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Auf dem Weg zum modernen Recht

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Ende 2007 hat René Pahud de Mortanges, Professor für Rechtsgeschichte und Kirchenrecht an der Universität Freiburg, seine «Schweizerische Rechtsgeschichte» vorgelegt. Das Buch spannt den Bogen von der Alten Eidgenossenschaft bis zu neuen Rechtsgebieten wie dem Arbeits- und Sozialrecht oder der Gleichstellung der Geschlechter.
Auf dem Weg zum modernen Recht
Kathrin utz tremp
René Pahud de Mortanges, Professor für Rechtsgeschichte und Kirchenrecht an der Universität Freiburg, hat Ende 2007 einen neuen Grundriss der schweizerischen Rechtsgeschichte vorgelegt. Dieser ist nicht nur für die Studierenden der Rechtsgeschichte geeignet, sondern hat auch einem breiteren Publikum einiges zu bieten, insbesondere zu den neuesten Rechts- und Verfassungsentwicklungen.
Eigentlich ist es nicht nur eine Rechtsgeschichte, sondern eine Rechts- und Verfassungsgeschichte, beziehungsweise, eine Verfassungs- und Rechtsgeschichte, denn vor der eigentlichen Rechtsgeschichte wird jeweils die Entwicklung der Verfassungen abgehandelt. Das Buch ist in drei Teile gegliedert, von denen der erste der römischen und fränkischen Zeit gewidmet ist, der zweite der Alten Eidgenossenschaft und der dritte der modernen Schweiz, das heisst den Verfassungs- und Rechtsentwicklungen des 19. und 20. Jahrhunderts. Das Buch ist präzis und zugleich flüssig geschrieben, es liest sich gut und auch für die Historikerin mit zunehmender Spannung.
Territorialherrschaft und Gerichtsbarkeit
Die Verfassungsentwicklung der Alten Eidgenossenschaft erinnert an das, was seinerzeit noch in den Schulen gelehrt wurde, doch ist es auf den neuesten Stand gebracht. Die spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Eidgenossenschaft zeichnete sich durch starke Rechtszersplitterung aus.
Erst der Aufbau von Territorialherrschaften war mit Bestrebungen zur Rechtsangleichung und -modernisierung verbunden. Der frühneuzeitliche Staat – oder im Fall der Eidgenossenschaft die frühneuzeitlichen Staaten – zogen auch immer mehr die Gerichtsbarkeit über Blasphemie und insbesondere über das Hexereidelikt an sich, das als Offizialdelikt betrachtet und neu mit dem (summarischen) Inquisitionsverfahren – anstelle des alten akkusatorischen Verfahrens – geahndet wurde.
Die ersten Rechtslehrstühle in der Schweiz
In die Zeit des Ancien Régimes fallen auch die Anfänge der Rechtswissenschaft. Im Spätmittelalter gab es Rechtslehrstühle nur in oberitalienischen und später in südfranzösischen Städten. An der 1460 gegründeten Universität Basel wurde erstmals im Bereich der Eidgenossenschaft Recht gelehrt.
In der frühen Neuzeit waren gelehrte Juristen in der Eidgenossenschaft dann allerdings nicht mehr willkommen. Hier «dominierte der Pragmatismus der Honoratiorenregimente; es zählte nicht mehr das gelehrte Argument, sondern der pragmatische Kompromiss» (S. 142 § 142). Immerhin entstanden doch an den Hohen Schulen von Genf, Lausanne, Bern, Zürich und auch in Freiburg juristische Lehrstühle (siehe Kasten).
Ab 1798 folgte eine Verfassung auf die andere
Während sich im Ancien Régime kaum etwas bewegt hatte, folgte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Teil unter fremdem Einfluss eine Verfassung auf die andere: Helvetik (1798), Mediation (1803), Restauration (1815), Regeneration (1830) und schliesslich die Bundesverfassung (1848). Zur Sprache kommen auch die Verfassungsrevisionen, diejenige von 1874 und insbesondere diejenige von 1999.
Die Entwicklungen um die sogenannte Zauberformel sind bis 2003 nachgeführt, als die CVP bekanntlich der SVP einen Sitz im Bundesrat abtreten musste. Besprochen werden auch die Revisionen nach 1999: die Streichung der letzten konfessionellen Ausnahmebestimmungen (des Bistumsartikels) 2001 und der Beitritt zur Uno 2002 (S. 196 § 314). Vor allem werden auch die einzelnen Schritte der Annäherung an die Europäische Union eingehend kommentiert, bis zu den aktuellen bilateralen Verträgen.
