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Am 14. Juni ist Solidarität gefragt

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Der violette Streik-Button mit dem Venussymbol und der Faust in der Mitte sticht sofort ins Auge. Miche­line Aebischer Schwartz trägt den Anstecker mit Stolz, wie schon vor dreissig Jahren. «Ich bin ein wenig kämpferisch», sagt sie lachend, «dazu stehe ich.» Beim ersten Frauenstreik 1991 kämpfte sie zusammen mit der damaligen SP-Staatsrätin in spe, Ruth Lüthi, und Tausenden anderen Frauen für Gleichberechtigung. Denn auch zwanzig Jahre nach der Einführung des Frauenstimmrechts liessen ihre Rechte mehr als zu wünschen übrig. Der Gleichstellungsartikel in der Verfassung aus dem Jahr 1981 war ohne Gesetz toter Buchstabe.

Geschichte geschrieben

«Hallo Ruth.» – «Hallo Micheline, lang ist es her.» Die Begrüssung der beiden Frauen ist herzlich, als die FN sie treffen. Sie haben mitgeholfen, die Schweizer Emanzipationsgeschichte fortzuschreiben. Das verbindet. Sogleich sind sie mitten im Thema. Micheline Aebischer Schwartz zeigt Ruth Lüthi ein Foto in einem Buch zum Frauenstreik von 1991. «Schau, hier sind die Kindergärtnerinnen verewigt. Sie halten das Plakat, das wir gemacht haben.» – «Ja, es war ein unglaubliches Erlebnis», erwidert Ruth Lüthi. «Die vielen Frauen, die zusammenstanden, junge und alte, Arbeiterinnen und Akademikerinnen, Ausländerinnen und Schweizerinnen. Das Bild vom Python-Platz vergesse ich nicht mehr. Das gab Kraft, das war ein Abenteuer.»

Druck von oben

Am 14. Juni 1991 machte Micheline Aebischer Schwartz ihren Kindergarten in St. Silvester dicht und begab sich auf den Python-Platz. Sie machte sich mit der Forderung auf den Weg, dass Kindergärtnerinnen den gleichen Lohn erhalten sollen wie ihre Kolleginnen und Kollegen auf der Primarstufe. «Die Eltern reagierten kaum, der Schulpräsident sehr wohl», erinnert sich die heute 52-Jährige. «Er schrieb Staatsrat Marius Cottier postwendend einen Brief, dass dieser mich bestrafen solle.» Es drohten ein Tag weniger Lohn und eine Busse. Doch es kam anders: Augustin Macheret folgte Cottier im Amt und hatte ein Einsehen. «Als Geste an die Kindergärtnerinnen liess er die Bestrafung fallen, und auch der Verweis wurde gestrichen. Heute habe ich wieder eine weisse Weste», witzelt Aebischer Schwartz.

Für Lüthi, die als Oberassistentin und Lehrbeauftragte am Psychologischen Institut der Universität Bern arbeitete, war es einfacher, die Arbeit niederzulegen. «Ich hatte einen Chef, der sich sehr für Frauenförderung einsetzte. Persönlich fühlte ich mich als Frau nicht benachteiligt. Mir ging es darum, Solidarität zu bekunden mit den jurassischen Uhrenarbeiterinnen, die den Streik initiiert hatten, und vielen anderen diskriminierten Frauen.»

Breite Unterstützung

Der Streik damals sei parteipolitisch relativ breit abgestützt gewesen, erzählt Lüthi weiter. Sogar bürgerliche Frauen hätte sich einspannen lassen. Auch sei der Frauenstreik von allen Schichten getragen worden, nicht nur vom Mittelstand. «Die männerdominierten Gewerkschaften bekundeten anfangs ein wenig Mühe mit dem Streik, später standen sie aber voll dahinter.» Überhaupt: Viele Männer hätten sich hinter die Frauen gestellt, sagt Aebischer Schwartz. «Als ich damals in einer anderen Angelegenheit zu Notar Hermann Bürgi musste, fragte er mich: Gehst du heute streiken? Ich sagte: Klar. Daraufhin antwortete er: Ich bin so stolz auf dich.» Bürgi erliess ihr die Notariatskosten. Auch die Männer der SP und der Grünen solidarisierten sich mit den Frauen und bügelten auf dem Python-Platz symbolträchtig Kleider.

