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Das rote Licht in der Grand-Fontaine

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Die rote Laterne in der Grand-Fontaine strahlt etwas Wärme aus in dieser kalten Winternacht. Der Nebel drückt auf die Dächer Freiburgs, lässt die Alte Brunnengasse enger wirken, als sie es ist. Die Menschen werden zu Schemen, tauchen aus dem Nichts auf, verschwinden im Nichts. An der Hausmauer unter der Laterne lehnt eine junge Frau. Schwarze Haare, heller Mantel, enge Leggings. Hochgezogene Schultern. «Ich friere vergeblich. Keine Kunden heute», sagt sie auf Englisch, stellt sich als Jenny vor. In der Dominikanischen Republik, wo sie herkommt, sinkt die Temperatur auch in Novembernächten selten unter 20 Grad.

Nicht das einzige Quartier

«Die Anwohner denken, die Grand-Fontaine sei das einzige Problem der Stadt», sagt Tobie Steinauer von der bürgernahen Polizei, als er zu Beginn des Abends beim Polizeiposten im Perolles losfährt. «Aber es gibt noch viele andere Quartiere, in denen nachts etwas läuft.» Steinauer und sein Kollege Augustin Bezolla, beide etwa 40 Jahre alt, tragen die blaue Uniform der Kantonspolizei, Funkgerät und Pistole, fahren aber in einem zivilen Auto. Um besser beobachten zu können. Bezolla lässt die Scheibe runter, so höre er gleich, wo es nicht ruhig sei. Die Polizisten fahren durch die Alpengasse, in die Altstadt; von der Reichengasse zur Zähringergasse und zurück an der Kathedrale vorbei. In diesen Strassen gibt es Häuser mit Salons für Prostituierte, hier jedoch einzig zu erahnen am roten Licht, das durch die Vorhänge schimmert.

Fokus Strassenstrich

Die Grand-Fontaine, ein rund 40 Meter langer Abschnitt in der Altstadt, ist der einzige Ort in Freiburg, an dem Prostituierte auf der Strasse um Freier werben dürfen. Weil das «traditionellerweise» so ist, seit dem Mittelalter, wie im Stadtreglement steht. Genau dagegen wehren sich Anwohner nun. Die Situation sei unerträglich, sagen sie: Grölende Männer bis in die frühen Morgenstunden, fast täglich Erbrochenes auf den Treppen zu den Hauseingängen. In dieser Nacht hingegen ist es ruhig, man wähnt sich eher in einem Wohnzimmer als in einem Problemviertel. Prostituierte, die zwei Polizisten und der Sicherheitsagent, der vor einem Jahr vom Oberamt angeordnet wurde, kennen sich. Sprechen, witzeln zusammen. Aus dem Café Grand-Fontaine, Treffpunkt von Kunden und Frauen, kommen gelegentlich Paare hinaus, verschwinden in einem der Hauseingänge.

Anwohner wehren sich

«Seit sich die Nachbarn gegen uns wehren, bleiben die Männer weg», sagt Jenny. Kleine Wölkchen bilden sich vor ihren roten Lippen. Die Kälte ist in dieser Nacht auch für die Ruhe verantwortlich. Und das Datum: Es ist Mitte Monat, die Löhne sind noch nicht ausbezahlt.

«Warten Sie», sagt Jenny und verschwindet. Kommt kurz darauf zurück mit einer Kollegin, der die Kälte wenig auszumachen scheint: Knapper Minirock, grosszügiger Ausschnitt. Vanessa ist aufgebracht. «Es ist doch ruhig hier», ruft sie. Kommt einen Schritt näher. «Sie sehen doch, es ist ruhig hier. Ich muss arbeiten können. Ich habe fünf Kinder zu Hause.» Sie spricht hastig, mischt Spanisch, Englisch und Französisch, tippt sich immer wieder an die Stirn und gestikuliert zum gegenüberliegenden Haus hin. Seit 15 Jahren arbeite sie hier. «Die andere ist viel weniger lange da.» Wie auf Kommando geht gegenüber die Türe auf. Eine Anwohnerin öffnet die Tür, umringt von ihren Kindern, zischt dem Sicherheitsagenten vor dem Hauseingang etwas zu. Sie ist Mitglied des Quartiervereins, der sich gegen die Strassenprostitution wehrt. «Sie sagt, sie könne nicht mehr schlafen; das kann nicht sein.» Wieder tippt sich Vanessa an die Stirn, Jenny spricht beruhigend auf sie ein. Hält sie am Arm, als befürchte sie, es breche gleich ein Streit los. Doch die Anwohnerin schliesst die Türe wieder. Vanessa atmet aus, sagt etwas auf Spanisch, lacht nun.

