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Angst verhinderte mehr Offenheit

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Angst verhinderte mehr Offenheit

Sprachenartikel als zentraler Punkt des 1. Titels des Verfassungsentwurfs

Die Sprachenfrage gehörte zu den sensibelsten Punkten, die es im Rahmen der neuen Verfassung zu regeln galt. Die Formulierung wurde mehrmals umgekrempelt. Die jetzt vorliegende Fassung enthält mehrere wesentliche Neuerungen wie die Anerkennung gemischtsprachiger Gemeinden. Das umstrittene Territorialitätsprinzip wird aber weiterhin explizit erwähnt.

Von WALTER BUCHS

Noch bevor der Verfassungsrat seine Arbeit aufnahm, war klar, dass dem Thema Sprachen eine besondere Aufmerksamkeit und Brisanz zukommt. Trotzdem gelang es der zuständigen Sachbereichskommission, sachlich und unbefangen an die Arbeit zu gehen. Ihr Ziel war es, mit dem neuen Verfassungstext eine Haltung auszudrücken, die einerseits vom gegenseitigen Respekt der beiden Sprachgemeinschaften zeugt und andererseits die Zweisprachigkeit nicht als latente Bedrohung für den Kanton und seine Bevölkerung, sondern als Bereicherung darstellt.

Fortschritte trotz Mängeln

In diesem Sinne hatte die Kommission anfangs 2002 entsprechende Thesen vorgeschlagen, die bei einer ersten Behandlung im Plenum auch gutgeheissen wurden. Diese Formulierungen zeugten von Toleranz und Entkrampfung und hätten es dem Kanton erlaubt, zu einem Modell der Zweisprachigkeit in der Schweiz und sogar für Europa zu werden. Im Laufe der drei Lesungen des Vorentwurfs erfuhr die ursprüngliche Fassung so starke Veränderungen, dass sie heute kaum mehr zu erkennen ist.

Die wichtigsten Bestimmungen über die Sprachen sind im Artikel 6 enthalten. Drei Grundsätze, die 1990 in die Verfassung aufgenommen wurden, werden beibehalten: Französisch und Deutsch sind gleichwertige Amtssprachen; Gebrauch der Amtssprachen nach dem Territorialitätsprinzip; Auftrag an den Staat, die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften zu förden.

Der Vorschlag wird mit drei neunen Vorgaben ergänzt: Das Territorialitätsprinzip, das bisher sehr unterschiedlich interpretiert wurde, wird mit dem Wortlaut der Bundesverfassung definiert; Möglichkeit für eine Gemeinde, über beide Amtssprachen zu verfügen. Voraussetzung ist allerdings, dass eine «bedeutende angestammte sprachliche Minderheit» vorhanden ist. Der Staat wird zur Förderung der Zweisprachigkeit verpflichtet. Im Kapitel «Grundrechte» wird zudem neu die Sprachenfreiheit gewährleistet, was bedeutet, dass jene, die sich «an eine für den ganzen Kanton zuständige Behörde wenden, dies in der Amtssprache ihrer Wahl können. Das Kapitel «Öffentliche Aufgaben» erhält eine letzte Sprachbestimmung. Sie besagt, dass im Grundschulunterricht die erste Fremdsprache die andere Amtssprache sein muss.

Bestehende Divergenzen

Der Begriff «Territorialitätsprinzip» wurde im Sinne eines Kompromisses während der ersten Lesung wieder in den Entwurf aufgenommen, um namentlich die französischsprachige Bevölkerung zu beruhigen. Für viele ihrer Exponenten ist dieser Grundsatz eine Voraussetzung für den Sprachenfrieden. Für viele Deutschsprachige zeugt diese Haltung von unbegründeter Ängstlichkeit. Sie weisen zudem darauf hin, dass das Territorialitätsprinzip in gemischtsprachigen Gebieten gar nicht anwendbar sei und genau in dieser Zone brauche es Regelungen für die Sprachenfrage. Aus der Sicht Deutschfreiburgs wird zudem sehr bedauert, dass die neue Verfassung den Kanton nicht explizit als zweisprachig präsentiert.

