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Vom Todesstreifen zur Lebenslinie

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Früher lebte Stefan Perach am Ende der Welt. Heute mitten in Deutschland. Der Alte Bahnhof Heyerode, den Stefan Perach als Landgasthof betreibt, liegt im ostdeutschen Thüringen, gleich an der Grenze zum westdeutschen Hessen. Zum Bahnhof führen keine Geleise mehr: Diese wurden 1968 unter dem Regime der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) herausgerissen.

Die Gleise mussten weichen, weil sie auf 1,3 Kilometern westdeutsches Gebiet querten. Die DDR erachtete die Gefahr, dass Grenzgänger mit dem Zug nach Westdeutschland flüchten könnten, als zu gross. «Das Leben damals war hüben wie drüben der Grenze sehr schwierig», sagt Perach. Die Thüringer und die Hessener lebten nach dem Zweiten Weltkrieg, nach der Teilung in Ost- und Westdeutschland, plötzlich im Grenzgebiet–im Abseits. Der Alte Bahnhof lag im sogenannten Schutzstreifen, der fünf Kilometer breit war. «Ohne Passierschein konnten wir nicht einmal ernten, und auch so nur unter Aufsicht», sagt Stefan Perach.

Das Grüne Band

Heute sind West- und Ostdeutschland wieder vereint, und so liegt der Alte Bahnhof wieder im Herzen Deutschlands. Die Pension eignet sich als Ausgangspunkt für Wander- und Radferien. Denn nicht nur die Wirtschaft lag in Zeiten des Kalten Krieges in der Region brach–auch die Natur: So wie Hessen und Thüringen getrennt waren, führte ein 1400 Kilometer langer Zaun durch ganz Deutschland. Im Sperrgebiet fanden nach der Öffnung mehr als 1200 Tier- und Pflanzenarten der Roten Liste der gefährdeten Arten einen Rückzugsraum: Nach der Wende 1989 wurde der innerdeutsche Grenzstreifen vor Überbauungen bewahrt, und so schlängelt sich heute ein grünes Band durch ganz Deutschland. Einzigartige Busch- und Waldparadiese, Sümpfe und Heiden bilden ein System verschiedener Lebensräume. So entwickelte sich in den vergangenen 25 Jahren eines der grössten Naturschutzprojekte Europas.

Durch Thüringen geht mit 763 Kilometern der längste Abschnitt des Grünen Bandes. Und durch dieses Naturreservat ziehen sich unzählige Kilometer von Rad- und Wanderwegen. Aktivferien steht hier nichts im Wege. Auch wer mit dem Auto die Landschaft erkundet, kommt auf seine Kosten. Die Thüringer Städtchen sind sehr gut erhalten: Fachwerkhäuser prägen die alten Dorfkerne. Während der Zeiten der DDR fehlte das Geld, um alte Gebäude abzureissen und Neubauten zu erstellen. Nach 1989 wurden die historischen Häuser mit Fördergeldern saniert.

Wer sich für die Geschichte des Kalten Krieges interessiert, stösst immer wieder auf Zeichen der innerdeutschen Grenze. So erinnern Gedenktafeln an das getrennte Deutschland, und einige Grenztürme der DDR sind erhalten geblieben und mit Informationstafeln ausgestattet.

Zudem erzählen die Thüringer und Hessener bereitwillig aus den Zeiten der DDR. Stefan Heuckeroth-Hartmann, der sich für das Grenzmuseum Schifflersgrund engagiert, erinnert sich, wie er aus dem Westen Kontakt mit der Familie im Osten aufnahm. «Ihnen war Blickkontakt verboten. Wenn wir an der Grenze waren, gingen sie ans Küchenfenster und hielten ein Taschentuch an die Augen–so wussten wir, dass sie uns gesehen hatten.»

«Das war der Wahnsinn»

 Michael Geyer von der Stockmanufaktur Geyer in Lindewerra führt das Unternehmen in fünfter Generation. «Wir waren auch in der DDR ein Familienbetrieb–und wir waren stolz darauf», sagt der 44-Jährige. 98 Prozent der Stöcke–darunter jener von Dr. House aus der gleichnamigen Fernsehserie–gingen via die Aussenhandelsgellschaft der DDR ins Ausland. Vater Wolfgang Geyer holte am Schlagbaum die Lastwagen ab, füllte sie, und brachte sie wieder zum Schlagbaum. Der 66-Jährige erinnert sich gerne an 1989, als die Mauer fiel: «Das war der Wahnsinn.» Nach der Öffnung hätten sie ein Vierteljahr nur gefeiert. «Mir kommen noch heute die Tränen, wenn ich daran zurückdenke.»

Letzten Samstag ist bereits das Magazin «Eine Reise in die deutsche Geschichte» aus Thüringen erschienen. Diese Seite entstand mit Unterstützung der Thüringer Tourismus GmbH und der Hessen Agentur GmbH.

