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Bis zum letzten Tag wurde gefeilt

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Bis zum letzten Tag wurde gefeilt

Der Sprachenartikel in der neuen Kantonsverfassung – Eine Analyse

Der Sprachenartikel im Entwurf der Staatsverfassung (Art. 6) steht im Einklang mit der zutiefst demokratischen Entstehung aller anderen Artikel der Verfassungsvorlage. Er stellt im Vergleich zm erst vor vierzehn Jahren vom Volk gutgeheissenen Artikel 21 der bisherigen Verfassung einen klaren und wichtigen Fortschritt dar.

Von BERNADETTE HÄNNI

Nach der letzten Plenarsitzung des Verfassungsrates Ende Januar 2004, an der die neue Verfassung von einer sehr grossen Mehrheit seiner Mitglieder angenommen wurde, konnte man in den Freiburger Nachrichten einige Stimmen vernehmen, die ihrer Enttäuschung über den Sprachenartikel in der Verfassungsvorlage Ausdruck gaben. Es mag sein, dass der Artikel nicht die für die Deutschfreiburgerinnen und Deutschfreiburger ideale und die aus staatspolitischer Sicht optimale Lösung darstellt.

Für eine vorbehaltlos liberale, offene und gegenüber der Minderheit grosszügige Formulierung hat es tatsächlich nicht ganz gereicht. Französischsprachige Verfassungsräte und Verfassungsrätinnen leisteten Widerstand, sie wurden durch stetige Zurechtweisung und aus spitzer Feder aus den eigenen Reihen dazu aufgefordert. Viele sagten immerhin, dass sie für das Volk sprechen würden, das noch lange nicht so weit sei.

Ist nun aber – bei Lichte besehen – der Sprachenartikel, wie er in der Vorlage der Verfassung enthalten ist, tatsächlich so schlecht? Sind die Anliegen der deutschsprachigen Minderheit schlichtweg torpediert worden? Ist die Zweisprachigkeit in der neuen Verfassung nicht verankert? Die nachstehenden Überlegungen vermögen möglicherweise einige geäusserte Behauptungen etwas zu relativieren.

Gleichberechtigung der Amtssprachen

Im Jahre 1990 wurde von einer grossen Mehrheit der Freiburger Bevölkerung der Artikel 21 angenommen, der beide Amtssprachen als gleichberechtigt erklärt – eine Errungenschaft, die damals wegweisend war und nun in Absatz 1 des neuen Artikel sogar verstärkt (Amtssprachen des Kantons) wiedergegeben wird. Zwar spricht der Artikel nicht von einem zweisprachigen Kanton – der Ausdruck «zweisprachig» stiftet bei einigen Französischsprachigen offensichtlich Verwirrung. Doch mit der gewählten Formulierung ist die Gleichstellung der beiden Amtssprachen und somit auch die Zweisprachigkeit des Kantons, so wie sie die Deutschschweizer verstehen, ganz klar verankert.

Das stimmt auch mit der Wahrnehmung in der übrigen Schweiz überein. Ist von zweisprachigen Kantonen die Rede, wird der Kanton Freiburg zusammen mit den Kantonen Bern und Wallis genannt.

Förderung der
Zweisprachigkeit

Mit der neuen Verfassung wird die Aufgabe des Kantons, die Zweisprachigkeit zu fördern, auf höchster Gesetzesebene genannt (zweiter Satz von Abs. 4). Diese Tatsache bedeutet einen grossen Schritt vorwärts. Es versteht sich von selbst, dass sich fortan unsere Kantonsregierung und unser Parlament bei jedem neuen Erlass – und zwar in allen Bereichen – zwingend die Frage stellen müssen, wie die Zweisprachigkeit zu fördern sei.

Die klare Haltung des Kantons zur Zweisprachigkeit wird nach aussen sichtbar gemacht, eine Grundhaltung, die, für unsere junge Generation und für die Zukunft des Kantons ausserordentlich wichtig ist, weil sie sich insbesondere auf die wirtschaftliche Entwicklung im Kanton und den Standort der Agglomeration Freiburg als Werkplatz positiv auswirken wird.

