Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

«Arbeitslose anstellen gilt nicht als sexy»

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Seit 20 Jahren unterstützen die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren RAV des Kantons Freiburg Arbeitslose bei der Stellensuche. Die FN haben dem Jubiläum eine Artikelserie gewidmet und sprechen zum Abschluss mit Charles de Reyff, dem Vorsteher des kantonalen Amtes für den Arbeitsmarkt.

Charles de Reyff, das Bundesparlament hat kürzlich den Inländervorrang light beschlossen. Wie wird sich dieser auf die RAV im Kanton Freiburg auswirken?

Ich habe noch keine Ahnung. Der Entscheid ist gefallen, jetzt kommt die operationelle Phase. Der Bundesrat und das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO müssen den Inländervorrang konkretisieren und uns Anweisungen geben, wie wir ihn in der Praxis umsetzen sollen.

Die Meldepflicht von freien Stellen der Arbeitgeber wird den RAV aber sicher mehr Arbeit bringen?

Ja, vermutlich. Aber wir müssen im Kanton Freiburg nicht bei Null anfangen; wir haben bereits einen engen Kontakt zu den Arbeitgebern und eine Vermittlungszentrale. Das Dispositiv steht, das ist nicht in allen Kantonen so.

Bedeutet der Inländervorrang Ihrer Meinung nach einen Vorteil für die Freiburger Arbeitslosen?

Theoretisch schon, weil gewisse Arbeitgeber verpflichtet sein werden, uns freie Stellen zu melden. Wir können ihnen also die Dossiers von passenden Arbeitssuchenden geben. Gleichzeitig ist Freiburg ein Kanton mit einer sehr tiefen Arbeitslosenquote, man kann fast von einer Vollbeschäftigung sprechen. Drei Viertel der Arbeitslosen finden innerhalb von sechs Monaten eine Stelle. Das bedeutet, dass jene Leute, die länger arbeitslos sind, ein schwieriges Profil haben.

Welche Leute haben es zurzeit auf dem Arbeitsmarkt am schwersten?

Junge Arbeitslose, Leute über 50 Jahre und jene ohne oder mit nur wenig Bildung. Die Desindustrialisierung ist auch immer wieder Thema. Bei der Schliessung der Firma Boxal beispielsweise wurden viele Leute arbeitslos, die jahrelang dort gearbeitet haben. Sie waren sehr kompetent in ihrem Bereich, es war aber schwierig, sie anderswo einzusetzen. Anderseits entwickelt sich die Pharma-Branche stark und dort braucht es nicht nur Leute mit Doktortiteln, sondern auch solche, die einfachere Arbeiten erledigen.

Spüren Sie die Flüchtlingswelle der vergangenen Jahre auf dem Arbeitsmarkt bereits?

Nein, noch nicht. Wir sehen aber, dass die Integrationsklassen für junge Migranten explodieren. Die jungen Leute können die Sprache nicht und haben einen ganz anderen kulturellen Hintergrund. Sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren ist nicht einfach, das werden wir künftig noch spüren.

Welche weiteren Herausforderungen sehen Sie für die RAV und das Amt?

Die Arbeitslosenquote ist zwar stabil, aber die effektive Zahl der Arbeitslosen nimmt mit dem Bevölkerungswachstum zu. Ende 2015 waren im Kanton beispielsweise 9000 Menschen arbeitslos, das war ein Rekord. Die Zunahme stellt uns vor logistische Herausforderungen, so haben wir in den vergangenen fünf Jahren 20 neue Stellen geschaffen. Diese werden übrigens via Arbeitslosenversicherung durch den Bund finanziert, der Personalstopp des Kantons hat sich auf uns also nicht ausgewirkt. Eine weitere Herausforderung wird sein, die Dauer der Arbeitslosigkeit möglichst kurz zu halten. Sie ist in den letzten Jahren leicht angestiegen und liegt im Schnitt bei 160 Tagen. Die dritte Herausforderung wird die bereits angesprochene Umsetzung des Inländervorranges light sein.

Blicken wir anlässlich des Jubiläums noch etwas zurück: Welches waren die Meilensteine der vergangenen 20 Jahre beim Amt und bei den RAV?

Das System hat sich von einem passiven zu einem aktiven entwickelt. Gingen die Leute früher einfach stempeln, werden sie heute begleitet und sie sind verpflichtet, Arbeit zu suchen. Auch gibt es viele Massnahmen wie Sprachkurse oder Weiterbildungen, damit sie ihre Kompetenzen verbessern und ihren Wert für den Arbeitsmarkt steigern können. Wir haben spezielle Programme für junge Arbeitslose entwickelt und auch für die Leute über 50. Um Arbeitgeber zu motivieren, Arbeitslose anzustellen, bezahlen wir in gewissen Fällen in den ersten drei Monaten die Hälfte des Lohnes. All das gab es vor 20 Jahren noch nicht.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern generell?

