Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Der Hilferuf aus dem Jugendamt

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on print

Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Eine Fachperson im Bereich Kindesschutz beim Freiburger Jugendamt hat derzeit im Schnitt Mandate für 114 Kinder. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 42 Stunden sind das 20 Minuten pro Kind. Claire Folly ist eine dieser Fachpersonen, und sie drückt so aus, dass sie und ihre Arbeitskolleginnen und -kollegen das Schutzamt für gewisse Kinder gar nicht mehr wahrnehmen können.

«Mehrmals im Monat hat eine Fachperson mit Krisensituationen zu tun, etwa bei einem Suizidversuch einer minderjährigen Person. Da muss es schnell gehen. Die Fachperson muss das Kind begleiten und mit Eltern, Geschwistern, Schulbehörden, Ärzten und anderen sprechen. Dann gilt es Massnahmen zu treffen. In solchen Fällen sind wir zu 100 Prozent Feuerwehrleute. Einige Kinder, die wir betreuen sollten, sehen wir dann gar nicht mehr. Das ist nicht tolerierbar.»

Rund 40 Mitarbeitende des Freiburger Jugendamts haben gestern an einer vom Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD) organisierten Medienkonferenz teilgenommen. Sie wollten so öffentlich auf die schwierige Personalsituation aufmerksam machen.

«Ausmass ist unerträglich»

«Das Jugendamt ist schon lange mit einer Überbelastung konfrontiert», sagte VPOD-Regionalsekretär Gaétan Zurkinden. «Neu ist das Ausmass: Es ist unerträglich geworden. Es ist unmöglich, so weiterzufahren: Die Mission des Jugendamts ist in Gefahr.»

Zurkinden wies darauf hin, dass der Auftrag zum Schutz des Kindes im Jugendgesetz festgehalten ist. Im dazugehörigen Jugendreglement heisst es: «Die Direktion wacht darüber, dass die Zahl der Leistungsaufträge je Mitarbeiterin oder Mitarbeiter so bemessen ist, dass eine gute Betreuung gewährleistet ist.»

Bei der Abteilung, die die von den Friedensgerichten angeordneten Kindesschutzmassnahmen und Mandate ausführt, waren es im letzten Jahr 124 Kinder pro Fachperson im Vollzeitamt. Dieses Jahr sind es bis jetzt bereits 114 Dossiers pro Fachperson.

In den Kantonen Waadt und Genf bearbeiten die Fachpersonen nur rund halb so viele Dossiers «Die Fachliteratur und der Fachverband empfehlen 60  Kinder pro Vollzeitstelle», sagte Michel Aeberhard, Fachperson für Kindesschutz.

17 Stellen gefordert

Aus diesem Grund fordern die Mitarbeitenden des Jugendamts via VPOD vom Staatsrat 17 zusätzliche Vollzeitstellen: 10 für den Bereich Kindesschutz, eine für Situationen ohne offizielles Mandat, zwei für die Abteilung der Betreuungseinrichtungen, drei für die Verwaltung und eine für Vaterschaftsabklärungen und Vormundschaften.

Claudia Lauper, Generalsekretärin bei der Direktion für Gesundheit und Soziales, anerkennt die überdurchschnittliche Arbeitslast pro Fachperson. Auf Anfrage der FN sagt sie: «Unsere Direktion hat diesen Sommer dem Staatsrat einen Bericht zur Situation unterbreitet. Dieser hat dann per sofort die Erlaubnis für 2,8  zusätzliche Vollzeitstellen gegeben.» Sie betont, dass die Gesundheits- und Sozialdirektion in den letzten Jahren schon intern Stellen ins Jugendamt umgelagert habe.

«Das ist völlig ungenügend», sagt Gewerkschafter Zurkinden. «Es erlaubt kaum, die ständige Zunahme der Dossiers zu bewältigen. Die Kinder bezahlen die Zeche.»

Laut den Aussagen der Mitarbeitenden fehle das Personal in allen Bereichen. Für das Weiterleiten eingehender Anrufe an die 50 Fachpersonen gebe es eine Telefonistin.

Donika Morina-Gentil, Fachperson für familienexterne Betreuung, erklärte, dass auch in ihrem Bereich die Aufgaben nicht erfüllt werden könnten. Ihrer Abteilung obliegt es, die familienexternen Betreuungseinrichtungen zu besuchen. «Wir können diese Kontrollbesuche nicht alle durchführen», sagte sie. «Einige Besuche werden vier bis sechs Jahre hinausgeschoben. Wir können bei Krippen, Tagesstätten oder Tagesmüttern gar nicht mehr kontrollieren, ob sie ihre Arbeit korrekt machen.» Deshalb gebe es auch Tagesmütter, die schwarz arbeiteten, und Einrichtungen, die trotz Verbot weiterhin Kinder aufnähmen.

Budgetplanung läuft noch

Dies führt zu einer erhöhten Personalfluktuation. So hätten in einem neunköpfigen Team im Bereich Kindesschutz in den letzten vier Jahren gleich acht die Stelle gewechselt. Zudem würden in den nächsten Monaten drei Führungspersonen in Pension gehen.

Michel Aeberhard mahnt: «Wir brauchen die nötige Zeit. Sonst leidet die Qualität der Arbeit.» Zurkinden sagt, es gehe um das Budget 2020, welches der Staatsrat derzeit erstelle. Mitte September werde es dem Grossen Rat überwiesen. Zurkinden rechnet vor: «Die geforderten Stellen würden den Staat 1,5 Millionen Franken jährlich kosten.»

Zahlen und Fakten

Klar mehr Fälle als in anderen Kantonen

Das Freiburger Jugendamt beschäftigt rund 80 Per-­ sonen zu 53,7 Vollzeitäquivalenten. 2018 gingen für die 28  Voll­zeitstellen beim Kindesschutz 3497 Dossiers ein. Das waren 124 Kinder pro Vollzeit-Fachperson. Dieses Jahr liegt die Zahl der Kinder bereits bei 114. Im Kanton Waadt waren es letztes Jahr 64 Kinder pro Fachperson, in Genf 55 Kinder. In Neuenburg waren es 95 und im Wallis 80 Kinder, beide Kantone trafen aber 2019 Massnahmen, um die Belastung zu senken. In einer anderen Abteilung kümmert sich dieses Jahr in Freiburg durchschnittlich eine Person um 138 überwachte Betreuungsinstitutionen. In Bern und im Wallis waren es 100  Institutionen und in Genf und im Tessin gar nur rund 50  Institutionen pro Fachperson.

Politik

«Handlungsbedarf auch bei der Organisation»

Der Personalnotstand im Freiburger Jugendamt war im Mai schon Gegenstand eines Postulats von Grossrat André Schneuwly (Freie Wähler, Düdingen) und Bernadette Mäder (CSP, Schmitten). Der Rat nahm es mit 83 gegen 0  Stimmen an. «Der Vorstoss wurde vom Staatsrat schnell beantwortet. Ich habe daraus abgeleitet, dass auch er der Ansicht ist, es müsse schnell etwas gehen.» Schneuwly betont aber auch, dass das Problem nicht nur eine Frage der Stellen sei, sondern dass es auch eine Reorganisation brauche, etwa betreffend Zweisprachigkeit: «Es braucht eine ganzheitliche Analyse.» Er stellt in Aussicht, dass er gewillt sei, die Thematik bei der Budgetdebatte erneut vorzubringen.

 

 

Kommentar (0)

Schreiben Sie einen Kommentar. Stornieren.

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Die Pflichtfelder sind mit * markiert.

Meistgelesen

Mehr zum Thema