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«Bleiben Sie normal»

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Was darf ein Seelsorger, eine Seelsorgerin noch? Darf sie dem Jugendlichen einen Arm um die Schulter legen? Darf er bei einem Einzelgespräch mit einem Mädchen die Türe schliessen?

Solchen Fragen gingen gestern Nachmittag rund vierzig Seelsorgerinnen und Seelsorger der Katholischen Kirche Deutschfreiburg nach. Sie besuchten im Bildungszentrum Burgbühl in St. Antoni einen Weiterbildungskurs zur Prävention von sexuellem Missbrauch. Charles Morerod, Bischof der Diözese Lausanne, Genf und Freiburg, hat dies für alle Seelsorgerinnen und Seelsorger angeordnet (die FN berichteten).

Freiwillig und beidseitig

«Bleiben Sie normal!» Das war der Tipp von Kursleiter Urs Urech. Der Lehrer und Lagerleiter ist Gründungsmitglied der Fachstelle Mira, die sich um die Prävention sexueller Ausbeutung im Freizeitbereich kümmert. «Gute Beziehungen und Körperkontakte stärken Kinder–und auch Erwachsene», sagte er den Kursteilnehmenden. Dabei sei auf drei Punkte zu achten: Der Körperkontakt muss beidseitig erwünscht sein; er darf keine sexuellen Motive haben; und die Berührungen und Beziehungen müssen zur Kultur in der Gemeinde beziehungsweise zum Anlass passen.

In anderen Ländern gebe es sehr strikte Regeln: So müssten beispielsweise Trainer in Sportvereinen eine Armlänge Distanz zu den jugendlichen Sportlerinnen und Sportlern halten. «Das ist übertrieben», sagte Urech. Und so dürfe ein Seelsorger bei einem Einzelgespräch auch die Türe schliessen und eine Seelsorgerin einem Jugendlichen den Arm um die Schulter legen–sofern es der Situation angepasst sei und beide Seiten das wollten.

Wie nah sich Menschen kämen, sei von Land zu Land, von Kultur zu Kultur unterschiedlich, sagte Urech. «Diese gesellschaftlichen Normen können sich im Laufe der Zeit verändern.» Als Beispiel nannte er die Deutschschweizer, die sich heute wie die Romands mit Wangenküssen begrüssen. «Meine Grosseltern haben das noch nicht getan.»

Normen, Regeln, Gesetze

Nebst den gesellschaftlichen Normen gebe es die Regeln des Vereines, der Kirche, der Gemeinde. «Ein Tennislehrer hat weniger persönliche Kontakte zu den Sportlern als ein Seelsorger mit den Jugendlichen in einem Lager.» Ein Verein könne auch Lagerregeln aufstellen oder beispielsweise Liebesbeziehungen innerhalb der Organisation verbieten.

Weiter gebe es strafbare Handlungen: «Sex mit Kindern ist verboten.» Wer jünger als 16 ist, ist ein Kind. Zwischen den gesellschaftlichen Normen und Regeln auf der einen Seite und den strafbaren Handlungen auf der anderen Seite befinde sich die Grauzone.

Die eigene Haltung

Urech betonte, dass Grenzverletzungen immer möglich seien. «Ein gesunder Mensch merkt aber, wenn er jemandem zu nahe kommt. Er kann sich zurückziehen und sich entschuldigen.» Solche Grenzverletzungen geschähen meist unabsichtlich. «Übergriffe hingegen sind gezielt und geplant.» Für ihn ist die Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeitenden das Wichtigste im Kampf gegen sexuellen Missbrauch: «So werden sie sich der eigenen Haltung bewusst.»

Anlaufstelle: Eine unabhängige Struktur

D ie Opfer von sexuellem Missbrauch in der Kirche sollen eine Anlaufstelle ausserhalb der Kirche erhalten: Das hat der Bischof der Diözese Lausanne, Genf und Freiburg, Charles Morerod, letzten Sommer entschieden (die FN berichteten).

Vertreterinnen und Vertreter der katholischen Kirche, von Sapec (der Unterstützungsgruppe für Opfer von sexuellem Missbrauch in einer religiösen Abhängigkeitsbeziehung) und des nationalen Parlaments haben eine Arbeitsgruppe gebildet. Diese wird von der Waadtländer SP-Nationalrätin und Kriminologin Rebecca Ruiz geleitet. «Sapec schlägt für die Anlaufstelle eine Struktur vor, die jener in Belgien nachempfunden ist», sagt Ruiz den FN: «Dort leistet eine unabhängige Stiftung die Mediation zwischen Kirche und Opfern.»

Zwar gebe es in der Schweiz in einigen Regionen – beispielsweise auch in Freiburg – Stellen, bei denen sich Opfer melden könnten. Doch gehörten diese Stellen zur Kirche. «Für einige Opfer ist es sehr schwierig, zur Kirche zurückzukehren», sagt Ruiz. Darum solle nun auch in der Schweiz eine unabhängige Stelle entstehen. «Wir gehen nun an die konkrete Konzeptualisierung.» njb

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