Nach dem Streik 1991 wurden auf nationaler Ebene einige Forderungen umgesetzt. 1996 kam das Gleichstellungsgesetz, 2002 die Fristenlösung, 2004 die Mutterschaftsversicherung. Im Kanton Freiburg wurde Ruth Lüthi im Dezember 1991 als zweite Frau in der Geschichte Freiburgs in den Staatsrat gewählt. «Ich stand mit drei Männern auf der SP-Liste. Als ich es in den zweiten Wahlgang schaffte, hatte ich schon das Gefühl, dass das mit der Frauenbewegung zu tun hatte», sagt Lüthi rückblickend. Als die damalige CVP-Staatsrätin Roselyne Crausaz aus parteiinternen Gründen zudem im ersten Wahlgang rausgefallen war, rief sie die Wählerinnen und Wähler auf, Ruth Lüthi zu unterstützen.

Eins der ersten Dinge, die im Kanton Freiburg nach dem Frauenstreik und der Wahl von Lüthi umgesetzt wurden, war das neue Lohnbewertungssystem für das Staatspersonal. «Bei Evalfri ging es um die gerechtere Entlohnung von typischen Frauen- und Männerberufen. Plötzlich wurde nicht nur der Kraft ein ökonomischer Wert beigemessen, sondern auch der sozialen Kompetenz», erklärt Lüthi. Dadurch seien die Löhne von Kindergärtnerinnen, Lehrerinnen, Krankenschwestern und Sozialarbeiterinnen gestiegen. Eine weitere Errungenschaft war in den Augen der beiden Frauenrechtlerinnen das Krippengesetz. «Vorher gab es nichts», bemerkt Lüthi.

War es damals für beide Frauen keine Frage, ob sie streiken würden, hat sich dies doch etwas geändert. «Damals war ich voll im Saft», sagt Aebischer Schwartz. «Ich hatte immer ­Alice Schwarzer im Hinterkopf. Sie hat mich durch mein ganzes Frauenleben getragen.» – «Mit der ‹Emma›-Lektüre, gell?», erwidert die 72-jährige Lüthi schmunzelnd.

Und heute?

Werden Lüthi und Aebischer Schwartz also nicht mehr streiken? «Ich bin im Dilemma. Als Staatsangestellte darf ich nicht. Zudem haben wir Lehrpersonen vom Kanton einen Brief erhalten, in dem wir informiert werden, dass es am 14. Juni keine Prüfungen geben soll und dass wir mit den Kindern doch Gender-Themen behandeln sollen.» Sicher werden sie aber um 15 Uhr die Arbeit niederlegen und sich auf den Python-Platz begeben, um mit den anderen Frauen zu streiken. «Zum Glück findet der Protestzug erst um 18.30 Uhr statt. So hat kaum eine Frau eine Ausrede.» Ruth Lüthi wird am 14. Juni in der Innerschweiz an einer Generalversammlung teilnehmen – sie ist notabene die einzige Frau im Vorstand. Ihr Fernbleiben vom Streik kompensiert sie mit der Teilnahme an einer Debatte zur Gleichberechtigung, organisiert von den CVP-Frauen, und mit Medienauftritten.

Erwartet uns also ein zahnloser Streik? Gibt es überhaupt eine berechtigte Hoffnung auf Gleichberechtigung in einem neoliberalen Wirtschaftssystem und angesichts des Aufstrebens rechtskonservativer Parteien in Europa? In einer Zeit, da soziale Ungleichheiten zunehmen, von denen vor allem Frauen betroffen sind? «Schon 1991 forderten wir ­Frauen eine Systemveränderung. Das wurde nicht eingelöst, im Gegenteil», stellt Ruth Lüthi nüchtern fest. An die Kraft der Solidarität glauben sie und Micheline Aebischer Schwartz dennoch.

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