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Aus der Niedrigkeit emporgehoben

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Wort zum Festtag

Autor: Ingrid Grave/Kipa

Aus der Niedrigkeit emporgehoben

Der 15. August markiert die Krönung ihres Lebens. Sie stammte aus sehr einfachen Verhältnissen. Wie andere Mädchen und Frauen ihres Dorfes wird sie, nur zu gut, den Weg zum Brunnen gekannt haben, von wo täglich Wasser zu holen war zum Kochen, Waschen und für die Reinigung des Hauses. Ein tägliches Einerlei. Für wirkliche Aufregung und Empörung – und hier wird es politisch – sorgten mit ziemlicher Sicherheit die Soldaten der römischen Besatzungsmacht. Nazareth galt als Widerstandsnest.

Hier lebte Maria, unbeachtet von der damaligen Weltöffentlichkeit! Bis jemand auf dieses ganz junge Mädchen aufmerksam wurde. Und dieser Jemand war kein geringerer als Gott selber. Maria wird schwanger. Vom Heiligen Geist! Wie soll sie das verstehen? Wie sollen wir das verstehen? – Ihre Schwangerschaft bleibt vom Geheimnis umhüllt. Der Evangelist gibt dazu keine Erklärungen ab. Er meldet nur den Tatbestand, indem er von einem Engel berichtet, durch den Maria über ihren Zustand in Kenntnis gesetzt wird.

Ganz gleich, woher die Schwangerschaft rührt, Maria ist in Erklärungsnot. Hier setzt das Evangelium des morgigen Festtages (Lk 1, 39-56) an. Maria verlässt ihr Dorf und eilt von Nazareth in eine Stadt im Bergland von Judäa. Dort sucht sie eine viel ältere Verwandte auf, die Frau des Priesters Zacharias: Elisabeth, ebenfalls schwanger mit dem ersten Kind, ebenfalls von einem Geheimnis umwoben, weil nach menschlichem Ermessen gar keine Schwangerschaft mehr zu erwarten war.

Es begegnen sich zwei Frauen, die eine jung, die andere alt, jede mit einer eigenen aussergewöhnlichen Gotteserfahrung. Wohl keine der beiden konnte über ihre Erfahrung wirklich sprechen. Doch die gegenseitige Begrüssung genügt, und die eine wie die andere weiss um die Aussergewöhnlichkeit der Begegnung. Im Leib der alten Elisabeth hüpft das Kind, und Maria beginnt zu singen.

Was heisst hier singen? Sie jubelte! War sie in Nazareth noch über ihre Schwangerschaft erschrocken, jetzt ist sie ausser sich vor Glück. Wie war das gewesen? Was hatte der Engel gesagt? Dein Kind wird Sohn des Höchsten genannt werden! – In dem stundenlangen Wandern von Nazareth ins Bergland von Judäa hat Maria, so stelle ich es mir vor, «verarbeiten» können, was ihr geschehen war. Nach dem ersten Schrecken kehrt das Glück in ihre Seele ein. Mit aller Macht bricht es hervor bei der Begegnung mit einer Frau, die ähnliches erfahren hat.

Was singt Maria? Ein ihr bekanntes «Kirchenlied»? Mag sein. Die Texte finden sich zu einem guten Teil in den Heiligen Schriften Israels. Aufschlussreich ist es, was ihr in diesem Moment in den Sinn kommt. Es ist ein Loblied auf den Höchsten, der auf die Niedrigen schaut und sie emporhebt. Ja, Maria gehört zu den Niedrigen, zu den Unterdrückten! Mehr noch! In ihrem Singen wird sie geradezu politisch! Die in dieser Welt Mächtigen stürzt er, der Höchste, vom Thron; die Hungernden macht er satt, die Reichen lässt er leer ausgehen.

Das ist die totale Umkehrung der Verhältnisse, so wie Maria sie kennt. Es ist die totale Umkehrung eines Wirtschaftssystems mit den entsprechenden Auswirkungen, wie wir sie heute beobachten können. Kein Wunder, dass die Armen und Ausgebeuteten unserer Tage in Marias Gesang ein Lied der Befreiung erkennen. Ich denke an die Menschen in Lateinamerika. Wird es deswegen anders, besser auf dieser Welt? Das Erkennen der Verhältnisse ist ein erster wichtiger Schritt. Die Bereitschaft, an den Veränderungswillen Gottes zu glauben, ein zweiter. Gott ist bereit, die Niedrigen emporzuheben. Doch zuerst müssen wir – wie Maria – unser Ja geben für eine Zusammenarbeit mit dem Höchsten.

Ingrid Grave ist Dominikanerin und lebt in Zürich, wo sie in der Ökumene und in der Arbeit mit Frauen engagiert ist.

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