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Der junge Peter Bichsel in Schwarz-Weiss

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Peter Bichsel, wie man ihn noch heute antrifft: Mit nachdenklichem oder herausforderndem Blick, manchmal mit einer Zigarette zwischen den Fingern. Auch wenn er ein junger Mann ist auf den Bildern, gerade mal etwas über 30, man erkennt ihn sofort, den Bichsel.

 Ende der 60er-Jahre besuchte die damals 26-jährige Fotografin Elsbeth Leisinger den Autor zu Hause in Bellach für eine Reportage. Damals war Bichsel mit seinen «Kindergeschichten» in aller Munde. Nun, anlässlich des 80. Geburtstags Bichsels, stellt Leisinger die Schwarz-Weiss-Fotografien in Solothurn aus.

Noch Jahrzehnte nach dem Treffen erinnert sich die heute 72-jährige Fotografin an die Begegnung mit dem Autor, den sie damals bewunderte, wie sie lachend bei einem Gespräch in der Freitagsgalerie Imhof in Solothurn erzählt–unter den wachsamen Augen von Bichsel, die von den Wänden blicken. «Ich war sofort fasziniert von diesem Gesicht.» Kein Schnickschnack peppt die Porträtfotografien auf, «obwohl Bichsel Poster von Brigitte Bardot und Che Guevara aufgehängt hatte, die witzige Bildmotive ergeben hätten». Doch die Fotografin hatte nur Augen für Bichsels Gesicht.

Entstanden ist die Fotoserie 1969. Der Autor hatte sich soeben im solothurnischen Bellach mit seiner Familie ein Haus gekauft und seinen Beruf als Primarlehrer an den Nagel gehängt, um sich fortan vollends der Schriftstellerei zu widmen. Die ersten Erfolge verbuchte er mit den Kurzgeschichten «Eigentlich möchte Frau Blum den Milchmann kennenlernen» (1964) und den noch kürzeren «Kindergeschichten» (1969).

«Gestandener Mann»

Getroffen hatte Leisinger den Schriftsteller damals gemeinsam mit der 1999 verstorbenen Journalistin Ilse Heim im Auftrag der «Annabelle». Die Frauenzeitschrift veröffentlichte den Text, der auch an der Schau in Solothurn ausgestellt ist, unter dem Titel «Alle sprechen über Peter Bichsels ‹Kindergeschichten›–Wir sprechen mit Bichsel».

Unkompliziert sei der gefragte Autor gewesen, erinnert sich die Fotografin. Es habe sie beeindruckt, dass er, der nur wenige Jahre älter ist als sie, damals schon ein gestandener Mann mit Erfolg, Haus und Familie gewesen sei.

Einmal noch hat Leisinger Bichsel danach zufällig wieder getroffen, im Tessin in den 70er-Jahren. Und schliesslich erschien der Autor Anfang März zur Vernissage der Ausstellung, «obwohl ich bis zuletzt nicht sicher war, ob er auftauchen würde».

Keine Interviews

Die Ausstellung in der kleinen Galerie gehört zu einer Reihe von Feierlichkeiten zu Ehren Bichsels. Der Autor selber möchte zu seinem runden Geburtstag am 24. März kein Interview geben; wenn der Rummel vorbei sei, spreche er aber gerne wieder mit Journalisten, sagt ein höflicher, aber bestimmter Bichsel am Telefon in Bellach, wo er noch immer lebt.

Bichsel ist eines der letzten Originale der Schweizer Literaturszene; ein Mann, der sich bis vor kurzem poetisch und doch dezidiert in Kolumnen vielfach auch zu politischen Themen äusserte, bei Lesungen mit der unverkennbaren nasalen Stimme auffiel, das Ledergilet stets über dem Hemd. Der Autor, der eng befreundet war mit Max Frisch, darf sich mit zahlreichen Literaturauszeichnungen schmücken, so etwa mit dem Grossen Schillerpreis, mehreren Stadtschreiber-Preisen, einem Ehrendoktortitel der Uni Basel oder dem Literaturpreis des Kantons Bern.

Über seinen 80. Geburtstag reden mag er nicht, dafür lässt er einmal mehr seine Kunst für sich sprechen. Anfang März ist mit «Über das Wetter reden» sein jüngster und letzter Kolumnenband erschienen (siehe Kasten)–Bichsel hat sich nach über 40 Jahren als Kolumnist unzähliger Zeitungen und Magazine zurückgezogen. sda

Neues Buch: Ein Abschluss mit Bravour

P eter Bichsel hat kurz vor seinem 80. Geburtstag einen Band mit Kolumnen herausgegeben. Mit «Über das Wetter reden» nimmt er nach 40 Jahren Abschied von der süssen Pflicht, jeden Monat eine Kolumne schreiben zu müssen.

«Sein Erzählen ist ein wirkliches Zählen» heisst es über einen, der Gusti hiess und der in der Beiz all die Orte auf- und erzählte, wo er einmal gewesen war. Peter Bichsel mag beides. Er liebt es, von Menschen zu erzählen, die noch Träume haben, und er liebt es, zu zählen. Man braucht keine guten Noten in Rechnen, um in die Zahlen vernarrt zu sein.

Bichsel zählt, wo immer er ist. «Sprache kam damals von selbst nach und nach, und das Zählen war wohl das Erste, was ich bewusst lernen musste.» Er hat ihm als Manie und Manier die Treue gehalten. 80 Jahre lang, und genau die Hälfte davon mit Geschichten in Form von Kolumnen: 455 zusammengezählt.

Der Band «Über das Wetter reden» beschliesst Bichsels wunderbare Comédie Humaine, die in der Gegenwartsliteratur ihresgleichen sucht. Dieses Opus Magnum aus lauter Kolumnen spannt einen Kosmos von Geschichten auf, in denen das Unspektakuläre, Alltägliche in schillerndem Glanz erscheint.

Der Hektik widerstehen

Auch wenn sich Peter Bichsel gerne erinnert, nostalgische Gefühle weckt er nicht: «Ich lebe in dieser Zeit, ich lebe gern in dieser Zeit, ich habe keine andere.» Die Macht der Vergangenheit liegt einzig darin, dass man ein Gestern erzählen kann, «ein Jetzt aber nicht».

Darüber reden und trinken

Er selbst ist alles andere als ein Verächter von technischen «Spielzeugen». Ohne Smartphone, schreibt er einmal, fühle er sich «nackt». Aber er hat sich ein untrügliches Gespür für Verluste und Veränderungen bewahrt, die kaum jemandem mehr auffallen. Die permanente Verfügbarkeit von Informationen verführt uns dazu, bedenkt er, dass wir nicht mehr fähig sind, etwas nicht zu wissen.

Nicht ohne Wehmut erinnert Peter Bichsel sich an einen Abend, als sich das Gespräch in der Beiz stundenlang im Kreis drehte – um die Frage, ob Ferdi Kübler verstorben sei und Hugo Koblet noch lebe. Weil keiner am Tisch es besser wusste, liess sich darüber reden und trinken. «Heute würde einer sein Handy zücken und das Thema wäre erledigt.»

Erzählen und Schweigen

Erzählen um des Erzählens willen. Wer erzählt und wer zuhört, gehört in den Kreis derer, die einander «Geschichten erzählen, um zu schweigen. Immer wieder dieselben Geschichten.» Dankbar dafür, dass die Leserinnen und Leser ihm zugehört und mit ihm geschwiegen haben, «verabschiede ich mich und versuche, geradeaus zu gehen». Wir Leser bleiben noch ein Weilchen sitzen. sda

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