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Champagner als Eintritt ins Séparée

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Autor: Nicole Jegerlehner

Sie kam als Tänzerin in die Schweiz – und sollte entgegen aller vertraglichen Abmachungen im Cabaret Champagner trinken und sich prostituieren. Ihren Pass und ihre Aufenthaltsbewilligung hatte sie dem Cabaretbetreiber abgeben müssen. Um überhaupt aus dem Dancing hinauszukommen, hatte ein Kunde 1000 Franken «Austrittsgeld» für sie bezahlen müssen. So schilderte eine damals 22-jährige Ukrainerin im September 2005 die Verhältnisse in einem Freiburger Cabaret. Sie reichte Strafanzeige gegen den Cabaretbetreiber ein, der auch ein zweites Etablissement führte – und die Freiburger Untersuchungsrichterin Yvonne Gendre eröffnete ihre Ermittlungen, die erst gestern abgeschlossen wurden (siehe Kasten unten).

799 Verträge untersucht

Dabei hatte Gendre einige Schwierigkeiten, dem Alltag der Tänzerinnen auf die Spur zu kommen. «Die meisten Tänzerinnen wechseln nach einem Monat das Cabaret», sagte Gendre vor den Medien. 799 Verträge mit Tänzerinnen hat die Untersuchungsrichterin für die Zeit von 2003 bis 2006 in den beiden Cabarets gefunden – im Stadtfreiburger «Le Plaza» und im «Apollo 2000» in Granges-Paccot, wie Jean-Luc Maradan bestätigte. Maradan ist der Anwalt des Hauptangeklagten.

15 Frauen vernommen

Laut Gesetz hätten die Tänzerinnen sechs bis acht Mal pro Tag eine Tanzshow aufführen sollen. Mit dieser Auflage will der Gesetzgeber die Tänzerinnen vor der Prostitution schützen. Doch im «Plaza» und im «Apollo» traten die Tänzerinnen viel seltener auf – auch dazu fand Gendre detaillierte Listen in den Unterlagen des Cabaretbetreibers.

Die rund fünfzehn Tänzerinnen, mit denen Gendre gesprochen hat, erzählen, dass sie auch in anderen Cabarets dazu angehalten wurden, die Kunden zum Champagnerkonsum zu überreden. «Ausser zwei Frauen gab aber keine zu, in Freiburg oder in anderen Dancings der Prostitution nachgegangen zu sein», sagt Gendre. «Alle erzählten jedoch von Kolleginnen, die sich prostituierten.» Das ist verständlich: Tänzerinnen mit der Aufenthaltsbewilligung L ist die Prostitution verboten (siehe Kasten oben).

Unter Druck gesetzt

Alle einvernommenen Frauen betonten laut Gendre, dass sie im «Apollo» und im «Plaza» ganz besonders unter Druck gesetzt worden seien. So hätten sie ihre Papiere abgeben müssen und seien zum Konsum von Champagner verpflichtet gewesen. «In anderen Dancings können die Frauen auch Wasser oder alkoholfreie Drinks bestellen», sagt Gendre. Wer krank war, konnte auch mal auf einen Negativ-Lohn kommen. Denn im «Plaza» und im «Apollo» galt ein Bussenregime, mithilfe dessen der an sich schon tiefe Lohn von höchstens 2900 Franken gedrückt werden konnte.

Die Frauen wurden zur Prostitution angehalten. Wollte ein Mann dann tatsächlich mit einer der Tänzerinnen ins Séparée oder auf ihr Zimmer, so musste er für 350 Franken eine Flasche Champagner kaufen. «Oftmals kamen diese Flaschen ungeöffnet wieder zurück», sagt Gendre; «auch das ist in den Listen nachzulesen». Kameras mit Fokus auf die Séparées und die Wohnungen der Tänzerinnen halfen bei der Kontrolle.

Yvonne Gendre wirft dem Betreiber beider Cabarets Menschenhandel vor – dies im Falle der Ukrainerin, welche ihn angezeigt hatte, und im Falle von 17 weiteren Tänzerinnen. «Die Verträge mit den Frauen wurden im Ausland abgeschlossen, sie sind später nicht mehr in die Schweiz zurückgekehrt, und alle sind vor Ablauf der achtmonatigen Visumsfrist nach Hause zurückgekehrt», sagt Gendre. Das alles weise auf Menschenhandel hin (Kasten oben). Zudem wirft sie dem Cabaret-Betreiber Anreiz zur Prostitution, Veruntreuung und Wucher vor. Er soll den Tänzerinnen Lohn vorenthalten und eine viel zu teure Wohnungsmiete verrechnet haben.

Ein Urteil bereits gefällt

Der Direktorin eines der Cabarets wirft Gendre Anreiz zur Prostitution vor. Und der Verwaltungsratspräsident beider Cabarets ist am 11. Mai bereits verurteilt worden – wegen Urkundenfälschung, Steuerhinterziehung und Verstosses gegen das Gesetz der Sozialversicherungen. Er wurde zu 150 Tagessätzen à 200 Franken mit Bewährung auf zwei Jahre und zu einer Busse von 2000 Franken verurteilt. «Er war nicht direkt in den Cabaret-Alltag eingebunden», sagt Gendre.

Anwalt bestreitet einiges

Gendre betonte, bis zu einer allfälligen Gerichtsverurteilung bestehe die Unschuldsvermutung. Anwalt Jean-Luc Maradan zeigt sich erstaunt über die Untersuchungsergebnisse, welche Gendre vorstellte: «Die Hälfte davon ist nicht bewiesen.» Mehr will er jedoch nicht sagen. «Zuerst muss ich das Dossier genau studieren.»

Die beiden Cabarets sind unterdessen geschlossen. «Sie hatten schon 2005 finanzielle Schwierigkeiten», sagt Gendre.

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