Meine Mutter liegt im Sterben. Emma, vierjährig, und Liam, sechsjährig, lieben ihre Grossmutter. Sie besuchen sie auch regelmässig im Spital. Nun fragen wir uns, ob sie ihre Grossmutter auch in der Totenkapelle besuchen sollen. Ist es nicht besser, dass sie ihre Grossmutter lebend in Erinnerung behalten? Kann die tote Grossmutter bei den Kindern nicht auch Ängste auslösen? N.W.
Sollen Kinder mit dem Tod konfrontiert werden? Diese Fragen stellen sich viele Eltern.
Für Liam und Emma ist es wichtig, dass sie Abschied nehmen können von ihrer toten Grossmutter. Kinder haben oft einen natürlichen Umgang mit dem Tod. Die Angst vor dem Tod ist vor allem die Angst der Erwachsenen und hat mit unserer Kultur und Erziehung zu tun. Haben die Kinder sich von ihrer toten Grossmutter verabschiedet, ist es für sie auch nachvollziehbar, dass sie nicht mehr da ist.
Wichtig ist, dass Sie beim Abschied dabei sind und die Fragen von Emma und Liam beantworten können. Oft fragen Kinder, wo nun ihre Grossmutter ist. Je natürlicher Sie Auskunft geben können, desto besser können die Kinder Abschied nehmen. Wichtig ist auch, dass Sie den Kindern Ihre Gefühle mitteilen, dass Sie traurig sind, weil nun Ihre Mutter nicht mehr da ist.
Seien Sie auch nicht erstaunt, wenn Liam und Emma ihrer Befindlichkeit anders Ausdruck geben, als Sie es erwarten. So wie die Kinder in einem Moment ganz traurig sein können, lachen sie wenige Minuten später. Kinder verarbeiten ihre Trauer ganz verschieden. Es gibt Kinder, die sich in dieser Zeit sehr gerne bewegen oder auch wütend sind, weil die geliebte Person nicht mehr da ist.
Wichtig ist, dass Sie Liam und Emma begleiten und so ihre Bedürfnisse wahrnehmen. Vielleicht haben die Kinder auch das Bedürfnis, ihrer Grossmutter Zeichnungen mitzugeben.
Behalten Sie aber Gewohntes bei, wie zum Beispiel das Singen oder Geschichtenerzählen am Abend. Rituale geben Sicherheit. Einander schöne Erinnerungen an die Grossmutter zu erzählen, unterstützt den Trauerprozess. Vielleicht leuchtet die Grossmutter ja nun als Stern.
Für Kinder gibt es gute Bücher, die den Tod thematisieren. Nun wünsche ich Ihnen ein gutes Abschiednehmen von Ihrer Mutter.
Rita Jungo Küttel, Psychologin & Supervisorin Marte Meo, ist Mitarbeiterin beim Verein Familienbegleitung. Dieser bietet Unterstützung in der Erziehung von Kindern zwischen 0 und 7 Jahren. Tel.: 026 322 86 33, contact@educationfamiliale.ch, www.educationfamiliale.ch