Deftige Küche und Martin Luther

Fachwerkhäuser prägen das Stadtbild von Erfurt. Die Landeshauptstadt von Thüringen hat einen gut erhaltenen, mittelalterlich geprägten Altstadtkern.

Zum Abschluss der Aktivferien in Thüringen und Hessen (siehe Text oben) lohnt es sich, zwei, drei Nächte in Erfurt abzusteigen. Aber auch ein verlängertes Wochenende ist durchaus machbar: Erfurt ist mit dem Zug von Freiburg aus in sieben Stunden erreichbar.

Die Landeshauptstadt des Freistaates Thüringen mit 20 000 Einwohnern ist mit ihrem rund drei Quadratkilometer grossen, mittelalterlich geprägten Altstadtkern gut zu Fuss erkundbar. Rund 25 Pfarrkirchen und unzählige Fachwerkhäuser prägen das Stadtbild. Cafés und Restaurants mit deftiger Thüringer Küche locken zum Verweilen.

Speziell ist die Krämerbrücke: Sie führt über eine Furt und war Teil des west-östlichen Handelsweges Via Regia. Auf der Brücke boten Erfurter den durchziehenden Händlern Krämerware an und bauten erst Holzhäuser, später Fachwerkgebäude. Wer über die Brücke spaziert, wähnt sich in einer normalen Gasse.

Eine weitere Sehenswürdigkeit ist der gewaltige Erfurter Dom. Und nicht zuletzt wird sich im Martin-Luther-Jahr 2017 ganz Erfurt daran erinnern, dass die Stadt als geistige Heimat Luthers gilt: Hier hatte er studiert, sein Gelübde als Mönch abgelegt und seine erste Messe gehalten. njb

Ein Gefängnis wird zur Gedenkstätte

Zu einem Ausflug nach Erfurt gehört der Besuch der Bildungs- und Gedenkstätte Andreasstrasse. Sie erinnert an die Zeit der DDR und der Staatssicherheit.

Die engen Zellen sind karg eingerichtet. Die Bettgestelle aus Metall und die dünnen Matratzen hinter den Gefängnistüren lassen das Elend derer erahnen, die hier in Zeiten der DDR eingeschlossen wurden: An der Andreasstrasse in Erfurt betrieb das Ministerium für Staatssicherheit der DDR–kurz Stasi genannt–eine Untersuchungshaftanstalt. Mehr als 5000 Personen wurden dort insgesamt inhaftiert.

Heute ist das Gebäude eine Bildungs- und Gedenkstätte. Die Andreasstrasse soll ein Erinnerungsort sein, der Unterdrückung und Befreiung verbindet. Er erinnert an die Opfer der Diktatur der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), aber auch an die erste Besetzung einer Stasi-Bezirksverwaltung 1989.

«Haft, Diktatur, Revolution», die Schlagworte der Ausstellung sind Programm: Im zweiten Stock beginnt der Rundgang im Zellentrakt. Zeitzeugen erzählen ab Band, warum sie inhaftiert worden sind und wie sie oft ganze Tage lang vernommen wurden. Die Häftlinge wussten nicht, wo sie sich befanden: Die Fenster sind aus undurchsichtigen Glasbausteinen, es gibt keine Sicht nach draussen.

Im ersten Stock zeigt die Ausstellung gesellschaftliche Zusammenhänge und politische Hintergründe zur SED-Diktatur und ihrem Einfluss auf das Leben der Menschen in Thüringen. Am Ende des Rundgangs steht im Erdgeschoss die Überwindung der SED-Diktatur. Dass Zivilcourage der Bürgerinnen und Bürger dazu beigetragen hat, das Regime friedlich zu stürzen, ist eine wichtige Botschaft der Gedenkstätte Andreasstrasse. Im Zentrum steht der 4. Dezember 1989, als Erfurterinnen und Erfurter die Stasi-Zentrale besetzten: Es war die erste Besetzung einer Bezirksverwaltung der Staatssicherheit in der DDR. njb

Bildungs- und GedenkstätteAndreasstrasse,Erfurt. Di. und Do. jeweils 12 bis 20 Uhr. Fr., Sa. und So. jeweils 10 bis 18 Uhr. An Feiertagen geschlossen. Eintritt 2 Euro.www.stiftung-ettersberg.de/andreasstrasse

Ein grünes Band zieht sich von Nord nach Süd durch ganz Deutschland–hier zwischen Hessen und Thüringen. Bild Klaus Leidorf/zvgEine Gedenktafel an das getrennte Deutschland und ein Trabi erinnern an die Geschichte. Heute prägen eine grüne Landschaft und gut erhaltene Dorfkerne mit Fachwerkhäusern das Grenzgebiet von Thüringen und Hessen.Der Eingang zum Zellentrakt.

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