Sprachenfreiheit

Neu ist das Menschenrecht der Sprachenfreiheit in der Verfassung als eine wichtige Garantie für alle Bewohnerinnen und Bewohner des Kantons Freiburg in der Verfassung ausdrücklich verankert (Art. 17). Wenn schon das Territorialitätsprinzip in der Verfassung steht, ist es noch viel wichtiger, die Sprachenfreiheit zu nennen. Das Territorialitätsprinzip erhält somit den richtigen Stellenwert, denn das Menschenrecht der Sprachenfreiheit kann durch das Territorialitätsprinzip nur dann eingeschränkt werden, wenn es dafür eine gesetzliche Grundlage gibt, wenn es das öffentliche Interesse gebietet und wenn es verhältnismässig ist.

In einem Punkt wird die Sprachenfreiheit ausdrücklich konkretisiert: Alle Freiburgerinnen und Freiburger können sich ohne Rücksicht auf das Territorialitätsprinzip in der Amtssprache ihrer Wahl an die kantonalen Behörden wenden.

Territorialitätsprinzip

Vorab ist zu sagen, dass die mit der Behandlung der Sprachenfrage betraute Kommission nie die Absicht hatte, das Territorialitätsprinzip völlig aus der Verfassung zu verbannen. Das Prinzip hat seine Berechtigung in einem Kanton, wo zwei Sprachgemeinschaften miteinander leben. Die Kommission erarbeite einen Vorschlag eines Sprachenartikels, der, statt bloss das Wort «Territorialitätsprinzip» zu nennen und somit allen möglichen Auslegungen Tür und Tor zu öffnen, die passende Umschreibung aus der Bundesverfassung übernahm. Damit hatte sie zunächst Erfolg.

Es stellte sich in den nachfolgenden Debatten aber heraus, dass für viele welsche Freiburgerinnen und Freiburger die blosse Umschreibung des Territorialitätsprinzips ohne dessen ausdrückliche Nennung nicht genügte. Mit rationalen Argumenten lässt sich diese Einstellung zwar nicht richtig begründen. Wahrscheinlich beruht sie auf einer unterschwelligen Angst vor einer wirtschaftlichen Übermacht der Deutschschweizer, deren Dialekt man nicht versteht, und vor dem Phantom der Germanisierung, die es jedoch nachgewiesenermassen nicht gibt.

Das Wort «Territorialitätsprinzip» stellte sich für eine Mehrheit der französischsprachigen Freiburgerinnen und Freiburgern als existenziell notwendig heraus. Beim näheren Betrachten dieser Tatsache hat diese Einstellung jedoch weniger mit der in diesem Zusammenhang etwa genannten Arroganz der welschen Freiburgerinnen und Freiburger zu tun als vielmehr mit einem Misstrauen gegenüber Unbekanntem und der Angst davor, etwas zu verlieren. Diese Angst widerspiegelt übrigens exakt die Abwehr- und Verteidigungshaltung der sprachlichen Minderheiten auf Bundesebene. So ist das Territorialitätsprinzip – zwar nicht explizit – auch in die neue Bundesverfassung aufgenommen worden.

Der vom Verfassungsrat verabschiedete Sprachenartikel enthält
nun das Wort «Territorialitätsprinzip» (Abs. 2), unmittelbar gefolgt von seiner Erklärung: «Staat und Gemeinden achten auf die herkömmliche sprachliche Zusammensetzung der Gebiete und nehmen Rücksicht auf die angestammten sprachlichen Minderheiten.» Diese Formulierung ist in Anlehnung an den Wortlaut der Bundesverfassung entstanden. Der Artikel ist somit ein Kompromiss, der für die Welschen das Wort «Territorialitätsprinzip» und für die Deutschsprachigen die Auslegungsanweisung enthält.

Zweisprachige
Gemeinden

Der neue Verfassungsartikel sieht vor, dass Gemeinden zwei Amtssprachen haben können (Abs. 3). Das ist eine Neuerung, die einer strengen Auslegung des Territorialitätsprinzips entgegensteht und es den Gemeinden erlaubt, Angehörige beider Sprachen vollkommen gleichzustellen. Bisher ist diese Zweisprachigkeit in vielen Gemeinden gelebt worden, ohne dass der geleistete Mehraufwand und die zusätzlichen Anstrengungen besonders belohnt und anerkannt wurden.

Die Verankerung der Möglichkeit

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