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Auf die lange Bank geschoben

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Seit gut einem Jahr übt Laurent Meuwly die Funktion des Sprint-, Hürden- und Staffelcoachs im holländischen Leichtathletikverband aus. Im Telefon-Interview mit den FN spricht der Freiburger über die Lage in Holland, was er sich im Umgang mit dem ­Coronavirus erhofft hätte und wie sich die Pandemie auf ­seine Arbeit auswirkt.

 

Laurent Meuwly, in der Schweiz steht das öffentliche Leben aufgrund des Coronavirus bis am 27. April weitestgehend still, ehe erste Lockerungen der Beschränkungen vorgenommen werden. Wie gross sind die Restrik­tionen zurzeit in Holland?

Hier werden die Einschränkungen etwas flexibler gehandhabt, sie sind ein wenig lockerer. Die Ausgangssperre ist insgesamt weniger strikt. Die Leute sind viel draussen. Anders als in der Schweiz sind nicht nur Lebensmittelgeschäfte offen und damit nur Produkte für den täglichen Bedarf erhältlich; in Holland ist es möglich, beispielsweise in ein Kleidergeschäft zu gehen – so lange natürlich die Hygienemassnahmen und das Social Distancing eingehalten werden. Zwar wurde die anfängliche Absicht der Regierung, die Herdenimmunität herzustellen, ziemlich rasch fallengelassen, das Ziel bleibt aber, der Wirtschaft so wenig wie möglich zu schaden.

Wie gehen die Holländer ganz grundsätzlich mit dieser aussergewöhnlichen ­Situation um?

Ich verfolge die Berichterstattung in Holland nicht so intensiv und lese eher, was die Medien in der Schweiz berichten, deshalb kann ich das nicht abschliessend beurteilen. Was ich bemerke, ist, dass die Holländer achtsam mit dem Virus umgehen und dabei sehr ruhig sind. Von Angst oder gar Panik ist kaum etwas zu bemerken. Ich denke, dass die Menschen hier insgesamt abgeklärter sind als etwa in der Schweiz.

Für Sie persönlich war in Anbetracht der Lage eine zwischenzeitliche Rückkehr in die Schweiz kein Thema?

Es standen verschiedene Optionen im Raum. Ich wollte mit meinen Athleten so lange wie möglich trainieren. Hätte es dafür keine Möglichkeiten gegeben, wäre eine Heimkehr für mich durchaus vorstellbar gewesen. Während die Heimreise aber kein Problem gewesen wäre, hätte die Rückkehr nach Holland problematisch werden können, je nachdem wie die Einreiseeinschränkungen aussehen. Dieses Risiko wollte ich nicht eingehen.

Sie leben allein in Oosterbeek nahe dem holländischen Trainingszentrum in Papendal. Wie steht es um den Kontakt mit Ihrer Familie?

Der hat sich nicht gross verändert. Ich telefoniere weiter regelmässig mit meinen beiden Kindern, meinen Eltern und meiner Schwester. Seit Beginn des Jahres wären sowieso nicht mehr als zwei Besuche in die Heimat geplant gewesen. Nun ist eben der Lockdown dazwischengekommen.

Wie in der Schweiz sind auch in Holland die Sportstätten und damit auch das Trainingszentrum der Leichtathleten geschlossen. Wie hat sich das auf Ihre tägliche Arbeit ausgewirkt?

Als sich die Einschränkungen abzuzeichnen begannen, haben wir uns umgehend Gedanken darüber gemacht, welche Möglichkeiten wir noch haben. Wir minimierten das Risiko einer Ansteckung, indem wir in sehr kleinen Gruppen mit je zwei Athleten trainieren. Insgesamt habe ich zehn Athleten in meiner Trainingsgruppe. Für mich bedeutet das Tage mit zehn Arbeitsstunden, weil ich die Trainings bis zu fünfmal wiederholen muss. Grundsätzlich fehlt uns natürlich das spezifische Training auf der Bahn mit den Nagelschuhen an den Füssen – und auch die Intensität ist nicht gleich hoch wie üblich.

Sie betreuen Spitzenathletinnen wie Sprint-Weltmeisterin Dafne Schippers, für die die Olympischen Spiele in Tokio vom Sommer der Saison­höhepunkt gewesen wären. Wie fielen die Reaktionen der Athleten auf die ­Ver­schiebung der Spiele um ein Jahr aus?

Für einige wären in Tokio die ersten Olympischen Spiele gewesen, für andere die letzten. Dass die Spiele nur alle vier Jahre stattfinden, macht das Ganze noch spezieller. Natürlich war die Enttäuschung sehr gross. Für mich als Trainer ist es allerdings fast wichtiger, zu wissen, ob in dieser Saison überhaupt noch Wettkämpfe stattfinden werden. Schliesslich arbeitet man auf ein Ziel hin. Fehlt diese Perspektive, wird es gerade für die jungen, unerfahrenen Athleten schwierig, sich zu motivieren. Mit der Ungewissheit umzugehen, ist nicht einfach, zumal der Sport wirtschaftlich keine Priorität hat. Ich stelle deshalb fest, dass momentan die Wettkämpfe einfach abgesagt oder verschoben werden, anstatt um jeden Preis nach Lösungen zu suchen. Das gilt besonders für die Leichtathletik, wo der wirtschaftliche Aspekt deutlich kleiner ist als beispielsweise im Fussball oder Eishockey. Es ist der Weg des geringsten Widerstands.