Zehn Gesetzgebungen zwischen Lyon und Basel
Das 19. Jahrhundert kannte eine heillose Rechtszersplitterung, welche schon den Zeitgenossen sehr unangenehm auffiel. Der Solothurner Jurist und Politiker Urs Vigier (1814-1879) stellte 1869 fest, dass man sich bei einer Reise von Lyon nach Basel von 10 bis 13 Uhr nicht weniger als zehn Gesetzgebungen zu unterwerfen habe (S. 223 § 349).
Oder aus der Sicht eines Gewohnheitsverbrechers: «Der Gewohnheitsverbrecher, der in verschiedenen Cantonen ‹arbeitet›, muss einerseits diese Gerechtigkeit als etwas sehr Relatives geringschätzen, andrerseits die Routine erlangen, sich nach den Verschiedenheiten zweckmässig einzurichten […]. In einigen Cantonen sind es Vergehen, die in anderen straflos bleiben; der eine Canton bedroht mit Zuchthaus in hohem Minimalbetrag, was in andern mit einigen Monaten Arbeitshaus oder Gefängnis bedroht ist.» (S. 231 § 361)
Die geschilderte Rechtszersplitterung wurde in zäher politischer und gesetzgeberischer Arbeit überwunden, was eigentlich in Bezug auf anstehende heutige Probleme nur hoffnungsvoll stimmen kann. 1883 nahm die Bundesversammlung ein neues Obligationenrecht an, 1912 ein Zivilgesetzbuch, das als modernstes Privatrechtsgesetzbuch seiner Zeit galt (S. 229 § 360).
Ein einheitliches Strafgesetzbuch konnte erst 1942 in Kraft gesetzt werden, nicht zuletzt, weil man angesichts des zu erwartenden Widerstands der Vereinheitlichung des Zivilrechts Priorität vor derjenigen des Strafrechts gegeben hatte. Noch grössere Widerstände stellen sich der Vereinheitlichung des Verfahrensrechts entgegen, das es erlauben würde, neue Formen der Kriminalität wie Geldwäscherei und Computerkriminalität effizienter zu verfolgen; ein erster Entwurf liegt erst seit Mitte 2006 vor.
Allmähliche Gleichstellung von Mann und Frau
In den letzten 200 Jahren sind aufgrund von sich wandelnden historischen Bedingungen auch neue Rechtsgebiete entstanden, so das Arbeits- und Sozialrecht, das Technik- und Umweltschutzrecht und, last but not least, die Gleichstellung von Mann und Frau. Bei der Letzteren greift der Autor auf die Verhältnisse in Mittelalter und früher Neuzeit zurück und schildert die damals herrschende Geschlechtervormundschaft (S. 241 § 373).
Einer Weiterentwicklung stand sehr lange das bürgerliche Familienmodell im Weg, das die Trennung von Beruf und Haushalt vorsah und sich durch die Nichterwerbstätigkeit von Ehefrauen und Töchtern von der gesellschaftlichen Unterschicht abgrenzte. Die geschlechtsspezifische Spaltung der Arbeitswelt führte zu einer Abwertung der häuslichen Arbeit und zur Perpetuierung der rechtlichen Unmündigkeit der Frau, besonders der verheirateten, bis ins 20. Jahrhundert (S. 242 § 376).
Freiburg für einmal in der Vorreiterrolle
Die Geschlechtervormundschaft wurde im Verlauf des 19. Jahrhunderts zwar allmählich abgeschafft, aber nur in Bezug auf die unverheirateten Frauen. Hier spielte Freiburg für einmal die Rolle eines Vorreiters, denn das freiburgische Zivilgesetzbuch von 1834 war das erste, das auf die Vormundschaft über die ledigen Frauen verzichtete (S. 244 § 378). Erst mit der 1988 in Kraft getretenen Revision des Ehe- und Erbrechtes verabschiedete sich das sonst so moderne Zivilgesetzbuch vom Modell der Hausfrauenehe (S. 248 § 385).
René Pahud de Mortanges: Schweizerische

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