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Der irritierte junge Mann und sein Traum

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Wort zum Sonntag

Autor: Ingrid Grave/Kipa

Der irritierte junge Mann und sein Traum

Wir wissen nicht so ganz genau, wie irritiert oder verzweifelt er war, dieser junge Mann. Um das zu erspüren, muss man in dieser Geschichte die Zeilen aufmerksam und noch aufmerksamer zwischen den Zeilen lesen. Das möchte ich versuchen.

Der Evangelist Matthäus erzählt uns (Mt 1, 18-24) knapp und nüchtern, wie es sich verhielt mit der Geburt Jesu. Genauer gesagt, er erzählt, was der Geburt vorausging! Und zwar steht dieses Mal Josef im Mittelpunkt der Erzählung, nicht die schwangere Maria. Eben diese Schwangerschaft ist es, die ihn durcheinander bringt. Es ist schon so unendlich viel gerätselt worden, ob und wie ein Kind vom Heiligen Geist empfangen werden kann! Dabei ist das wohl kaum das Hauptthema des Textes. Ganz sicher aber soll mit dieser Aussage die Aussergewöhnlichkeit des Kindes herausgestellt werden. Ich persönlich erhoffe mir für jedes Kind, und ich glaube es auch, dass der Heilige Geist, der heilige und liebende Geist Gottes, am Werke ist – jedes Mal, wenn er ein neues Leben ins Dasein ruft.

Wie Josef darüber gedacht hat, erfahren wir nicht. Es bleibt offen. Man kann auch sagen: Der Text bewahrt sein ihm innewohnendes Geheimnis, nichts gibt er davon preis. Für uns Heutige ist das gewöhnungsbedürftig. In welche Verwirrung Josef geraten ist, zeigt sein Entschluss: Er will sich von Maria trennen. Der Grund wird uns mitgeteilt: Weil er ein Gerechter war!

Wer in der Bibel als gerecht bezeichnet wird, ist einer, der sich in allem bemüht, als guter Mensch zu leben, Gott wohlgefällig. Das heisst, er hält sich an die Gesetze. Josef sieht sich – nach dem Bericht – nicht als Vater des Kindes. Aber er will das Geschehen nicht an die Öffentlichkeit bringen, um Maria zu schützen. Er will sie nicht blossstellen. Darum beschliesst er, sie in aller Stille zu entlassen. Maria «gehört» ihm nicht – nach dem Gesetz. Wem gehört sie denn? Der Text lässt keinen Zweifel darüber: Gott hat seine Hand auf diese junge Frau gelegt – und auf ihr Kind. Die Anstrengung des Nachdenkens bringt Josef nicht auf diese Spur. Das Kind ist noch nicht auf der Welt, und er muss bereits erkennen, dass es in Bezug auf ein Kind keine Besitzansprüche gibt. Wirklich, er ist irritiert und sicher auch verzweifelt.

Das Ganze verfolgt ihn bis in den Schlaf hinein. Dann kommt der Traum, dieser eigenartige Traum, in dem er einen Engel sieht und ihn sprechen hört. Was Josef im tiefen Innern eigentlich schon weiss, steigt an die Oberfläche seines Bewusstseins. Im Traum wird er es gewahr: Maria gehört zu ihm, sie und ihr Kind. Und zwar trotz allem! Josef, ein Gerechter, der stets den Weg mit Gott gesucht hat, streng nach dem Gesetz, vertraut nun der Botschaft des Traumes. Er erwacht und entscheidet sich – unverzüglich – für die Frau und das Kind, nicht mehr für Brauch und Gesetz.

Im Traum erfährt er, wie man dieses Kind einmal nennen wird: Immanuel, Gott mit uns. Wenn es Gott ist, der «spricht», der mit uns geht, dann gilt das! Dann treten Gesetz und Kirchenrecht in den Hintergrund.

Josef wagt seine Entscheidung, nicht aus Willkür oder aus einer Laune heraus, sondern im Vertrauen auf Gott, dessen Stimme er bei Tageslicht im Geräusch der Gesetze nicht mehr hören konnte. In der Dunkelheit und in der Stille der Nacht jedoch vernimmt er in seinem Herzen die Weisung, die ihm, dem Verzweifelten, ganz individuell zugesprochen wird: Folge deinem Herzen!

Damit sagt Josef ja zu seinem ganz persönlichen Weg auf Weihnachten zu, auf die Ankunft des Kindes, das wohl ganz anders sein wird, als er es sich je vorstellen konnte.

Ingrid Grave ist Dominikanerin und lebt in Zürich, wo sie in der Ökumene und in der Arbeit mit Frauen engagiert ist.

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