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Bunte Plastikbälle gelangen über ein Förderband in ein Metallrohr, das sie bis zu zwei Meter in die Höhe katapultiert und im Raum verteilt: «Rotozaza I» ist eine von jenen Maschinen aus Alteisen, Gummiriemen, Rädern und Metallröhren, mit denen Jean Tinguely das Publikum bis heute begeistert. Das Werk stammt aus dem Jahr 1967 und hat Stationen in verschiedenen europäischen Städten hinter sich. Heute steht es gewöhnlich im Musée d’art contemporain in Marseille. Bis zum 11. Mai aber ist «Rotozaza I» im Museum Tinguely in Basel zu sehen, im Rahmen der Ausstellung «Spielobjekte–Die Kunst der Möglichkeiten».

Die Besucher als Künstler

Die Schau vereint rund hundert Exponate, welche die Vielfalt des sogenannten Spielobjekts in der Kunst aufzeigen. Spielobjekte machen das Publikum zum Akteur, indem sie es in den Entstehungs- und Veränderungsprozess einbeziehen. Sie werden darum auch als Variations- oder Partizipationsobjekte bezeichnet. Die Betrachter verändern die beweglich angelegten Kompositionen von Bildern, Reliefs oder Skulpturen und werden so selbst zu Künstlern.

 Im Fall von Tinguelys «Rotozaza I» besteht die Rolle des Publikums darin, sie mit Bällen zu füttern. Allerdings muss dies mit kundiger Hand passieren, da die Maschine nicht mehr so einwandfrei funktioniert wie vor fünfzig Jahren. Um mit «Rotozaza I» und all den anderen Exponaten zu spielen, müssen sich die Besucherinnen und Besucher darum einer der zahlreichen Führungen anschliessen, die mehrmals täglich stattfinden.

Drehen, bauen, sehen

Vier thematische Touren stehen zur Wahl: Unter dem Titel «Spiel und Kunst für alle» schafft das Publikum Variationen von verschiedenen Kunstwerken. Hier trifft es etwa auf ein grosses «Kugelbild» von Paul Talman. Talman, 1932 in Zürich geboren, zog 1956 nach Basel und 1972 nach Überstorf, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1987 lebte (siehe auch Kasten). Er gilt als wichtiger Schweizer Vertreter der Konkreten und Kinetischen Kunst. Seine Rollen- und Kugelbilder, die er ab 1960 schuf, machten ihn international bekannt.

Bauliches Können ist auf dem Rundgang «Konstruktion–Dekonstruktion» gefragt. Hier bleibt nichts, wie es war, sei es bei den kleinen Metallplastiken des Italieners Bruno Munari, sei es bei den in den Raum wachsenden Skulpturen der Deutschen Charlotte Posenenske. Sehexperimente gibt es unter dem Titel «Abstrakte Form- und Farbenspiele». Für die spielerischen optischen Täuschungen sorgen Künstler wie Rolf Rappaz, Gerhard von Graevenitz und Carlos Cruz-Diez.

Die Tour «Ein Fest für alle Sinne» schliesslich beweist, dass diese Ausstellung buchstäblich alle Sinne anspricht. Werke wie das «Dreh-Rasterbild» von Dieter Roth fordern das Auge heraus. Beim «Tableau tactile sonore» von Yaacov Agam sind Metallelemente so auf Federn montiert, dass sie durch Berührung in Schwingung geraten und Klangbilder erzeugen. Und sogar der Gaumen kommt nicht zu kurz: Bei Dieter Hackers «Essbild» entscheidet der Benutzer, ob er die weissen Schokolinsen auf dem schwarzen Spielbrett versetzen will–oder ob er sie lieber ganz entfernt und verspeist.

Frühe Schweizer Vertreter

Insgesamt bietet die Schau einen fundierten Einblick in die ganze Bandbreite des Spielobjekts, von den Vorläufern in den 1930er- und 1940er-Jahren über den Höhepunkt in den 1960er-Jahren bis zu Werken der Gegenwart. Als frühe Beispiele sind etwa bewegliche Werke der argentinischen Künstlergruppe Madí zu sehen. Arbeiten von Hugo Weber, Hans Erni und Le Corbusier zeigen, dass auch Schweizer das veränderliche Kunstwerk schon früh entdeckten.

Zwei Räume führen schliesslich in die Gegenwart: «Intervention Impact» des Dänen Jeppe Hein fordert das Publikum auf, Skulpturen aus 300 grossen, weissen Pappwürfeln zu bauen. Und im «Obliteration Room» der Japanerin Yayoi Kusama darf jeder Besucher seine Spuren hinterlassen, indem er leuchtend farbige Punkte auf die weissen Wände und Möbel klebt.

Museum Tinguely, Paul Sacher Anlage 1, Basel. Bis zum 11. Mai. Di. bis So. 11 bis 18 Uhr. Die rund einstündigen Führungen finden mehrmals täglich statt (keine Anmeldung nötig). Details: www.tinguely.ch.

Yayoi Kusama, «The Obliteration Room» (2002–heute): Das Publikum sorgt für Farbe. Bild Bettina Matthiessen/Museum Tinguely, zvgDieter Hacker, «Essbild» (1965): Die weissen Schokolinsen kann man versetzen oder verspeisen. Bild Bettina Matthiessen/Museum Tinguely, zvgJeppe Hein, «Intervention Impact» (2004): Die Pappwürfel funktionieren wie ein Baukastensystem. Bild Jeppe Hein Studio Berlin, zvg

Freiburg : Espace Jean Tinguely stellt im Herbst Paul Talman aus

W er noch mehr Kugelbilder und andere Arbeiten von Paul Talman entdecken möchte, kann das ab dem 19. September in Freiburg tun: Dann eröffnet der Espace Jean Tinguely – Niki de Saint Phalle eine Sonderausstellung zum Schaffen des Künstlers, der von 1973 bis 1987 im Schloss Überstorf lebte und arbeitete. Die Schau mit dem Titel «Form in Bewegung» wird zeigen, welche Rolle Talman in der Konkreten Kunst spielte, wie er die Form auf das Wesentliche reduzierte und wie er bewegliche Elemente einbrachte und die Betrachter seiner Werke zu Ko-Autoren machte.

Der gebürtige Zürcher Paul Talman war nicht nur mit Jean Tinguely befreundet, sondern auch mit Daniel Spoerri, Bernhard Luginbühl, Dieter Roth und vielen anderen Künstlern. Diese Bekanntschaften pflegte er, bis er 1987 im Alter von nur 55 Jahren verstarb. cs

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