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Das Wohl der Schwachen lässt ihn nicht los

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Eben erst ist die Vernehmlassung zu einem neuen Freiburger Sonderpädagogikgesetz zu Ende gegangen, nächstes Jahr soll es dem Grossen Rat vorgelegt werden und am 1. August 2016 in Kraft treten.

Über den Inhalt ist Paul Fahrni nicht mehr auf dem Laufenden, obwohl er das Freiburger Sonderschulwesen über Jahrzehnte geprägt hat. Der langjährige Schulinspektor für Deutschfreiburg ist diesen Herbst in den Ruhestand getreten, aber ein Punkt im Entwurf lässt ihm keine Ruhe: «Die sonderpädagogischen Massnahmen werden gemäss Gesetz entsprechend den vorhandenen Ressourcen verordnet», so Fahrni. «Sie sollten sich aber nach den Bedürfnissen der Kinder richten.»

Fahrni amtierte bis 2010 je zur Hälfte als Inspektor für Sonderschulen und für Primarschule und Kindergarten. Danach war er für die Sonderschule nicht mehr zuständig (siehe Kasten), brachte aber weiterhin seine Erfahrung in einer von 14 Arbeitsgruppen ein, die das kantonale Sonderpädagogikkonzept vorbereiteten. Es wurde diesen Frühling in einem zweiten Anlauf unter dem heutigen Staatsrat Jean-Pierre Siggen vollendet (die FN berichteten).

Wozu ein eigenes Gesetz?

Das Konzept übernimmt im Wesentlichen die geltende Praxis; insbesondere jene, die sich in Deutschfreiburg bewährt hat. Dazu hat Fahrni in hohem Mass beigetragen.

«Ich habe die Sonderschulgrundlagen während 24 Jahren begleitet» so Fahrni. Das bisher gültige Freiburger Gesetz trat 1995 in Kraft, vier Jahre nachdem Fahrni Sonderschulinspektor wurde. Er fragte sich damals, ob es überhaupt ein Sonderschulgesetz brauche. Für Fahrni stellt sich auch jetzt die Frage, ob das neue Sonderpädagogikgesetz nicht wie in anderen Kantonen in das Volksschulgesetz einbezogen werden könnte.

Integration stand für Fahrni immer im Zentrum seiner Arbeit. Zu Beginn seiner Tätigkeit in der Heilpädagogik habe man für ein Kind mit Schwierigkeiten eine Diagnose gestellt und dann die Unterstützung festgelegt. Dies habe sich dann gewandelt: «Weniger die Diagnose war massgebend, als vielmehr der Unterstützungsbedarf des Kindes.»

In diese Zeit fiel 1999 das Inkrafttreten eines Integrationskonzepts. In ihm galt: Kinder mit bis zu sechs Lektionen Unterstützung pro Woche besuchen die Regelklasse, die anderen eine Sonderschule, erinnert sich Fahrni. «Als Schulischer Heilpädagoge sah ich, wie Kinder integrierbar sind.» Er habe für solche Entscheide stets den Kontakt mit der Lehrperson und den betroffenen Eltern gesucht.

Wellenbewegungen

Rund um das Thema Integration habe es immer Wellenbewegungen und Meinungsunterschiede gegeben, so Fahrni. «Die Verfechter der Inklusion sind der Meinung, alle Kinder seien in der Regelschule integrierbar.» Für Fahrni galt aber immer das Motto: So viel Integration wie möglich, aber für einige Kinder ist das Fördern in einer Sonderschule besser. «Die Ideologie sollte nicht über dem Wohl des Kindes stehen», sagt er.

Fahrni spürt, dass mit dem neuen Sonderpädagogikgesetz und dem Ausführungsreglement zum Schulgesetz vieles in Richtung Zentralisierung geht. Die Schulen des Kantons sollten seiner Meinung nach mit ihren verschiedenen Systemen voneinander profitieren, ohne gleichförmig zu werden. «Das gilt nicht nur für den deutsch- und den französischsprachigen Teil. Auch zwischen Kerzers und Plaffeien gibt es Unterschiede.» Für Fahrni sind die unterschiedlichen Schulidentitäten wichtig: «Eine Vision wäre ein Globalbudget für jede Schule. So könnten diese selber entscheiden, ob sie eher mit kleineren Klassen oder lieber mit mehr Fachpersonal arbeiten wollen, um den Bildungsauftrag zu erfüllen.»

Pointierte Ansichten

In den letzten Jahren vor der Pension habe er seine Anliegen und Bedenken im Hinblick auf die neuen Gesetzesgrundlagen bisweilen pointiert eingebracht, sagt Fahrni. Das Schicksal von Schülerinnen und Schülern mit einer Lernstörung oder einer Behinderung liegt ihm am Herzen: Das hatte Paul Fahrni schon beim Einstieg ins Berufsleben an der Primarschule Murten gespürt. «Ich hatte als junger Lehrer oft das Gefühl, dass ich gewissen Schülern nicht gerecht werde.» Dies habe ihn dazu bewegt, sich in Heilpädagogik auszubilden: «Ich wollte mehr über die Lernvoraussetzungen und Lernmöglichkeiten dieser Kinder wissen.» Als Werkklassenlehrer habe es ihn dann mit Befriedigung erfüllt, dass er Schüler mit Schwierigkeiten auf ihrem Weg ins Berufsleben individuell begleiten konnte.

Schulinspektor wurde er dann, um seine Ideen flächendeckend einzubringen. Zu Beginn seiner Tätigkeit kümmerten sich in Deutschfreiburg zwei Personen um schulische Heilpädagogik in der integrierten Form, heute sind es über 40.

Mit dem Übertritt in den Ruhestand hat Fahrni begonnen, sein Haus in Cressier umzubauen. Mehr Sorgen bereitet ihm indessen der Umbau der Freiburger Schule und ihrer Heilpädagogik. «In meinen Augen wird zu vieles reglementiert, und die Meinung der praxisnahen Schulverantwortlichen hat zu wenig Gewicht», sagt er.

«Die Ideologie sollte nicht über dem Wohl des Kindes stehen.»

Paul Fahrni

pensionierter Schulinspektor

Zur Person

Aufbauarbeit in Deutschfreiburg

Dass Paul Fahrni mit 63 Jahren als Schulinspektor gleichzeitig mit der Einführung des neuen Schulgesetzes in den Ruhestand tritt, ist Zufall. Doch die Erziehungsdirektion nimmt dies zum Anlass, seine Stelle nicht mehr zu besetzen und stattdessen mehr Stellenprozente für Schulleitungen zu schaffen.

Fahrni wurde 1991 Schulinspektor in Deutschfreiburg. Erst kümmerte er sich nur um Sonderschulen, ab 1995 auch um Primarschule und Kindergarten, ab 2010 ausschliesslich. Fahrni hatte sechs Jahre als Primarlehrer in Murten und Freiburg unterrichtet. Er liess sich dann in Heilpädagogik ausbilden und gab an einer Werkklasse der OS Freiburg Unterricht. Ab 1989 baute er den Heilpädagogischen Stützunterricht in Deutschfreiburger Gemeinden auf. Fahrni hat in vielen Konferenzen, Arbeitsgruppen und Kommissionen mitgewirkt.uh

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