Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Buridans Esel

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Von allen philosophischen Fragen gehört die Frage nach der Willensfreiheit zu den interessantesten und bedeutsamsten. Wie wir uns zu uns selbst und zur Welt verhalten, hängt entscheidend davon ab, ob wir uns als frei oder unfrei denken. Im Unterschied zum Tier, das nach allgemeinem Dafürhalten bloss ein Sklave seiner Instinkte ist, halten sich die meisten Menschen für frei in ihrem Wollen und Tun. Und es ist genau diese Freiheit, die uns ihrer Meinung nach zur Krone der Schöpfung erhebt.

Die Philosophen hätten ihr Handwerk schlecht beherrscht, wenn sie nicht auch gute Gründe gefunden hätten, die Willensfreiheit zu hinterfragen oder gar zu bestreiten. Wie das?

Danach gefragt, warum wir uns für diesen bestimmten Beruf, diese bestimmte Partnerin, diese bestimmte Sportart entschieden haben, können wir in der Regel rationale und/oder emotionale Gründe angeben. Wir hätten uns, so bilden wir uns wenigstens ein, durchaus auch anders entscheiden können, wenn die Gründe anders gelegen wären. Unsere Freiheit bestand also darin, dass wir (bewusst oder unbewusst) die Gründe auf die eine, die Gegengründe auf die andere Waagschale legten und dass auf dieser Waage der Entscheidung die eine Schale schliesslich schwerer wog als die andere.

Aber liegt nicht gerade darin unsere Unfreiheit, dass wir gar nicht anders können, als den stärkeren Gründen beziehungsweise Impulsen den Vorzug zu geben, so wie Tiere nicht anders können, als ihren Instinkten zu folgen? Müssten wir uns nicht über die Gründe und Motive unserer Entscheidungen erheben können, um ganz Herr im eigenen Hause zu sein? Wir mögen frei sein (oder uns frei fühlen), zu tun, was wir wollen, aber sind wir auch frei, zu wollen, was wir wollen? Mit anderen Worten: Sind wir nicht Gefangene unserer Gene, unserer Erziehung, unserer Prägungen, unserer Erfahrungen, unseres Schicksals …?

Stellen wir uns eine Entscheidungssituation vor, in der das Kräfteverhältnis zwischen Gründen und Gegengründen vollkommen ausgeglichen wäre. Es gäbe demzufolge keine triftigeren Motive mehr, uns für a statt für b (oder umgekehrt) zu entscheiden. Mit anderen Worten: Wir wären absolut frei, dieses oder jenes zu wollen (ohne dass die Waage der Entscheidung Zwang auf uns ausüben würde). Könnten wir uns in einer solchen Situation überhaupt noch entscheiden?

Genau davon handelt die Fabel von Buridans Esel, benannt nach dem Scholastiker Johannes Buridan (1300–1358). Dieser Esel steht zwischen zwei genau gleich grossen, gleich schmackhaften Heuhaufen, und weil er keinerlei Grund hat, eher den einen als den anderen Heuhaufen zu bevorzugen, verhungert er schliesslich.

Von der Unwahrscheinlichkeit einer solchen Situation unter wirklichen Eseln einmal abgesehen, veranschaulicht Buridans Esel die Frage nach der Willensfreiheit tatsächlich sehr schön. Denn solange es für Esel (und Menschen) Gründe gibt, eher dieses als jenes zu wollen, brauchen wir den freien Willen als Erklärungsprinzip nicht. Die Frage nach der Willensfreiheit stellt sich erst dann in ihrer ganzen Schärfe, wenn diese Gründe wegfallen und es schlechterdings nichts gibt, das uns a näherlegt als b (oder umgekehrt). Denn echte Willensfreiheit hätten wir nur dann, wenn wir auch in einer solchen Situation eine Entscheidung treffen könnten. Buridans Esel vermag das nicht, also verurteilt ihn die mangelnde Willens- und Entscheidungsfreiheit zum Verhungern.

Dass leibhaftige Esel kaum zwischen zwei Heuhaufen verhungern würden, sagt nichts aus über die Willensfreiheit von Eseln (und Menschen). Denn eine Situation, in der Gründe und Gegengründe sich vollkommen die Waage halten, ist nur sehr schwer vorstellbar, auch wenn wir uns in manchen Situationen ebenso entscheidungsunfähig fühlen können wie Buridans Esel. Diese Schwierigkeit betrifft weniger banale Alltagssituationen als Momente, in denen viel von unserer Entscheidung abhängt. Dass wir auch in solchen Momenten imstande sind, eine Entscheidung zu treffen (und nicht wie Buridans Esel handlungsunfähig zwischen zwei Heuhaufen verhungern), ist kein hinlänglicher Beweis für unsere Willensfreiheit. Eher hat dies damit zu tun, dass mit der Zeit neue Aspekte ins Spiel kommen, die das anfängliche Gleichgewicht der Gründe und Gegengründe aufheben. Daraus zieht der zeitgenössische Philosoph Michael Hauskeller augenzwinkernd den Schluss: «Da auch Esel in der Zeit leben, wird kein Esel jemals aus Mangel an Willensfreiheit verhungern.»

Aber wie steht es denn nun mit der Willensfreiheit von uns Menschen? Die meisten Neurowissenschaftler, die bekanntlich immer tiefer ins Gehirn des Menschen, also in die Schaltzentrale unserer Entscheidungen blicken, halten sie für eine Illusion. Die Philosophen sind sich – wie immer – uneinig. Es wäre ja auch schade, eine so gute Frage mit einer vorschnellen Antwort zu entwerten …

Kommentar (0)

Schreiben Sie einen Kommentar. Stornieren.

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Die Pflichtfelder sind mit * markiert.

Meistgelesen

Mehr zum Thema