Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Haben Sprachen Augen?

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Freiburg ist ja nicht der einzige zweisprachige Kanton in der Region, auch Bern hat mit dem Berner Jura und Biel je einen frankofonen bzw. zweisprachigen Bezirk. Nach längerer Pause steht im November wieder eine Abstimmung zur Kantonszugehörigkeit französischsprachiger Landesteile des Kantons Bern an: Die Stimmberechtigten des französischsprachigen Verwaltungsbezirks Berner Jura werden darüber entscheiden, ob die rund 50 000 Bewohner in Zukunft weiterhin zum Kanton Bern oder neu zum immer noch relativ jungen Kanton Jura gehören wollen. Die Emotionen gehen diesmal längst nicht mehr so hoch wie im langen Vorfeld der Abstimmung von 1974, die zur Gründung des Kantons Jura führte. Von der zum Jura tendierenden Seite werden wohl weder Rathaustüren vermauert noch Denkmäler gestürzt, und der Kanton Bern zapft mit grosser Wahrscheinlichkeit keine schwarzen Kassen mehr an, um die Bern-treue Propaganda zu alimentieren.

Das heisst wiederum auch nicht, dass Bern einfach seine Hände in den Schoss legt. Vielmehr demonstrieren Kantonsvertreter aktuell ihre Verbundenheit mit dem verbliebenen französischsprachigen Kantonsteil. An dieser Stelle soll jedoch nicht für die eine oder die andere Lösung geworben werden, auch wenn ich mehrsprachige Gebiete grundsätzlich interessanter und sympathischer finde als sprachliche Monokulturen–ungeachtet der Einwände von Enthusiasten verwaltungstechnischer Effizienz. Vielmehr interessiert hier eine Passage aus der Pressemeldung des bernischen Erziehungsdirektors Pulver zur Entwicklung des Status des Berner Juras. Gemäss einer weit im helvetischen Osten erscheinenden Zeitung beabsichtigt die Berner Regierung unter anderem, ihren «frankofonen Blick» in Zukunft noch vermehrt anzuwenden. Dieser Begriff liess den Lesefluss stocken, und eine Kaskade von Fragen stellte sich: Wo ist der Zusammenhang von Optik und Sprache? Haben denn Sprachen auch Augen? Schauen die Augen von Deutschsprachigen grundsätzlich anders als diejenigen von Französischsprachen? Wie ist der Blick von zwei- oder mehrsprachigen Personen? Oder liess sich da ein Redenschreiber gar vom schundromanhaften «Seine Augen sprachen eine deutliche Sprache» leiten?

Erst der Originaltext klärte die offenen Fragen: Der Regierungsrat benutzte an der Pressekonferenz in Wahrheit die französische Form «regard francophone», was in seiner Bedeutung über den deutschen «Blick» hinausgeht und auch Aufmerksamkeit oder Sensibilität beinhalten kann und hier wohl bedeutet, dass bei Amtsgeschäften immer auch die Konsequenzen für den französischsprachigen Kantonsteil bedacht werden sollen. Erst die womöglich wohlgemeinte Übersetzung schaffte Unklarheiten.

Die auch in Bern vorhandenen bösen Zungen mäkeln allerdings, dass die Sensibilität gegenüber der französischen Sprache, insbesondere in der Sprachausbildung, auch nicht mehr das sei, was sie früher vielleicht gar nie gewesen sei. Wie wahrhaftig die bernischen Beteuerungen zum zweisprachigen Kanton nun auch immer sein mögen, jedenfalls will sich keine klare Erinnerung an einen freiburgischen Staatsrat einstellen, der seinen «regard germanophone» proklamiert hätte. Aber in diesem, dem anderen Brückenkanton standen schliesslich auch noch keine vergleichbaren Abstimmungen wie in Bern an.

Boris Bollerist Ethnologe. Er studierte, lebte und arbeitete lange in Freiburg. Nun interessiert er sich von Bern aus für die Belange der Zweisprachigkeit und pendelt zwischen den beiden Städten. Als Gastkolumnist macht sich Boris Boller in den FN regelmässig Gedanken zur Zwei- und Mehrsprachigkeit.

Meistgelesen

Mehr zum Thema