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Aus der Bahn geworfen

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Mit vierzig lernt Herta Jakov kennen. Eine Zufallsbekanntschaft für beide. Gegen den Widerstand ihrer erwachsenen Kinder heiraten sie und geniessen zusammen viele unbeschwerte Ehejahre in der Schweiz, wo sie ihre gemeinsame Zukunft aufbauen. Jakov lässt Herta auch an seinem früheren Leben teilhaben. Gemeinsam unternehmen sie manche Reise in seine ursprüngliche Heimat Amerika, wo sie im Kreise seiner Familie und Freunde frohe und abenteuerliche Tage verbringen. Doch zwischendurch ahnt Herta, dass Jakov ein Geheimnis aus frühen Jugendjahren verdrängt, an dem er sie nicht teilhaben lässt.

Die Krankheit schleicht sich an

Immer öfter kommt es vor, dass Jakov alltäglichen Aufgaben nicht mehr gewachsen ist. Dass er Dinge verlegt, von einem Spaziergang nicht mehr nach Hause findet und ganz allgemein immer vergesslicher wird. Herta kann nicht über die Schuhe auf dem Bett lachen, auch nicht über den Kehrichtsack in Nachbars Teich. Immer stärker wird für sie die Gewissheit, dass sich hier eine Krankheit anbahnt, die die Persönlichkeit ihres Liebsten zerstört. Anfänglich erkennt auch Jakov das Schwinden seiner Sinne, was ihn verunsichert und ihm Angst macht. Die Wörter entgleiten ihm zunehmend, er verliert sich in einem Strudel von Sprachlosigkeit. Sein Fallen ist unaufhaltsam, aber trotzig steht er immer wieder auf, bis das Aufstehen auch mit Hertas geduldiger Zuwendung nicht mehr gelingt.

Als allzu offensichtlich wird, dass sie Hilfe annehmen müssen, wendet sich das Paar an die Memory-Klinik, wo wie befürchtet diagnostiziert wird, dass Jakov an fortgeschrittener Demenz leidet! Der muntere Jakov wird zum depressiven Eigenbrötler, der Gesellschaft meidet und immer mehr in eine eigene Welt abdriftet, zu der letzten Endes auch seine geliebte Herta keinen Zugang mehr findet. Verstört und verunsichert tapst er fortan durch ein Labyrinth von Worten und Erinnerungen, die ihn völlig verunsichern. Seine Angstzustände nehmen zu, und es zeigt sich, dass diese viel mit der verdrängten Vergangenheit zu tun haben.

Rückschau auf das Leben

Urs Faes wagt sich mit viel Empathie an das heikle Thema Demenz. Es gelingt ihm, mit Hertas Erzählungen, die Geschichte der beiden Protagonisten und ihrer harmonischen Ehe in einen starken, einfühlsamen Roman zu packen. Er erzählt von einem Leben, das von gemeinsamen Erlebnissen, Rücksichtnahme und Liebe geprägt ist. Am Ende zerstört jedoch Jakovs Krankheit dieses glückliche Zusammensein brutal. Beeindruckend einfühlsam wirkt seine Sprache, die die Handlung ohne Pathos wiedergibt. Im zweiten Teil ändert der Erzählstrang seinen Takt, es wird deutlich, dass Herta erschöpft ist. Ihre Tochter aus erster Ehe übernimmt nun den Erzählpart der Mutter, was anfänglich eigenartig anmutet, denn aus ihrem Munde wirkt die Geschichte plötzlich viel distanzierter. Damit verliert Jakov seine Unantastbarkeit und es wird deutlich, dass er grundsätzlich schuld ist an dem, was in seinen jungen Jahren in Amerika schieflief. Am Ende brechen diese alten Wunden auf, und selbst Herta muss um Verständnis für den dementen Jakov ringen.

Urs Faes: «Untertags». Roman, Suhrkamp, Berlin 2020, 239 S.

Giovanna Riolo ist freie Rezensentin.

«Urs Faes wagt sich mit viel Empathie an das heikle Thema Demenz.»

Zum Autor

Mehrfach ausgezeichneter Autor

Urs Faes ist ein Schweizer Schriftsteller. Er ist 1947 geboren, lebt und arbeitet in Zürich. Seine bekanntesten und vielfach ausgezeichneten Werke sind «Paarbildung», «Halt auf Verlangen» sowie «Raunächte»; alles Bücher mit viel Nähe zu seiner eigenen Biografie. Daneben hat er Gedichte, Erzählungen, Theaterstücke und Hörspiele verfasst.

gr

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