Aufbau eines soliden Netzwerks
Freiburger Ständeräte üben ihr Mandat in Vollzeit aus
Die Freiburger Ständeräte Urs Schwaller und Alain Berset erleben beide ihre erste Legislatur. Bereits nach zwei Jahren bekleiden sie wichtige Ämter: Schwaller ist seit Frühjahr 2005 CVP-Fraktionschef, Berset seit wenigen Wochen Vize-Präsident der SP-Fraktion.
Von WALTER BUCHS
«Die Tätigkeit im Parlament ist vorwiegend Kollektivarbeit», sagt Urs Schwaller im Vorzimmer des Ständeratssaals im Gespräch mit den FN. Nur in einer guten Abstimmung innerhalb der Fraktion sowie im Suchen und Eingehen von Allianzen – in Kommissionen und dann im Plenum – könnten tragfähige Kompromisse gefunden werden. Als Beispiel nennt er den von ihm eingebrachten und von beiden Räten gutgeheissenen Vorschlag zur Entlastung der Kinder und Jugendlichen bei den Krankenkassenprämien.
Interessen des Kantons wahrnehmen
Mit einer hohen Präsenz in Bern Kontakte pflegen und so ein solides Netzwerk aufzubauen, betrachtet der Sensler Ständerat als wichtige Voraussetzungen erfolgreicher Parlamentsarbeit. Deshalb bleibt er während der Sessionswoche in der Regel auch in Bern. Dies sei auch im Interesse des Kantons, ergänzt Schwaller.
Die Erfahrung zeige, dass die Lobby-Arbeit für Freiburg in Bern bewusster gepflegt werden müsse, was in letzter Zeit mit verschiedenen Aktionen auch geschehen ist. In diesen Bemühungen arbeiten die beiden Freiburger Ständeräte Hand in Hand. Alain Berset ergänzt, dass auch er neben gezielten Kontakten verschiedentlich die Gelegenheit wahrnehme, um Kommissionen in den Kanton einzuladen.
Platz im Stöckli gefunden
Als langjähriger Staatsrat und Finanzdirektor hat Urs Schwaller in der Kleinen Kammer mehrere frühere Kollegen wieder getroffen. Nicht so glatt geebnet war der Weg für den erst gut 30-jährigen Alain Berset. «Ich habe das Amt mit viel Respekt für die Funktion und die künftigen Kollegen angetreten», gesteht er im Gespräch mit den FN. Er sei selbst erstaunt gewesen, mit welcher Offenenheit und Unvoreingenommenheit er von den gestandenen Politikern aufgenommen wurde. Sein jugendliches Alter habe dabei überhaupt keine Rolle gespielt.
Bereits zwei Jahre nach seinem Einstand in der Kleinen Kammer ist SP-Ständerat Berset am vergangenen 28. November zum Stimmenzähler gewählt worden. Wie es das Prozedere will, sollte er demzufolge in einem Jahr zum 2. Vizepräsidenten gewählt werden. Dies bedeutet, dass – ein positiver Ausgang bei der Wiederwahl Ende 2007 vorausgesetzt – Freiburg im Jahr 2009 wieder einen Ständeratspräsidenten hätte.
Schwerpunkte der Tätigkeit
Wirtschafts-, aber auch Rechtsfragen gehören für den frisch promovierten Ökonomen Berset zu Schwerpunkten seiner Parlamentstätigkeit. Bereits 2004 hat er mit zwei Vorstössen auf die Neugestaltung der Regionalpolitik Einfluss genommen. Er will dies auch im kommenden Jahr tun, wenn die völlig überarbeitete Vorlage in den Ständerat kommt. Wie er ergänzt, wird sein Engagement in naher Zukunft unter anderem der Unternehmenssteuerreform II, der Familienbesteuerung oder arbeitsrechtlichen Fragen gelten.
CVP-Ständerat Urs Schwaller will sich in der zweiten Hälfte der Legislatur namentlich für die Gesundung der Finanzen mit einem ausgeglichenen Budget für das Jahr 2007 sowie für neue Lösungen im Sozialversicherungs-Bereich einsetzen. Die Schuldenbremse habe bis jetzt noch kaum Wirkung gezeigt, stellt er fest, da der Wille, «das Defizit wirklich zurückzufahren», nicht vorhanden ist. Dabei müsse der Finanzplan vermehrt ein politisches Steuerungsinstrument werden. Zudem brauche es einen Durchbruch bei der Spitalfinanzierung. Dabei seien namentlich auch die Kantone gefordert, eine Planung vorzulegen, «die diesen Namen auch verdient».
«Instabile Legislatur»
Das Bild, das der Bundesrat in letzter Zeit von sich in der Öffentlichkeit vermittelt, beunruhigt Ständerat Alain Berset, auch wenn er sich eher zurückhaltend äussert. Der Bundesrat stehe offensichtlich in schwierigen Zeiten nicht mehr so zusammen, wie es bisher jeweils der Fall war. Früher sei der Bundesrat das stabilisierende Element in der Politik gewesen. Heute sei es eher das Parlament, wobei damit wohl eher der Ständerat als der Nationalrat gemeint ist.
Die Tatsache, dass im Hinblick auf die Wahlen 2007 mit Christoph Blocher sogar ein Bundesrat Wahlkampf betreiben will, verspricht für Berset nichts Gutes. Die Legislatur werde wohl so instabil zu Ende gehen, wie sie begonnen hat.
«Ich wurde im Ständerat sehr gut aufgenommen. Mein jugendliches Alter hat da keine Rolle gespielt.»
Alain Berset, Belfaux, SP-Ständerat seit 2003
«Offensichtlich versuchen nicht alle Mitglieder des Bundesrates im Interesse des Kollegiums zu arbeiten.»
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«Ich bin mit parlamentarischen Vorstössen zurückhaltend. Das kostet nur viel Geld.»
Urs Schwaller, Tafers, CVP-Ständerat seit 2003
«Der Wille, das Defizit wirklich zurückzufahren, ist nicht da.»