In Anbetracht der ursprünglichen Erwartungen und Forderungen der Exponenten der beiden Sprachgemeinschaften ist der jetzt in einem einzigen Artikel zusammengefasste Text ein Kompromiss, wie er bei vielen anderen wichtigen Themen auch geschlossen werden musste. Beide Seiten sind Konzessionen eingegangen. Wie bei kaum einem anderen Thema hat der Verfassungsrat bis zum letzten Tag um die endgültige Formulierung gerungen, dessen Neuerungen zweifellos ein Schritt in die richtige Richtung sind.

Ziele und Grundsätze

Neben der Sprachenfrage ist die Auflistung der Staatsziele der zweite wesentliche Artikel des Abschnitts «Allgemeine Bestimmungen» des Verfassungsentwurfs (Art. 3). Unter den acht Staatszielen befinden sich klassische Begriffe wie Gerechtigkeit und soziale Sicherheit und neuere Zielsetzungen wie Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung. Zudem wird die «Anerkennung und Unterstützung der Familien als Grundgemeinschaften der Gesellschaft» im Grundgesetz verankert. Als weiteres Staatsziel ist schliesslich «der kantonale Zusammenhalt unter Achtung der kulturellen Vielfalt» als besondere Identität des Kantons Freiburg aufgeführt.

Ausdrücklich erwähnt wird allerdings, dass dem staatlichen Handeln Grenzen gesetzt sind. Danach hat er namentlich die Freiheit und Verantwortung des Menschen und somit das Subsidiaritätsprinzip zu achten.

Im Gegensatz zur geltenden Verfassung wird dem zur Abstimmung unterbreiteten Entwurf eine Präambel vorangestellt. In diesem «Tor zur Verfassung» werden die Grundlagen abgesteckt, wird die Zielrichtung aufgezeigt, nach denen sich der Staat bei der Anwendung seines Rechts ausrichten will. Wie namentlich auch im Rahmen der Vernehmlassung ausdrücklich gewünscht, enthält dieser einleitende Kurztext einen Bezug zu höheren Werten, zu Gott.
Für die Minderheit zentral

Die Art, wie die Sprachenfrage in der Verfassung behandelt wird, ist für einen zweisprachigen Kanton und vor allem auch für uns deutschsprachige Minderheit zentral. Sind wir als bedeutende Minderheit, die einen Drittel der Bevölkerung umfasst, als gleichberechtigt anerkannt und sind unsere Anliegen angemessen berücksichtigt? Die Frage wurde im Verfassungsrat des Langen und Breiten diskutiert.

Die jetzige Formulierung ist ein Kompromiss, der nicht voll befriedigt, aber im Vergleich zur Verfassungsrevision von 1990 einen echten Fortschritt bedeutet. Warum? Deutsch und Französisch sind als gleichberechtigte Amtssprachen anerkannt. Die Förderung der Zweisprachigkeit und auch des Verständnisses unter den Sprachgemeinschaften ist verankert. Zweisprachige Gemeinden sind ausdrücklich möglich. Das Territorialitätsprinzip, dessen Beibehaltung von der französischsprachigen Mehrheit mit viel Emotionen gefordert wurde, hat einige Interpretationsschranken erfahren.
Neu ist auch die Sprachenfreiheit in der Verfassung verankert. Es ist fraglich, ob im Falle einer Ablehnung der Verfassung ein besserer Vorschlag eine Chance hätte. Deshalb lieber diesem Kompromiss, der einen Fortschritt bedeutet, zustimmen als mit der wirklich unbefriedigenden Lösung von 1990 weiterfahren.

Moritz Boschung,
Verfassungsrat CVP, Düdingen
Wo stehen wir?

«Wir, das Volk des Kantons Freiburg,

die wir an Gott glauben oder unse-
re Werte aus anderen Quellen schöpfen, . . . »

Eine Präambel sagt, wo ein Volk bei der Abfassung einer Verfassung steht. Soll die Präambel einer modernen Verfassung Gott anrufen? Vor dieser Frage stand der Verfassungsrat. Die Meinungen waren geteilt. Stehen wir alle vor Gott? Und was ist mit denen, die nicht an Gott glauben?

Der Verfassungsentwurf fand eine weise Lösung. Für die Gläubigen
ist Gott Quelle des Lebens, der Wahrheit und aller Werte. Es glauben aber nicht alle an Gott. Darum sagt der Verfassungsentwurf, alle stehen auf dem Boden von demokra

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