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Besser leben

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Fleischlose Ernährung, Sorge um Klima und Umwelt, Gesundheitsbewusstsein und Körperkult: Was nach Trends des 21. Jahrhunderts tönt, hat seine Ursprünge vor über hundert Jahren. Das zeigt eine Sonderausstellung im Bernischen Historischen Museum, die in Zusammenarbeit mit dem Departement für Zeitgeschichte der Universität Freiburg entstanden ist. Die kleine, aber feine Schau mit dem Titel «Lebe besser! Auf der Suche nach dem idealen Leben» widmet sich der Geschichte der Lebensreformbewegung von ihren Anfängen im ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Ähnlich wie viele Menschen dies heute empfinden, sahen die Lebensreformerinnen und Lebensreformer der ersten Stunde ihre von Industrialisierung und Urbanisierung geprägte Umwelt als krisenhaft und lebensfeindlich. In Anlehnung an Philosophen wie Jean-Jacques Rousseau und Henry Thoreau propagierten sie in vielen Lebensbereichen das Motto «Zurück zur Natur». Sie setzten auf Naturheilkunde und selber angebautes Gemüse, auf Licht- und Luftbäder, Körperertüchtigung und Freikörperkultur.

Die Schweiz war international wichtig

Wie sich die Lebensreformbewegung in der Schweiz entwickelte, haben Historiker der Universität Freiburg in den vergangenen Jahren im Rahmen eines vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierten Forschungsprojekts untersucht. «Speziell für die Schweiz war die Lebensreformbewegung zuvor kaum erforscht», sagte Damir Skenderovic, Professor für Zeitgeschichte an der Universität Freiburg und Leiter des Projekts, anlässlich der Präsentation der Ausstellung in Bern vor den Medien. Dabei sei die Schweiz für die Bewegung auch international wichtig gewesen, wie die Freiburger Forschungen gezeigt hätten.

Skenderovic denkt dabei an Persönlichkeiten wie den Arzt Max Bircher-Benner, den Erfinder des Birchermüesli, oder den Lebensreformer und Naturisten Werner Zimmermann. Dem Alpen-Mythos habe die Schweiz schon früh das Image eines Gesundheitsparadieses verdankt, und zwar sowohl in der Fremd- als auch in der Selbstwahrnehmung. Und Orte wie der Monte Verità bei Ascona wurden zu Sammelpunkten für Menschen, die nach alternativen Lebensmodellen suchten, von Aussteigern bis zu Ausdruckstänzerinnen.

Die Historiker Stefan Rindlisbacher und Eva Locher haben sich im Rahmen ihrer Doktorarbeiten an der Universität Freiburg vertieft mit dem Thema befasst und die Ausstellung in Bern gemeinsam mit Andreas Schwab kuratiert. In sechs Themenbereiche gegliedert, führt die Schau durch die Geschichte der Lebensreform und zeigt anhand von Objekten, Fotografien, Audio- und Videostationen die Errungenschaften ebenso wie die Schattenseiten der Bewegung. Bei jeder Station können die Besucherinnen und Besucher selbst ein bisschen Lebensreformer werden, indem sie etwa eine Yoga-Übung machen, ein Wanderlied singen oder ein Tänzchen wagen. Schon beim Betreten der Ausstellung werden die Besucher in jene Realität versetzt, der die Lebensreformer zu entrinnen suchten: In Bild und Ton erlebt man in einem abgedunkelten Raum Hektik, Lärm und Stress – um dann unter Vogelgezwitscher in das Licht der Lebensreform zu treten.

Kontinuitäten und Ambivalenzen

Die sechs Ausstellungsteile stehen jeweils unter einer Maxime der Lebensreform: Kehre zur Natur zurück! Werde, wer du bist! Halte dich gesund! Stähle deinen Körper! Ernähre dich gesund! Finde Gleichgesinnte! Die thematische Bandbreite reicht von alternativen Bildungsstätten und reformpädagogischen Ideen über Naturheilkunde und Vegetarismus bis zu Fitnesstrends und Freikörperkultur. Dabei fällt auf, wie viele Ideen und Praktiken der Lebensreformer bis heute nachwirken. Naturheilmethoden, fleischlose Ernährung und Fitnessclubs sind so beliebt wie nie zuvor. Ein besonderes Verdienst der Ausstellung ist, dass sie nicht nur auf solche Kontinuitäten hinweist, sondern auch auf die negativen Seiten der Lebensreform von damals und der Selbstoptimierung von heute.

