeit beträgt beinahe 50 Prozent. Ein Handel mit anderen Gemeinden ist kaum möglich – einer der Gründe, warum noch keine Schule finanziert werden konnte. Entsprechende Hilfsbemühungen von staatlicher Seite werden von der Gemeinde abgelehnt. Laut Josué dient die angebotene Unterstützung nur der Aufstandsbekämpfung, löst jedoch nicht die grundlegenden Probleme.

Ob dieser Fülle von Informationen und Eindrücken kam es ab und zu vor, dass wir Friedensbeobachter schlaflos in unseren Hängematten lagen. Ein paar Mal glaubten wir, in der Ferne Motorboote zu hören. Am Fluss fiel uns jedoch nichts Aussergewöhnliches auf. In Wirklichkeit passierte während den zwei Wochen nichts.

Lohnender Einsatz

Welche Bilanz ziehe ich also aus der Zeit in Nuevo San Rafael? Der Einsatz war meiner Meinung nach absolut gerechtfertigt. Erstens fühlten sich die Einheimischen während dieser Zeit ein wenig sicherer. Und zweitens können die Berichterstattungen der Friedensbeobachter ein Gegengewicht bilden zu den oftmals etwas verfälschten oder einseitigen Darstellungen der meisten mexikanischen Medien.

So trägt die kontinuierliche Präsenz von Friedensbeobachtern in Chiapas einen nicht unwichtigen Teil dazu bei, dass diese Grossprojekte nicht umgesetzt und die indigenen Gemeinden nicht vertrieben werden können. Die lobenden Worte Nelson Mandelas in einer seiner Reden über das internationale Rote Kreuz träfen dementsprechend auch auf die Arbeit der Friedensbeobachter zu: «Es ist nicht so sehr das Gute, dass sie tun, sondern das Schlechte, das sie verhindern.»

* Ralph Stamm ist Student der Gesellscha

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