Nach zwei Uhr laut

Der Sicherheitsagent – angeordnet vom Oberamt, angestellt vom Café – steht auf dem Trottoir auf der anderen Seite, dort, wo die Sandsteinhäuser aus dem Mittelalter schmucke Wohnhäuser sind. Und nicht Zuhause und Arbeitsplatz der Prostituierten. «Am Anfang war es speziell», sagt er, gross, breite Schultern, in Béret und Uniform. Doch jetzt habe er sich an die Frauen und sie hätten sich an ihn gewöhnt. Sie würden ihm helfen, die Kunden zu beruhigen, wenn nötig.

Gegen zwei Uhr, wenn das Café schliesse, werde es manchmal schon lärmig, sagt er. «Aber noch lange nicht jede Nacht.» Im Juni und Juli sei es oft laut gewesen wegen der Fussball-WM. «Die Anwohner beklagten sich damals ständig, das finde ich nicht richtig.» Schliesslich hätten die Leute in der ganzen Stadt gefeiert und seien hupend herumgefahren. Den leichten Ärger über die Anwohnerin, die zuvor die Tür aufgemacht hat, kann er nicht verbergen. «Sie sagte mir, ich hätte meinen Job nicht richtig gemacht, weil heute Morgen ein zerbrochener Blumentopf am Boden lag.» Er schüttelt den Kopf.

Nicht gut fürs Geschäft

Gelegentlich kommen Männer um die Ecke, wechseln die Richtung, sobald sie Polizei und Journalistin erkennen. Und die Frauen machen bald deutlich: Gut fürs Geschäft sind die Gäste nicht. «Was, ihr wollt auch ins Café?», ruft Vanessa, als die Polizisten diese Richtung einschlagen. Sie stellt sich vor die Tür, hebt abwehrend die Hände: «Nein, nein.» – «Doch, doch», sagt Polizist Steinauer, geht um sie herum. Im Innern steht eine Frau hinter der Bar, um die Bar sitzen gegen 20 Männer und etwa gleich viele Prostituierte. Die Gespräche verstummen. Die Blicke richten sich auf den Boden. Vanessa lächelt freundlich: «Ciao», sagt sie und wedelt mit der Hand Richtung Tür. «Was sollten wir darin auch machen», sagt Steinauer wieder draussen. Das Café sei gut geführt, «kein Problem».

 Sicherer als Romontgasse

Auf dem Weg zurück zum Auto rauscht es aus dem Funkgerät der Polizisten. Schlägerei in der Romontgasse. «Wir müssen hin», sagt Steinauer. Doch schon wenige Minuten später kommt die Entwarnung: Die Raufbolde haben sich verzogen. «Heute Nacht war die Alte Brunnengasse sicherer als die Romontgasse», sagt Bezolla. «Und das ist meistens so.»

Im Schein der roten Laterne fahren die Polizisten davon.

Chronologie

Seit zwei Jahren in den Schlagzeilen

Seit zwei Jahren macht die Grand-Fontaine Schlagzeilen: Anwohner haben sich zu einem Quartierverein zusammengeschlossen und fordern das Verbot der Strassenprostitution, die dort seit dem Mittelalter angesiedelt ist. Auch seit gut zwei Jahren gibt es eine Arbeitsgruppe, die sich um den Konflikt kümmert. Sie besteht aus Vertretern des Freiburger Gemeinderates, der Polizei, dem Oberamtmann des Saanebezirks, dem Quartierverein Grand-Fontaine und einer Vertreterin des Präventionsprogrammes Griselidis. Ein Resultat dieser Arbeit ist, dass das Café Grand-Fontaine freitags und samstags einen privaten Sicherheitsdienst anstellen muss. Doch es gibt auch andere, bisher ungehörte Stimmen: Anwohner, die gut mit der Prostitution leben. Prostituierte, die um ihr Einkommen fürchten. Eine fünfteilige Artikelserie zeigt die verschiedenen Standpunkte.mir

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