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Der erstarrte Moment

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Eine junge Frau liegt schlafend auf dem Bett, Kopf und Arme fallen erschlafft zu Boden. Eine Aura des Geheimnisvollen umgibt die dunkle Szenerie. Auf dem von weissem Stoff umhüllten Körper der Schlafenden sitzt ein Nachtalb – die Verkörperung ihrer geheimen Wünsche und Alpträume. Durch den roten Vorhang im Hintergrund starren hypnotisch leuchtend die Augen eines schwarzen Pferdes, auf dem Nachttisch tanzen zierliche Feen. Johann Heinrich Füsslis bekanntestes Gemälde «Der Nachtmahr» entführt den Betrachter in den Kern der fantastischen Bildwelten des Schweizer Malers. Das Gemälde vereint wie kaum ein anderes den Geist und die Formensprache der schwarzen Romantik, die nicht das Alltägliche in den Mittelpunkt stellt, sondern die Abgründe der menschlichen ­Seele, den Traum und eine von Mystik und Einbildungskraft umwehte Todessehnsucht. Der Maler entwickelte eine Obsession für das düster-erotische Motiv des Gemäldes und malte es immer wieder in verschiedenen Versionen. Das skandalumwitterte Gemälde machte Füssli im London des 18. Jahrhunderts zum Popstar der frühen Romantik, bis heute gilt er als Meister des Abgründigen.

Bewegung, Dramatik, Emotionalität

Das Kunstmuseum Basel widmet Füssli zurzeit eine monothematische Ausstellung. Mit rund siebzig Gemälden spüren die Kuratoren der Leidenschaft des Malers für die Literatur und das Theater nach. Füsslis Beschäftigung mit literarischen Motiven und Themen zieht sich wie ein roter Faden durch sein Gesamtwerk. Dabei nutzte er die Literatur nicht nur als Steinbruch für Ideen und Themen, sondern versuchte mit seinen Gemälden auch, die Funktionsweisen und die Stilmittel des Theaters zu adaptieren. Füssli evoziert in seinen Bildern Bewegung, Dramatik und Emotionalität und konzentriert sich auf Mimik und Gestik der Figuren. Auf den Spuren der Kunst des Barocks war er immer auf der Suche nach dem einen Moment, in dem sich die ganze Bühnenhandlung verdichtet: «Da die Erfindung im strengen Sinn auf einen Augenblick der Handlung beschränkt ist, erfindet der am besten, der in diesem Augenblick die Spuren der Vergangenheit, die Lebendigkeit der Gegenwart und die Andeutung der Zukunft vereinigt», schreibt Füssli im Winter 1787 in seinen «Aphorismen über die Kunst».

Besonders beeindruckt zeigte sich Füssli von antiken und mittelalterlichen Sagenwelten und von John Miltons Versepos «Paradise Lost» von 1667. Dieses behandelt nichts Geringeres als den Höllensturz der gegen Gott rebellierenden Engel, die Schöpfung von Adam und Eva und deren Vertreibung aus dem Paradies. Wie sein Freund und Seelenverwandter William Blake zeigte auch Füssli bei der Lektüre von Miltons Magnum Opus grosses Interesse an den darin gestellten existenziellen Fragen nach der Schuld und Erlösung des Menschen. Auch die schauerlichen Erzählungen der englischen Frühromantik, die sogenannten «Gothic Novels», befeuerten Füsslis Imaginationskraft.

Die eigentliche Faszination des belesenen Malers galt aber dem englischen Dichter schlechthin: William Shakespeare. Als er 1763 nach London zog, fand er sich in einer Welt wieder, die den Schöpfer des «Hamlet» wie einen Heiligen verehrte. Mit einer ganzen Reihe von Gemälden zu Shakespeares Werken erarbeitete sich Füssli schnell den Ruf eines Künstlers, der genauso originell und exzentrisch ist wie der Dichter selbst: Füssli galt in der Londoner Kunstszene als der «Shakespeare der Leinwand».

Die Werke des Malers zeugen von seiner genauen Kenntnis der Textvorlagen Shakespeares. In den Dramen des englischen Nationalschriftstellers interessierten Füssli in erster Linie das Übernatürliche, Geheimnisvolle und Makabre. In seinem Werk «Lady Macbeth, schlafwandelnd» von 1783 treibt Füssli seinen Hang zur Dramatik auf den Höhepunkt: Er bannt den Wahn und die Verzweiflung der Gattin des Tyrannen Macbeth in ein expressives Standbild; die ganze Tragweite von Shakespeares Tragödie verdichtet sich in einem erstarrten Moment.

Der Gang durch die Basler Ausstellung lässt den Besucher in die gemalten Theater Füsslis eintauchen. Jedes Gemälde erzählt eine Geschichte. Ohne eine gewisse Kenntnis der literarischen Vorlagen bleibt aber wenig Erkenntnisgewinn, denn die Ausstellung versteht sich vor allem anderen als Untersuchung zu einer langen Tradition der westlichen Kulturgeschichte: der gegenseitigen Beeinflussung von bildender Kunst und Literatur.

Kunstmuseum Basel. Bis zum 10. Februar. Di. bis So. 10 bis 18 Uhr, Mi. bis 20 Uhr. www.kunstmuseumbasel.ch

Zur Person

Ein «wilder Schweizer» macht Karriere in London

Johann Heinrich Füssli wird 1741 in Zürich geboren. Ab 1756 studiert er bei Johann Jakob Bodmer Theologie. 1763 zieht Füssli nach London, wo er schnell Anschluss an intellektuelle und kulturelle Zirkel findet und Mäzene und Verleger kennenlernt. Ende 1769 bricht er nach Rom auf, wo er acht Jahre lebt. In der Ewigen Stadt verfeinert er in der Auseinandersetzung mit der Kunst der Antike und der Renaissance sein Formenvokabular. 1778 reist er zurück nach London, wo er durch skandalträchtige Bilder wie «Der Nachtmahr» auf einen Schlag berühmt wird. Bald ist der exzentrische Künstler in England als der «wilde Schweizer» bekannt. In London widmet er sich obsessiv dem Theater und insbesondere den Dramen von William Shakespeare, dessen Werke er schon während seines Studiums kennengelernt hat. Er wird Mitglied der Royal Academy. Ab 1799 lehrt er als Professor für Malerei. Füssli stirbt 1825 in Putney Hill bei London.

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