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«Auch ein schwieriges Temperament kann man zähmen»

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Autor: Irmgard Lehmann

Professor Bodenmann, was hat Sie nach Zürich gelockt?

Es war vor allem der Wunsch, nach vielen Jahren hier in Freiburg eine neue Herausforderung zu suchen und neue Aufgaben zu übernehmen. In unserem Fach ist ein Professor bis zum 50. Altersjahr berufungsfähig, und daher musste ich jetzt die Weichen stellen.

Wie lautet die Bilanz nach 20 Jahren in Freiburg?

Sie ist sehr positiv. 1995 begann das Ganze klein und überschaubar und jetzt zählt das Familieninstitut 12 Räume mit rund 23 Mitarbeitenden. Zurzeit laufen drei grosse Nationalfondsprojekte.

Und es gelang vor allem, die Prävention bei Paaren (mit Paarlife) und für Eltern (mit Triple P) nachhaltig im Kanton aufzubauen. Das Familieninstitut wird auch weiterhin in Freiburg bleiben.

Zürich bietet Ihnen neue Forschungsmöglichkeiten – Welche?

Ich möchte künftig mehr neuropsychologische Forschung bei Paaren machen, z. B. Paare mittels Computertomografie untersuchen, d. h. ihre Hirnaktivitäten erforschen, während sie beispielsweise die Anweisung erhalten, an ihren Partner zu denken. Es wäre interessant zu sehen, welche Hirnareale dabei bei wem aktiviert werden (z. B. Ärger-Areal, Lust-Areal etc.).

Weiter gedenke ich, die Schnittstelle zwischen Partnerschaftsforschung und der Entwicklung von Kindern/Jugendlichen weiter auszubauen.

Wie wirkt sich die Partnerschaftsqualität der Eltern oder deren unterstützender Umgang untereinander auf die Entwicklung der Kinder aus, wie können Scheidungsfolgen für Kinder präventiv besser aufgefangen werden und was können wir für Geschiedene tun.

1991 ist Ihnen mit Ihrer Stressstudie bei Paaren quasi der Durchbruch gelungen. Das Experiment mit Paaren war weltweit einzigartig und hat international grosse Resonanz gefunden. Im Labor haben Sie Paare künstlich gestresst. Wie ging das genau vor sich?

Wir gaben Paaren vor, dass wir ihre «Paarintelligenz» untersuchen wollten. In Wirklichkeit war es ein Stresstest, bei welchem wir die Kommunikation des Paares vor und nach der Stressinduktion analysierten. Wir stellten fest, dass sich die Kommunikation unter Stress bei denselben Paaren um 40 Prozent verschlechterte.

Neben Fragebögen und Verhaltensbeobachtungen hatten wir in den Stühlen auch Bewegungsmelder eingebaut, um die Stressmotorik zu messen. Es war eine sehr spannende Studie.

Mit Ihren Forschungsschwerpunkten sind Sie voll am Puls der Zeit – zumal die Scheidungsrate in der Schweiz zurzeit bei 53 Prozent liegt. Wo sehen Sie die Gründe?

In den Grossstädten wie Berlin oder Wien liegt die Quote gar bei 60 Prozent. Die Gründe: Zum einen geht die Verbindlichkeit zusehends verloren. Partnerschaften sind von der gleichen Wegwerfmentalität geprägt, wie sie generell in unserer Gesellschaft zu finden ist. Die Erwartungen an eine Partnerschaft sind heute sehr hoch, und der Wille, auch schwierigere Zeiten durchzustehen, ist häufig schwach.

Aber Verhalten oder Kompetenz ist doch letztlich auch eine Frage des Charakters?

Ich bin überzeugt, dass man auch ein schwieriges Temperament des Partners zähmen kann. Mit Präventionsprogrammen für Paare ist diesbezüglich einiges zu erreichen. So zeigt eine neuere Studie, dass sogar 12 Jahre nach der Teilnahme an einem solchen Training die Scheidungsrate um ein Drittel tiefer war als bei der Vergleichsgruppe.

Heute erleichtert vorab das gesellschaftliche Umfeld eine Scheidung.

Richtig. Der «Markt» an potenziellen Partnern ist gross. Das Internet und Partnerwahlinstitute bieten leichten Zugang zu einem Partner, die Wirtschaftslage ist gut, das Scheidungsrecht stellt kein Hindernis mehr dar, man kann sich kostengünstig per Internet scheiden lassen, die Werte bezüglich Sexualität und Ehe sind liberalisiert, die Anonymität in der Gesellschaft nimmt zu. All dies sind scheidungserleichternde Faktoren.

Denken Sie, dass die Scheidungsrate weiterhin steigen wird?

Im Moment schon. Es kann gar so weit kommen, dass diejenigen, die ein Leben lang zusammen sind, zu den Exoten gehören werden. Wenn statistisch mehr Paare scheiden als zusammenbleiben, wird das lebenslange Zusammenbleiben zu einem Randphänomen.

Letztlich definiert die Statistik, was in der Gesellschaft als normal angesehen wird.

Doch insgesamt denke ich, dass das Pendel früher oder später wieder in die andere Richtung umschlagen wird. Denn das Bedürfnis nach stabiler Partnerschaft, Geborgenheit und Sicherheit ist ein Grundbedürfnis des Menschen. Und das stillt man immer noch am besten in einer langjährigen Paarbeziehung.

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