«Das Erbe der Lebensreformbewegung ist ambivalent», schreiben die Ausstellungsmacher. «Übertrieben strenge Ernährungsregeln, Fitnessübungen oder Präventionsprogramme können ihrerseits Druck, Zwang, Stress oder Krankheiten auslösen.» Auch diese Ambivalenz ist indessen nichts Neues, wie auf dem Rundgang klar wird. So verschweigt die Ausstellung nicht, dass das Streben nach einem schlanken und gesunden Körper das Aufkommen von Essstörungen förderte, dass es in Landerziehungsheimen zu Missbrauchsfällen kam und dass die Grundsätze der Lebensreformer Hand in Hand gingen mit jenen der Eugenik, wie sie der nationalsozialistischen Rassenhygiene zugrunde lag. Von Max Bircher-Benner etwa weiss man, dass er die Gesundheitspolitik des nationalsozialistischen Deutschland und des faschistischen Italien bewunderte und sich von der Schweiz ein ähnliches Durchgreifen wünschte, um «die Erbgutverschlechterung am gesamten Volkskörper» aufzuhalten. Die Besucherinnen und Besucher sind also aufgerufen, kurz innezuhalten, bevor sie die Frage beantworten, die ihnen ganz zum Schluss gestellt wird: «Wie sieht deine ideale Lebensweise aus?»

Bernisches Historisches Museum, Helvetiaplatz 5, Bern. Bis zum 5. Juli. Di. bis So. 10 bis 17 Uhr. Bis zum 28. Juni läuft auch noch die Sonderausstellung «Homo migrans» über die Geschichte der Migration. Weitere Informationen: www.bhm.ch

Interview

«Es entsteht ein gewaltiger Druck auf den Einzelnen»

Stefan Rindlisbacher hat für seine Doktorarbeit am Departement für Zeitgeschichte der Universität Freiburg über die Lebensreformbewegung in der Schweiz in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geforscht und war an der Gestaltung der Ausstellung im Bernischen Historischen Museum beteiligt. Mit den FN sprach der 34-jährige Schmittner über das bessere Leben und den Druck zur Selbstoptimierung.

Herr Rindlisbacher, die Ausstellung trägt den Titel «Lebe besser!» – lebten die Lebensreformer tatsächlich besser?

Die Maximen mit den Ausrufezeichen, die durch die ganze Ausstellung führen, greifen den Tonfall der Lebensreformbewegung auf, sind aber ironisch zu verstehen. Wir wollen keine Propaganda machen für ein vermeintlich besseres Leben. Darum war es uns auch wichtig, die negativen Seiten der Bewegung zu zeigen, die Ex­tremismen und ihre Folgen.

Können Sie ein Beispiel nennen für eine solche Schattenseite?

Die Forderung, den Körper zu stählen, um leistungsfähig und gesund zu sein, erzeugt einen gewaltigen Druck auf den Einzelnen. Das begann schon damals. Verstärkt wurde das noch dadurch, dass man mit dem Aufkommen der Freikörperkultur den Körper viel mehr zeigte. Insgesamt ist es problematisch, Menschen pauschal dazu aufzufordern, gesund zu leben. Wer definiert denn, was gesund ist? Und was ist mit denen, die zwar gesund leben wollen, aber nicht können, weil sie zum Beispiel behindert oder suchtkrank sind?

Sie haben den Druck zur Selbstoptimierung angesprochen. Ist dieser heute grösser als früher?

Er ist möglicherweise grösser geworden, aber es gab ihn auch früher schon. Die Menschen strebten auch früher nach Körperidealen und verglichen sich gegenseitig. Was heute So­cial Media sind, waren damals Bildstrecken in Zeitschriften, zum Beispiel die beliebten Vorher-nachher-Fotos.

cs

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