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Das geschieht mit unseren Sinnen, wenn wir schlafen– Psychologieprofessor und Schlafforscher Björn Rasch im Interview

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Björn Rasch ist Professor am Departement für Psychologie der Universität Freiburg. Er leitet die Abteilung Kognitive Biopsychologie und Methoden und erforscht unter anderem, was in unserem Gehirn geschieht, wenn wir schlafen. Die FN hat mit dem 46-Jährigen über die Sinnesorgane des Menschen gesprochen. Das Interview bildet den Auftakt zu einer mehrteiligen Serie über unsere Sinne.

Björn Rasch, was sind Sinne überhaupt aus Sicht der Psychologie?

Die Sinne sind unsere Einrichtungen, die mit der Umwelt kommunizieren. Sie nehmen Informationen auf und stellen diese unserem Gehirn zur Verfügung. Die fünf klassischen Sinne sind: Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen. Sie ermöglichen es uns letztendlich überhaupt, die Umwelt wahrzunehmen.

Wieso gehört zum Beispiel der Sinn für die Wahrnehmung von Temperatur nicht dazu?

Man könnte zu den klassischen fünf Sinnen noch weitere Sinne hinzufügen. Zum Beispiel eben die Wahrnehmung von Temperaturunterschieden, die Wahrnehmung von Schmerzen, den Gleichgewichtssinn und die Wahrnehmung der Stellung unseres Körpers im Raum. Alle diese Sinne basieren auf verschiedenen Rezeptoren, die uns Informationen über die Umwelt und unseren Körper vermitteln. 

Das gilt zum Beispiel auch für das Sehen. Im Auge gibt es Rezeptoren, die für das Farbsehen verantwortlich sind, sowie Rezeptoren, die dafür sorgen, dass wir Helligkeit wahrnehmen können. Das heisst, im Auge gibt es eigentlich mindestens zwei physiologische Kanäle, und trotzdem spricht man von einem Sinn.

Die klassischen fünf Sinne gehen auf Einteilungen von griechischen Philosophen zurück. Zu der Zeit waren die verschiedenen Rezeptoren noch gar nicht bekannt. Deswegen sind die klassischen fünf Sinne eher grobe Kategorien.

Was ist mit dem sogenannten sechsten Sinn?

Mit dem sechsten Sinn werden oft Phänomene beschrieben, die scheinbar übernatürlich sind. Aus Sicht der Wahrnehmungspsychologie gibt es den sechsten Sinn nicht. Er existiert aber in der Bewusstseins- und Gedächtnisforschung.

Und was sagt die Bewusstseins- und Gedächtnisforschung dazu?

Wenn man in einem Bereich bestimmte Erfahrungen gesammelt hat, dann hat man oftmals ein Gefühl dafür, was gleich passiert. Ein guter Fussballer ahnt zum Beispiel, wohin der Ball kommt. Er hat quasi die Fähigkeit, Spielzüge vorauszusehen. Das könnte man jetzt als übergeordneten Sinn verstehen, ist aber schlussendlich ein Resultat der Erfahrung und der Fähigkeit, Dinge schnell zu erfassen und darauf zu reagieren.

Welches Sinnesorgan ist für den Menschen das wichtigste?

Letztendlich ist die Wichtigkeit eine Frage der Definition. So ist es schwierig zu sagen, welche Sinne für uns überlebenswichtig sind. Heute steht eher die gesellschaftliche Dimension im Zentrum. Und da ist das Sehen sicher derjenige Sinn, den wir am meisten brauchen. Menschen, die blind sind, können viel weniger am gesellschaftlichen Leben teilhaben.

An zweiter Stelle wäre wohl das Hören. Aber auch das Fühlen und der Gleichgewichtssinn sind absolut entscheidend für unsere Körperwahrnehmung und unsere Bewegung.

Man könnte darum eher umgekehrt anfangen: Riechen und Schmecken ist für den Menschen wohl weniger relevant geworden und hat eher den Genusspart übernommen.

War das vor 10’000 Jahren anders, da musste der Mensch ja wissen, was er essen kann und was nicht?

Ja, genau. Damals war es überlebenswichtig, zwischen essbar und nicht essbar zu unterscheiden. Und dieser Sinn funktioniert noch immer: Wenn etwas eklig schmeckt, dann essen wir es auch heute nicht. Zudem lernen wir im Geschmacks- und im Geruchsbereich extrem schnell: Sobald wir die Erfahrung gemacht haben, dass uns von einer Suppe schlecht wird, dann rühren wir diese nicht mehr an. Sogar wenn wir wissen, dass der Grund für die Übelkeit ganz woanders liegt. Denn der Körper hat gelernt, dass diese Suppe mit Ekel verbunden ist. Und sollte er da in Zukunft wieder einen Fehler machen, dann ist das potenziell lebensbedrohlich.