Wir arbeiten gut mit den Arbeitgebern zusammen und haben Vertrauen geschaffen, aber einfach ist es nicht. Einen Arbeitslosen anzustellen, gilt bei vielen nicht als sexy. Ich stelle aber fest, dass jüngere Arbeitgeber offener sind. Ich nehme immer folgendes Beispiel: Ein Grossvater, der in jungen Jahren eine Firma gegründet hat, hätte nie einen Arbeitslosen angestellt, weil er dachte, das seien alles Trinker und Taugenichtse. Sein Sohn hat die Firma übernommen, die Krise erlebt und weiss, dass Arbeitslosigkeit nicht immer selbst verschuldet ist. Das Enkelkind, das die Firma nun führt, war selbst eine Zeit lang arbeitslos. Deshalb sind junge Unternehmer bereit, Arbeitslose anzustellen.

Dabei hört man doch immer, dass der soziale Aspekt in der Arbeitswelt verloren geht …

Einen Arbeitslosen anzustellen ist kein sozialer Akt! Arbeitslose sind meist kompetente Leute, die einer Firma viel bringen. Nehmen wir das Beispiel der Firma Ilford: Die Leute haben ihre Stelle verloren, weil die Firma Konkurs ging, nicht weil sie schlecht gearbeitet haben. Ein ehemaliger Ilford-Ingenieur arbeitet heute als RAV-Berater bei uns, er leistet super Arbeit. Oder wir haben eine Sekretärin angestellt, deren Nachnamen nicht Müller oder Meier lautet. Sie hatte deshalb keine Stelle gefunden, ich würde sie heute nicht mehr hergeben. Natürlich gibt es auch die schwierigen Fälle, dafür arbeiten wir mit dem Sozialdienst oder der Invalidenversicherung zusammen. Seit 2013 gibt es beispielsweise den kantonalen Integrationspool Plus; dort werden diese Menschen eng begleitet. 40 Prozent von ihnen können wir vermitteln.

Solche Massnahmen kosten sicherlich.

Der Pool kostet Kanton und Gemeinden 700 000 Franken pro Jahr, 200 Menschen profitieren davon. Wenn wir 40 Prozent davon vermitteln, heisst das, dass diese Menschen es aus der Sozialhilfe heraus schaffen. Am Ende kann die Öffentlichkeit so enorm viel Geld sparen.

Die RAV hat in diesem Jahr das Jubiläum mit verschiedenen Anlässen gefeiert. Haben Sie Ihre Ziele erreicht?

Wir haben die genaue Bilanz noch nicht gezogen, aber ja, wir haben unsere Ziele erreicht. Wir haben unsere Visibilität verbessert und konnten hoffentlich das Image der Arbeitslosen verbessern. Auch konnten wir viele Kontakte zu Arbeitgebern knüpfen, was wichtig ist für die Zukunft.

Welche Entwicklungsmöglichkeiten sehen Sie in Bezug auf die RAV für die kommenden Jahre?

Viele Strukturen und Massnahmen sind da und funktionieren gut. Was wir verbessern können, sind Präventionsmassnahmen bei jungen Leuten, um Arbeitslosigkeit zu verhindern. Mit unserem scheidenden Chef, Ständerat Beat Vonlanthen, haben wir einen guten Kontakt zu Bundesbern. Was ich mir auch wünsche, ist, dass die Leute die Angst verlieren, auf die RAV zu kommen. Arbeitslosigkeit kann heute jeden treffen, man muss sich deswegen nicht verstecken.

Zur Serie

Arbeitsvermittlung im Fokus

Die FN haben das 20-Jahr-Jubiläum der Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) zum Anlass genommen, um deren Arbeit näher zu beleuchten. Wie läuft ein Tag in einem RAV ab? Welche Menschen arbeiten dort? Wie sehen die Pflichten von Arbeitssuchenden aus? Was sind die aktuellen Herausforderungen? Diesen Fragen sind die FN im vergangenen Jahr in einer losen Artikelserie auf den Grund gegangen. Das Interview mit Charles de Reyff, dem Vorsteher des Amtes für den Arbeitsmarkt, bildet den Abschluss der Serie.

mir

Meistgelesen

Mehr zum Thema