Sie hätten sich also schneller Konzepte dazu gewünscht, wie der Sport den Betrieb wieder aufnehmen kann?

Ich habe aus der Ferne mitbekommen, wie in der Schweiz jetzt erst damit begonnen wird nachzudenken, wie etwa ein Training für Elitesportler wieder möglich ist. Diese Gedanken hätte man sich bereits lange machen können. Es liegt ja in der Natur der Athleten, dass sie sehr bewusst leben und nicht krank werden wollen. Ein gesunder Körper ist die Basis, deshalb sind die Sportler äusserst vorsichtig und sensibilisiert, was die Hygienemassnahmen betrifft. Ich bin deshalb enttäuscht, dass auch den Elitesportlern nicht erlaubt wurde, ihre Arbeit weiter auszuüben.

Wie hätten Sie sich das denn konkret vorgestellt?

Vonseiten des Olympischen Komitees der Holländer wurden Möglichkeiten aufgezeigt, um weiter trainieren zu können. Auf grossen Druck der Öffentlichkeit wurde aber auch in Holland alles gleich geschlossen. Die Schwimmer zum Beispiel, die hier einen hohen Stellenwert geniessen, hatten sich bereits organisiert und wollten sich gemeinsam in Quarantäne begeben und so das Training aufrechterhalten. Dieser Vorschlag wurde jedoch abgelehnt. Es fanden zwar weiterhin Gespräche mit den politischen Behörden statt, und es wurden weitere Vorschläge etwa für das Tennis oder das Rudern vorgetragen, wie die Distanz zwischen den Sportlern und die Hygienemassnahmen gewahrt werden können; bis mindestens zum 28. April gibt es jedoch keine Lockerungen. Wohl auch darum, weil dies als schlechtes Signal gegenüber den anderen Lebensbereichen hätte gewertet werden können.

Ich höre Unverständnis in Ihren Worten heraus …

Nur ein Beispiel: Wenn es 50  Schwimmbecken gibt, dann könnten 50 Schwimmer pro­blemlos alleine trainieren. Oder: Eine Leichtathletik-Anlage hat eine Fläche von 8000 Quadratmetern – genug Platz, um die Distanz zu wahren. Ich sehe in den Wäldern mehr Leute nahe beieinander joggen, als Athleten bei mir im Training sind. Das ist paradox. Auch die Teamsportler könnten viel mehr machen. In Österreich sind seit kurzem Trainings mit bis zu sechs Sportlern erlaubt – auch indoor –, wenn jeder Sportler 20 Quadratmeter Raum hat. Es wäre möglich gewesen, mehr aus der schwierigen Situation zu machen, indem man sich neu erfindet und adaptiert. So ist aber eines klar: Das Leistungsniveau der Athleten sinkt momentan enorm.

Sie sprachen die Motivationsprobleme von einem Teil der Athleten an. Wie gross ist Ihr persönlicher Antrieb zurzeit?

Auch für mich ist es nicht immer einfach. Das Problem sind nicht die Arbeitsstunden, sondern vielmehr die permanente Wiederholung der Trainingseinheiten. Meine Motivation ist aber nach wie vor, die Athleten voranzubringen und sie darauf vorzubereiten, wenn die Wettkämpfe wieder starten. Ich sage immer, dass jeder Tag die Chance dazu bietet, Fortschritte zu erzielen. Nicht zuletzt auch dank des schönen Wetters befinden wir uns in einer positiven Dynamik. Sollten sich wieder die ersten Wettkämpfe abzeichnen, wird das für die Sportler und Trainer sicherlich eine zusätzliche Motivationsspritze sein.

Zur Person

Nati-Coach und Trainer von Sprunger

Der 45-jährige Laurent Meuwly ist seit Frühling 2019 im holländischen Leichtathletikverband Nationalcoach für den Sprint- und Hürdenbereich sowie die Staffeln. Zuvor war der Freiburger während zehn Jahre bei Swiss Athletics in ähnlichen Funktionen tätig. Daneben ist Meuwly der persönliche Trainer von Léa Sprunger, Europameisterin 2018 über die 400 Meter Hürden, sowie von Kariem Hussein, 2014 ebenfalls EM-Goldmedaillengewinner in dieser Disziplin. Einen Namen gemacht hat sich Meuwly in der Leichtathletik-Szene überdies als Direktor des Murtenlaufs, ein Amt, das er bis 2018 während 18 Jahren ausgeübt hatte.

 

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