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«Beobachten ist ein Teil von mir»

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Drei Personen sitzen im «Café du Boulevard» im Perolles und essen ein Fondue. Ein harmloses Treffen von Arbeitskollegen auf den ersten Blick, erzählt aus der Sicht der einzigen Frau am Tisch. Je mehr sich das Caquelon leert, desto näher rückt der Moment für Geständnisse aller Art. Am Ende des Abends ist die Gruppe nicht mehr das, was sie jahrelang war. «Schatten über Lothars Burg» ist eine von zehn Erzählungen, die in Ruth Wittigs Erstling erschienen sind.

Immer am Beobachten

Es sind Kurzgeschichten, in denen Menschen im Mittelpunkt stehen: zögernd, beobachtend, mit sich hadernd oder mit Geheimnissen belastet. Das kommt nicht von ungefähr. «Ich interessiere mich sehr für Menschen», sagt Ruth Wittig. «Es ist spannend, sie zu verstehen, zu sehen, was sie antreibt und welche Konflikte sie auszufechten haben.» Das sei wohl auch das Motiv für ihren Hauptberuf gewesen, sagt die Psychotherapeutin mit Praxis in Freiburg (siehe Kasten). Auch privat beobachte sie gerne Menschen, dort aber nicht mit der Therapeutinnenbrille. «Beobachten und Erfinden ist ein Teil von mir.» Sie mag es, ihre Figuren mit verschiedenen Identitäten auszustatten, sie ins Licht oder in den Schatten zu rücken, sie mit Enttäuschungen zu konfrontieren und zu schauen, wie sie sich durchs Leben manövrieren. Inspiration findet sie in allen möglichen Alltagssituationen: in einem Zug, an der Bushaltestelle oder in einem Café. Sie notiert sich kleine Ideenfetzen, die sich mit der Zeit zu einer möglichen Handlung zusammenfinden und den Anker einer Geschichte bilden. Am liebsten schreibt sie am Morgen oder nach fünf Uhr nachmittags. «Aber man schreibt ja auch, wenn man nicht schreibt.» Manchmal komme ihr beim Gemüserüsten unvermittelt ein Gedanke.

In Worte fassen

Die Geschichten für «Camouflage» sind im Laufe mehrerer Jahre entstanden. Geschrieben hat Ruth Wittig schon während der Schulzeit. Sie hat deswegen sogar Publizistik als erstes Studienfach gewählt, sich dann aber für die Psychologie entschieden. In den 1990er-Jahren hat sie wieder angefangen, kleine Geschichten zu schreiben. «Es war eine Ergänzung zum Alltag», sagt sie. Durch das In- Worte-fassen habe sie Dinge, die vage oder unausgesprochen waren, in eine klarere Gestalt bringen können. «Es war eine Art zur Besinnungkommen.»

Das Schreiben habe mit der Zeit mehr Bedeutung bekommen. Erfahrungen mit Publikum sammelte sie an den Bieler Gesprächen. Bei diesen Werkstatt-Treffen von Autoren und Übersetzern habe sie erste Texte vorgelegt. Das positive Echo habe sie ermutigt weiterzumachen. «Ich habe festgestellt: Ich bin nicht nur Psychologin und Therapeutin, sondern auch eine Schreibende», sagt sie. Beflügelt wurde sie durch eine Auszeichnung beim OpenNet-Wettbewerb an den Solothurner Literaturtagen im Jahr 2012. «Es ist ermutigend, wenn die eigenen Texte auch andere Leute ansprechen.»

Die literarische Form von Kurzgeschichten hat Ruth Wittig unter anderem wegen der zeitlichen Begrenzung gewählt. «Ich habe neben meinem Beruf nicht so viel Schreib-Zeit», sagt sie. «Zudem eignen sich diese Miniaturen gut, um kleine Alltagserlebnisse zu erzählen.» Im Lauf der Zeit seien die Geschichten aber immer länger und vielschichtiger geworden. Sie schliesst es nicht aus, sich einmal an einem Roman zu versuchen. Denn das Schreiben soll künftig einen festen Platz in ihrem Leben haben.

Für Ruth Wittig war es auch kein Zufall, dass ihre Geschichten in losem Zusammenhang mit Freiburg stehen. «Die Texte werden lebendiger, wenn man einen Schauplatz beschreiben kann, den man selber kennt.» Auch wenn sie seit 30 Jahren hier wohne, habe sie immer noch einen Blick für spezielle Orte, die sich als Schauplätze geradezu anbieten würden. «Ich finde die Stadt sehr schön, sie ist auf eine besondere Art exotisch.»

Vertuscht und verschleiert

Ab und zu benutzt sie in ihren Geschichten französische Wörter und Redewendungen. «Ich nehme die Zweisprachigkeit anders wahr als Einheimische», sagt sie und vergleicht es mit dem Schreiben: «Es ist ein Suchen nach dem richtigen Begriff und der Versuch, zwei Welten zu verbinden.» Ein französisches Wort hat ihr auch den Titel für das Buch geliefert: «Camouflage». Auf der Suche nach einem gemeinsamen Nenner für alle Geschichten habe sie festgestellt, dass die meisten ihrer Protagonistinnen etwas verschleiern, vertuschen oder dass sie versuchen, die Wirklichkeit an ihre Wünsche anzupassen. «Das war nicht einmal Absicht, das hat sich so ergeben. Die Geschichten wissen eben oft mehr als die Autorin.»

Ruth Wittig:«Camouflage», Paulus Verlag Freiburg, 2014.

Zur Person

Vor 30 Jahren von Mainz nach Freiburg

Ruth Wittig ist in Mainz geboren, hat Psychologie in Bonn studiert und ist in den 1980er-Jahren der Liebe wegen nach Freiburg gekommen. Sie hat an der Universität Freiburg unterrichtet und Forschung in klinischer Psychologie betrieben. Seit Mitte der 1990er-Jahre führt sie eine Praxis in der Stadt Freiburg, zusammen mit drei anderen Psychotherapeutinnen.im

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