Seit 2009 gibt es im Kanton Freiburg die Bürgernahe Polizei. Worin unterscheiden sich die Aufgaben einer «bürgernahen» gegenüber der regulären Polizei? Und welche Erfahrungen hat man seit der Einführung gemacht? Die FN haben nachgefragt.
Samuel Thalmann steht in seinem Düdinger Polizeiposten an der Chännelmattstrasse hinter seinem Pult am Computer. «Ein grosser Teil meiner Arbeit passiert hier», erklärt er. «Das ist vielleicht nicht unbedingt, was man sich unter typischer Polizeiarbeit vorstellt.» Wirklich in der Region unterwegs sei er nur zu rund 20 Prozent seiner Arbeitszeit. «Das Wichtigste an meiner Arbeit ist, für die Bevölkerung da zu sein», sagt er. Die Menschen müssten sich mit ihren Anliegen und Problemen ernst genommen fühlen. Da sei es entscheidend, dass jemand vor Ort sei, der ihnen zuhöre.
Zudem legt Thalmann auch viel Wert auf den Kontakt mit Gemeindebehörden, der Einwohnerkontrolle oder mit den Schulen. «Es muss ein Vertrauen da sein zwischen der Polizei und den Partnern in der Gemeinde. So kann man Probleme jeweils möglichst unkompliziert gemeinsam lösen.»
Genau das sei die Idee der sogenannten Bürgernahen Polizei, wie sie im Kanton Freiburg seit 2009 existiert, ergänzt der Mediensprecher der Kantonspolizei, Bernard Vonlanthen. «Vor der Polizeireform Anfang des neuen Jahrtausends hatte jeder Bezirk einen Hauptposten. Zusätzlich waren einzelne Posten im ganzen Bezirk verteilt.» Dadurch sei man sehr nahe an der Bevölkerung gewesen, die Wachtmeister in den Dörfern hätten praktisch alle Einwohner gekannt. Nach der Reform fielen diese Bezirksposten weg. Auch viele Dorfposten sind seither geschlossen worden.
Wir wussten, dass mit der Reform die Nähe zur Bevölkerung auf dem Spiel steht.
Diesen Kontakt zur Bevölkerung zu verlieren, habe man bei der Reform der Polizei unbedingt verhindern wollen.

Bild David Unternährer
Nahe bei den Menschen sein
Genau da setzt nun die Bürgernahe Polizei an. Genau wie der Name sagt, versuche man durch den regelmässigen Kontakt mit der Bevölkerung präventiv zu wirken, so Vonlanthen. «Im Unterschied zur mobilen Polizei ist die Bürgernahe Polizei nicht für die Notrufe zuständig, die an die Nummer 117 gehen. Diese Einheiten sind getrennt.» Alles Administrative, etwa Untersuchungen, sowie den Kontakt mit der Bevölkerung und den Behörden deckt die Bürgernahe Polizei ab.
Eine der Hauptaufgaben sei die verstärkte Präsenz an Risikoorten, so Vonlanthen weiter. Die mobile Polizei rücke im Unterschied dazu nur im Notfall aus. Zu solchen Risikoorten, welche die Bürgernahe Polizei aufsucht, gehören Orientierungsschulen, erklärt Vonlanthen. «Einerseits, um im Kontakt mit den Schulleitungen zu sein, und andererseits, um auch mit den Schülerinnen und Schülern im Gespräch zu bleiben, die sich in einer altersbedingt schwierigen Lebensphase befinden.» So könne man Probleme jeweils schon früh erkennen.
Verschiedene Gewaltformen und Vandalismus haben in den letzten Jahren bei Minderjährigen zugenommen.
Auch in Stadtquartieren unterwegs
Aber nicht nur Schulen stehen im Fokus. Kontakt suche man auch mit Menschen mit Migrationshintergrund – etwa im Stadtfreiburger Schönbergquartier. Dort hätten die Menschen oftmals noch mehr Fragen als in anderen Gebieten. Vonlanthen stellt klar: «Notrufe erhalten wir aus dem Schönberg aber nicht häufiger als aus anderen Wohngebieten. Dass der Schönberg ein gefährliches Quartier ist, ist ein Vorurteil, das sich in der Realität nicht bestätigt.»

Bild David Unternährer
Knapp 100 Polizistinnen und Polizisten
Im Kanton Freiburg arbeiten zur Zeit 98 Beamtinnen und Beamte bei der Bürgernahen Polizei – 14 von ihnen im Sensebezirk. Zum Vergleich: Bei der mobilen Polizei sind rund 300 Polizistinnen und Polizisten tätig. Die beiden Einheiten würden sich aber gegenseitig aushelfen, betont Bernard Vonlanthen. Die Trennung sei also nicht starr.
Die Ausbildung sei denn auch für die Bürgernahe wie auch für die mobile Polizei die gleiche, so Vonlanthen. Alle absolvieren die Polizeischule, erst nach diesen zwei Jahren wird entschieden, in welche Abteilung eine Beamtin oder ein Beamter kommt. Die Absolventinnen und Absolventen können dabei einen Wunsch anbringen, jedoch nicht alleine entscheiden. «Da schauen wir auch, wo die Bedürfnisse der Polizei liegen und welche Stärken und Schwächen die Beamten mitbringen.»
Bei jungen Absolventinnen sei die mobile Polizei oft etwas beliebter. «Bei der 117 ist tendenziell mehr Action, das zieht die Jungen an. Allerdings ist die Bürgernahe Polizei sehr abwechslungsreich und für viele Beamtinnen und Beamte auf lange Sicht durchaus interessant.»
Reorganisation
Neue Einteilung seit 1. Februar
Die Bürgernahe Polizei des Kantons Freiburg hat per 1. Februar eine neue Gebietsaufteilung. Der Sensebezirk beispielsweise, der zuvor in Unter- und Oberland aufgeteilt war, ist nun zu einem einzigen Perimeter zusammengefasst. «Das hat die Organisation vereinfacht», erklärt der Mediensprecher der Kantonspolizei, Bernard Vonlanthen. «Jetzt hat man für den ganzen Bezirk eine einzige Ansprechperson. Das macht das Ganze für Polizeibeamte, aber auch für Behörden und andere Partner einfacher.» Neu ist auch das Freiburger Stadtzentrum zu einer Einsatzregion verschmolzen. «Wir haben mit dieser Reorganisation weniger Zwischenstufen und sind so bei der Einsatzplanung dynamischer und flexibler geworden», so Vonlanthen. du
Die ursprüngliche Gebietsaufteilung der Bürgernahen Polizei. Angezeigt werden nur die Gebiete, die von der Reorganisation betroffen waren.
Bild zvgDie neue Gebietsaufteilung der Bürgernahen Polizei. Angezeigt werden nur die Gebiete, die von der Reorganisation betroffen waren.
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