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Dem Staat droht ein Personalengpass

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Der Pensionskasse (PK) des Staatspersonals steht ein Systemwechsel vom Leistungs- zum Beitragsprimat bevor, wenn es nach dem Willen des Staatsrats geht. Mitte Juni wurden die Pläne der Kantonsregierung präsentiert (die FN berichteten). Nächstes Jahr soll der entsprechende Gesetzesentwurf vor den Grossen Rat kommen, per 1. Januar 2020 könnte er in Kraft gesetzt werden. Betroffen sind derzeit 19 300 versicherte Staatsangestellte. Da es für sie vermutlich zu Leistungskürzungen kommt, stellt sich die Frage, wie viele von ihnen eine frühzeitige Pensionierung vor 2020 wählen – und ob dadurch in gewissen Bereichen des Staates gar ein Personalengpass die Folge sein könnte.

Ein Drittel mehr erwartet

Gemäss Hans Jürg Herren, dem Direktor der Ausgleichskasse des Kantons Freiburg, sind dieses Jahr tendenziell mehr Anfragen für prognostische Rentenberechnungen eingegangen. Es gebe bei der Ausgleichskasse jedoch keine statistischen Zahlen zu Frühpensionierungen beim Staatspersonal. Dies nicht zuletzt deshalb, weil im Einzelfall offenbleibe, ob eine Person, welche sich beim Staat frühzeitig pensionieren lasse, eventuell anderweitig weiterarbeite. Ebenfalls vorsichtig in seinen Äusserungen blieb auf Anfrage Claude Schafer, Verwalter der PK des Staatspersonals. Er spricht von einer «leichten Erhöhung» bei den frühzeitigen Pensionierungen von Staatsangestellten. Genaue aktuelle Zahlen könne er nicht nennen.

Georges Godel, Staatsratspräsident (CVP) und oberster Personalchef des Staates, erklärt: «Es ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt schwierig, zu sagen, ob tatsächlich ein Personalengpass auf uns zukommt.» Dies sei abhängig vom definitiven Gesetzesentwurf – und namentlich von den Übergangsmassnahmen. Momentan sei der Staat noch mit den Sozialpartnern in Diskussion. Er bezweifle nicht, dass es Angestellte gebe, die sich diesen Schritt überlegen und durchrechnen würden, so Godel weiter. Betroffen seien wohl vor allem die Lehrer und die Polizisten. Der Staatsrat halte aber auf jeden Fall an seinem im Juni kommunizierten Zeitplan fest.

Laut Marianne Meyer Genilloud, der Sprecherin der Erziehungsdirektion, gibt es in diesem Jahr auf allen Stufen der obligatorischen Schule sowie auf der Sekundarstufe  II kantonsweit 606 Lehrpersonen im Alter zwischen 58 und 65  Jahren; dies entspricht 335 Vollzeitäquivalenten. Meyer Genilloud schätzt, dass sich von diesen im kommenden Jahr rund 200 Personen pensionieren lassen könnten. Auf das laufende Schuljahr hin hatten sich 150 Lehrpersonen pensionieren lassen. Meyer Genilloud rechnet also mit einem Anstieg von einem Drittel.

«Staat soll attraktiv bleiben»

Für den Präsidenten der Fede (Föderation der Personalverbände der Staatsangestellten des Kantons Freiburg), Bernard Fragnière, ist das Risiko eines Personalengpasses beim Staat ganz klar gegeben. «Der Systemwechsel an sich ist nicht das Hauptproblem, sondern die Frage, wie hoch die Übergangsfinanzierung sein wird», so Fragnière. «Ich erwarte vom Staat, dass er auch seinen Teil dazu beiträgt.» Beim Vorschlag des Staatsrats hätten die Angestellten bis zu 42  Prozent der Kosten selbst tragen müssen. Das sei zu viel. Auf eine konkrete Forderung wolle er sich aber noch nicht festlegen. «Wichtig ist für uns, dass der Staat als Arbeitgeber attraktiv bleibt», sagt der Fede-Präsident. Auch Fragnière sieht die Probleme vor allem bei den Lehrern und den Polizeibeamten. «Denn diese beiden Berufsgruppen verbringen im Unterschied zu anderen, wie etwa dem ebenfalls betroffenen Pflegepersonal, praktisch ihre ganze berufliche Laufbahn beim Staat», sagt er. Ein gewisser Anstieg an frühzeitigen Pensionierungen und damit erste Anzeichen für einen drohenden Lehrermangel machen sich gemäss Fragnière schon bemerkbar. Wichtig sei nun auch, wie die Pädagogische Hochschule (PH) auf dieses Phänomen reagiere. Im Kanton Bern, der den Systemwechsel 2015 vollzog, sei es nach diesem Wechsel zum Beitragsprimat zu drei bis vier Mal mehr Demissionen als in den Vorjahren gekommen.

Am kommenden Donnerstag, 20. September, führen die Fede-Mitgliederverbände zusammen mit dem Verband der Organisationen des Personals der Sozialen Institutionen (Vopsi) und dem Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) eine Kundgebung gegen die Pensionskassen-Pläne des Kantons auf dem Freiburger Python-Platz durch.