Wie hat sich die Ausprägung der Sinne im Lauf der Menschheitsgeschichte verändert?

In der Literatur wird darüber diskutiert, wie stark sich die Sinne verändert haben. Hatte der Mensch vor 10’000 Jahren von Geburt an einen viel besseren Geruchssinn oder war dieser damals einfach besser trainiert? Denn Sinne sind zu einem gewissen Grad trainierbar. Man sieht das zum Beispiel bei Leuten, die ihr Augenlicht verlieren. Sie können anschliessend oftmals ihr Gehör schärfen, weil sie sich besser auf diesen Sinn konzentrieren können.

Ausserdem können Hirnregionen, die für bestimmte Sinnesbereiche zuständig sind, durch Training vergrössert werden. So sind Violinistinnen und Violinisten in der Lage, die Informationen über die kleinen Abstände auf ihrer Violine im Gehirn besser zu verarbeiten.

Sie führen auch Schlafstudien durch. Was passiert mit den Sinnen, wenn wir schlafen?

Die Sinne sind im Schlaf weiter funktionsfähig, aber in ihrer Verarbeitungskapazität etwas reduziert. Im Thalamus werden die ersten Informationen aus den Sinnen verarbeitet. Und dort gibt es eine Art Schranke, die im Schlaf weniger Informationen von unseren Sinnesorganen durchlässt. So werden wir im Schlaf weniger gestört.

Beim Geruchssinn ist das ein wenig anders. Er verfügt über einen Verarbeitungspfad, der nicht durch diese Schranke muss. Das heisst, dort findet diese Reduzierung der Information im Schlaf nur zu einem gewissen Teil statt. So können wir Gerüche im Schlaf ganz gut wahrnehmen. Allerdings führen diese nicht zu Weckreaktionen.

Heute sind unsere Sinne täglich zahlreichen Reizen ausgesetzt. Was hat das für Auswirkungen?

Wir strapazieren nicht unsere Sinne, sondern das Arbeitsgedächtnis: Weil wir heute oft mehrere Sachen parallel machen, muss unsere Aufmerksamkeit aufgeteilt werden. Und da stellt sich dann die Frage, ob wir damit nicht unser Arbeitsgedächtnissystem überfordern.

Nehmen wir zum Beispiel unser Auge. Obwohl wir nur in einem engen Bereich scharf sehen, haben wir den Eindruck, dass ein Raum stabil ist. In Wahrheit springt unser Auge ständig umher und unser Gehirn rechnet das in ein stabiles Bild um. Das Auge ist also ständig aktiv. Und trotzdem ist das für unser visuelles System keine besondere Herausforderung.

Es könnte höchstens sein, dass das Auge rein muskulär ermüdet – das passiert zum Beispiel, wenn man zu lange auf einen Bildschirm schaut – aber vom visuellen Sinn her wird es nicht müde.

Die Sinne müssen sich also nie ausruhen?

Nein. Es ist sowieso ganz interessant, dass sich einige Stellen unseres Körpers nie ausruhen müssen – so wie zum Beispiel auch der Herzmuskel.

Heute entwickeln Forscherinnen und Forscher technische Hilfsmittel, um unsere Sinne zu erweitern. Was, denken Sie, bringt da die Zukunft?

Bei Personen, die ihren Hörsinn verloren haben, kann man mittlerweile durch implantierte Sensoren einen Teil des Hörens wiederherstellen. Da werden die organischen Rezeptoren durch technische Rezeptoren ersetzt, die die Informationen dann an unsere Nervenbahnen weitergeben. Und so kann das auditive System im Gehirn tatsächlich wieder etwas hören.

Das wird heute auch im Auge versucht. In diesem Bereich gibt es aus meiner Sicht spannende Entwicklungen.

Und dann wird man wohl irgendwann auch die Sinne von Menschen schärfen, die keine Einschränkungen haben. Das könnte zum Beispiel dazu führen, dass wir bestimmte Dinge schneller wahrnehmen oder besser hören.

Was würde da mit dem Gehirn passieren?

Ich vermute, dass sich das Gehirn schnell darauf einstellen würde. Es ist erstaunlich plastisch, das heisst veränderbar. Wenn sie jemandem eine Brille aufsetzen, die die Welt auf den Kopf stellt, dann hat das Gehirn schon nach ein paar Minuten das Bild korrigiert. Das heisst, man sieht alles wieder ganz normal.

Die Frage ist eher, ob eine Erweiterung der Sinne überhaupt etwas nützt. Denn schlussendlich widerspricht es der Funktion unseres Gehirns, alle Informationen wegzulassen, die nicht relevant sind.

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