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«Damit es nicht über den Kopf wächst»

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

«Was brauche ich wirklich, was habe ich gern?» Das sind einige der Fragen, die für die Arbeit von Jolanda Zürcher aus Schwarzenburg zentral sind. Die Aufräumerin hat schon viel gesehen und erlebt: «Es gibt Menschen, die können sich vor lauter Büchern und Zeitungen nicht mehr strecken in ihrem eigenen Bett.» In einem Schrank fand sie ein ganzes eingepacktes Brot, das dort wohl schon Jahre lang lag. Es gebe wohl mehr Menschen, die ein Pro­blem mit der Ordnung in ihrem Zuhause haben, als man denkt. «Es ist der Zeitgeist, wir leben im Überfluss», sagt die 48-Jährige. «Es ist eigentlich wenig, was wir wirklich brauchen.» Aber die meisten Menschen setzten sich mehr damit auseinander, was sie nicht haben.

Eine Frau habe Schachteln mit neuen Kleidern, Accessoires und Dekoartikel gestapelt. «Die Dinge waren teilweise noch in der Originalverpackung, sie hatte sie noch nicht mal ausgepackt.» Mit dem Kauf unzähliger Gegenstände habe diese Dame versucht, ihre Leere zu füllen. «Das hat mich tief getroffen, unser Wohlstand kann extrem elend sein», sagt Jolanda Zürcher. «Wir haben alles, in allen Sparten, wir sind überfüllt.» Ihr Job sei, Ordnung reinzubringen. «Damit es den Menschen nicht über den Kopf wächst.» Oft würden die vielen Einkäufe auch in einem finanziellen Fiasko enden.

Bei einer älteren Frau arbeite sie einen halben Tag pro Woche. Den Auftrag habe sie von deren Angehörigen erhalten. «Die ältere Dame hatte irgendwann keine Kraft mehr und hat leider resigniert.»

Meist beginne sie an einem Ort Ordnung zu machen, wo sich die Menschen oft aufhalten. «Damit sie die Verbesserung täglich sehen, das ist oft sehr motivierend.» So habe sie zum Beispiel eine überstellte Kommode im Gang aufgeräumt. Darunter sei eine Nähmaschine zum Vorschein gekommen. Nun stehe diese Nähmaschine gut sichtbar auf der Kommode und die Frau gehe täglich daran vorbei und freue sich an ihr, «sie hängt an der Nähmaschine, es war ein Geschenk», sagt Jolanda Zürcher. «Ältere Menschen haben oft spannende und berührende Geschichten zu Gegenständen zu erzählen.» Wenn sie nochmals von ihren Erlebnissen berichten können, sei es oft einfacher, loszulassen. Einmal habe sie gemeinsam mit einer ehemaligen Hebamme den Hebammenkoffer geputzt: «Diese sehr feinfühlige Frau weinte und erzählte mir von den Geburten.» Es sei ein schönes, berührendes Erlebnis gewesen.

Versteckte Schätze

Für ihre Arbeit brauche es grosses Vertrauen seitens ihrer Kunden. «Auch müssen die Menschen und ihre Angehörigen wissen, dass ich keine Geschenke annehme und auch sonst nichts mitnehme.» Es könne ja durchaus sein, dass in all dem Chaos eine goldene Uhr oder Bargeld zum Vorschein kommt. «Ältere Menschen verstecken oft Geld und vergessen es wieder.»

Auch bei einer jungen Familie habe sie schon gearbeitet: «Die Mutter hatte so viel zu tun, dass ihr alles über den Kopf wuchs.» Auch eines der Kinder sei in die Aufräum­arbeit involviert gewesen. «Das eine Mal reicht wohl noch nicht», gibt Jolanda Zürcher zu bedenken, «aber es ist ein erster Schritt». Oft gebe sie ihren Kunden Aufträge: «Zum Beispiel das Glas zu entsorgen oder Zeitungen zu bündeln.» Eine Kundin habe bereits penibel Ordnung gehabt, sich aber noch nicht rundum wohlgefühlt. «Wir sind zusammen nochmals tief ins Detail gegangen.» Sie sei glücklich, auch bei dieser Dame eine Verbesserung erreicht zu haben, «es war ihr Bedürfnis». Auch lustige Anfragen habe sie schon erhalten: «Ein älterer Herr fragte, ob ich ihm Bierdeckel und Wäscheklammern senden könne». Die einen seien einfach Sammler, «aber es ist immer eine Frage des Ausmasses».

Ihre Arbeit fülle eine Lücke, erklärt Jolanda Zürcher, «die auch die Spitex oder der Sozial­dienst aus Zeitmangel nicht erledigen können». Wenn sich jedoch Flüssigkeiten breitmachen in Wohnungen, gebe sie den Ball weiter, «dann müssenFachleute ran». Auch für das Entsorgen von Müll und das Weitergeben von Waren sei sie nicht zuständig, «ich helfe zu sortieren, alles Weitere müssen sie selber organisieren».

Jolanda Zürcher kam vor rund zwei Jahren auf die Idee, als Aufräumerin tätig zu sein. Vor einem Jahr hob sie die Firma «Alles in Ordnung (AiO)» aus der Taufe und arbeitet 20  bis 40 Stellenprozent in diesem Bereich. Für die Ehefrau und Mutter von zwei Söhnen ist es eine Herzensangelegenheit: «Ich habe schon immer gerne überall aufgeräumt und freue mich, wenn die Ordnung den Menschen Luft gibt zum Atmen.» Sie selbst habe es gern sehr ordentlich. «Aber das ist nicht für alle gleich, das Spek­trum ist breit.» Das müsse sie respektieren. Schön sei, wenn sie die Menschen motivieren kann, weiterhin Ordnung zu halten. «Wenn sie merken, dass es ihnen guttut.»

«Ältere Menschen haben oft spannende und berührende Geschichten zu Gegenständen zu erzählen.»

Jolanda Zürcher

Aufräumerin

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