Erst im Januar sichtbar

«Hier kommt ein Riesenproblem auf uns zu», warnt Jacqueline Häfliger, Präsidentin des Verbands Lehrerinnen und Lehrer Deutschfreiburg. Schon im letzten Jahr seien mehrere Lehrpersonen mit entsprechenden Anfragen an sie gelangt. Sichtbar werde das Ausmass des Problems allerdings wohl erst zu Beginn des kommenden Jahres, da Lehrer in der Regel Kündigungen immer sechs Monate vor dem Ende des Schuljahres schreiben würden – also im Januar.

In diesem Zusammenhang sei auch die PH gefordert und müsse mehr Ausbildungsplätze anbieten. Dasselbe gelte für die Universität. Gleichzeitig müsse sich der Staat überlegen, ob er den Lehrerberuf wie etwa der Kanton Zürich auch für Quereinsteiger öffnen wolle. Vielleicht müssten sogar bereits pensionierte Lehrkräfte für Stellvertretungen wieder beigezogen werden – was heute nicht möglich sei. Dass das System einer Pensionskasse für die Berufswahl junger Lehrer massgebend sei, glaubt Häfliger hingegen nicht. Lehrer zu werden sei immer noch eine Berufung oder eine Herzenssache. Ausserdem machten sich viele junge Lehrerkandidaten wohl noch wenig Gedanken über die Regelung ihrer Rente. Auch im Vergleich zu den anderen Kantonen, von denen die meisten das Beitragsprimat längst eingeführt hätten, ergebe sich für den Kanton Freiburg mit dem Systemwechsel kein Wettbewerbsnachteil – wohl aber verliere er einen Vorteil.

«Wechsel ist unumgänglich»

Grossrat Emanuel Waeber (SVP, St. Antoni) gehörte im Kantonsparlament stets zu den vehementesten Befürwortern eines Systemwechsels. Ausserdem hat er beruflich als stellvertretender Generalsekretär des Schweizerischen Ärzteverbands FMH sehr viel mit der Materie zu tun. Er geht davon aus, dass im Grossen Rat vor allem die Frage im Zentrum stehen wird, wie die Übergangsfinanzierung zwischen dem Kanton als Arbeitgeber und den Arbeitnehmern aufgeteilt wird. Der Staatsrat gehe von Kosten zwischen 800 und 900  Millionen Franken aus; er selber schätze sie auf über eine Milliarde. «Ein Systemwechsel ist unumgänglich», so Waeber weiter. «Das Leistungsprimat ist längerfristig nicht mehr finanzierbar.» Der SVP-Grossrat glaubt auch, dass sich viele Staatsangestellte aufgrund dieses Systemwechsels frühzeitig pensionieren lassen werden. Betroffen seien wohl sämtliche Bereiche des Staates. Waeber befürchtet aber weder, dass es dadurch zu einem Personalengpass kommt, noch, dass der Staat durch den Systemwechsel Probleme bei der Rekrutierung von neuem, jungem Personal hat. Denn die meisten anderen Kantone würden heute schon mit dem Beitragsprimat arbeiten – und die Privatwirtschaft sowieso.

Definition

Leistungsprimat und Beitragsprimat

Beim Leistungsprimat werden die Leistungen im Versicherungsfall zum Voraus aufgrund des versicherten Lohns festgelegt. Beim Beitragsprimat hingegen werden die Leistungen aufgrund der Beiträge des Versicherten und der Zinsen berechnet. Das Leistungsprimat war in der Schweiz lange das System der öffentlichen Hand, kommt aber gegenwärtig nur noch in den Kantonen Freiburg, Waadt und Genf zur Anwendung. Neuenburg wechselt auf Anfang 2019 zum Beitragsprimat.

jcg

Kanton Bern

«Etliche vorzeitige Pensionierungen»

Im Nachbarkanton Bern erfolgte der Systemwechsel vom Leistungs- zum Beitragsprimat sowohl bei der Bernischen Pensionskasse als auch bei der Bernischen Lehrerversicherungskasse bereits am 1. Januar 2015.

«Auch mehr Freiheit»

«Wir als Kasse haben mit diesem Systemwechsel keine schlechten Erfahrungen gemacht», sagt André Wälti, Direktionsmitglied der Bernischen Pensionskasse. «Grössere Personalengpässe konnten wir dank einer ganzen Reihe von Übergangsmassnahmen verhindern.» Das Beitragsprimat bedeute im Übrigen nicht nur eine Senkung des Risikos für den Versicherer, sondern auch mehr Freiheit für den Versicherten – nämlich, was Einkäufe in die Pensionskasse betreffe.

Mehrere Übergangsregelungen

Der Kanton Bern als Arbeitgeber habe zwar ein gewisses Mass an vorzeitigen Abgängen beim Personal verzeichnen müssen. Wälti empfindet das Ausmass im Unterschied zu Fede-Präsident Bernard Fragnière (siehe oben) aber nicht als extrem. Inzwischen sei die Situation dank verschiedenen Übergangsregelungen geklärt. Die Situation sei dabei für jede versicherte Person individuell beurteilt worden. Ein Teil dieser Regelungen sei zurzeit noch in Kraft.

Rosmarie Gfeller, Direktionssekretärin der Bernischen Lehrerversicherungskasse, sagte auf Anfrage: «Der Primatwechsel stellte sicher für etliche Personen den Grund für eine vorzeitige Pensionierung dar.» Wie viele Lehrer sich aufgrund des Primatwechsels zu diesem Schritt entschlossen hätten, lasse sich zahlenmässig aber nicht sagen.

jcg

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