Für den Freiburger Generalrat beginnt heute Abend die neue Legislatur: Um 19 Uhr treffen sich die neuen und wiedergewählten Generalräte im Saal des Grossen Rats, wo sie durch den Oberamtmann vereidigt werden und sich dann konstituieren (siehe blauer Kasten). Damit es keine technischen Pannen gibt und alle Generalräte die nötigen Informationen rechtzeitig erhalten, braucht es einiges an Vorbereitung. Dafür zuständig ist das Sekretariat des Generalrats.
Vier Wochen Vorbereitung
«Unsere Hauptaufgabe ist die Organisation und die Nachbereitung der Generalratssitzungen», sagt Nathalie Defferrard Crausaz. Sie arbeitet zu 100 Prozent für das Sekretariat, zwei weitere Sekretärinnen, Nathalie Marvardi und Ingrid Buntschu, teilen sich die zweite Vollzeitstelle.
Die Vorbereitung für eine Generalratssitzung beginne jeweils vier Wochen vor dem Termin. «Zunächst müssen wir eine Sitzung des Büros einberufen. Dieses muss die vom Gemeinderat vorgeschlagene Traktandenliste genehmigen», sagt Nathalie Defferrard. Danach müsse das Sekretariat die Finanzkommission einberufen, je nach Botschaft hielten auch die Bau- oder die Informatikkommission eine Sitzung ab. Am Montag vor dem Generalrat kämen jeweils die Fraktionen zusammen. «Spätestens dann müssen die Mitglieder der Kommissionen alle Sitzungsprotokolle haben.» Besonders aufwendig sei dies vor den Budgetsitzungen. «Dann tagt die Finanzkommission bis zu sechs Mal.»
Erstmals im neuen Saal
Weniger Protokolle zu schreiben gab es für die konstituierende Sitzung von heute Abend; die Arbeit ist dem Sekretariat aber nicht ausgegangen. Denn neben den neuen Generalräten, deren Namen es sich zu merken gilt, hat es auch einen Ortswechsel gegeben: Neu tagt der Generalrat im Saal des Grossen Rats (die FN berichteten). Dieser müsse vor den Sitzungen zwar nicht jedes Mal eingerichtet werden, sagt Defferrard. «Und für den technischen Aspekt sind wir glücklicherweise nicht mehr verantwortlich, denn um den Unterhalt der Elektronik kümmert sich die Staatskanzlei.» Jedoch habe das Sekretariat im Vorfeld einige Testläufe absolviert, um heute Abend bereit zu sein. «Und an den Sitzungen selbst müssen wir aktiver sein.»
Haben im Saal des Justizgebäudes an der Chorherrengasse zwei Personen gereicht, braucht es nun das ganze Sekretariat: Eine Person muss festhalten, wer wann das Wort ergreift. Eine zweite muss den Ton regeln. Und Nathalie Defferrard selbst ist für die Beratung und die Unterstützung des Präsidenten zuständig. So sorgt sie dafür, dass dieser etwa bei einem Rückweisungsantrag weiss, wie er zuerst abstimmen lassen muss, und so das Protokoll gewahrt wird. Auch ordnet sie die während der Sitzung eingegangenen Postulate, Anträge und Anfragen, macht Kopien und reicht die Dokumente dem Präsidenten oder dem entsprechenden Gemeinderat.
Obwohl Nathalie Defferrard und ihr Team gut vorbereitet sind–eine kleine Sorge hat sie noch: «Im alten Saal haben die Generalräte oft Snacks gegessen. Wir müssen sie darauf aufmerksam machen, dass dies im Saal des Grossen Rats absolut verboten ist.»
In seiner täglichen Arbeit habe das Sekretariat vor allem mit Generalrätinnen und Generalräten zu tun, es unterstehe jedoch der Freiburger Exekutive. «Wir sind sozusagen die Verbindung zwischen General- und Gemeinderat. Wir hören, was die Generalräte sagen und können dies so weiterleiten.» Diese Verbindungsfunktion zwischen dem Parlament und der Exekutive sowie auch den verschiedenen städtischen Diensten gefalle ihr besonders, sagt Nathalie Defferrard. Auch schätze sie den Kontakt zu den verschiedensten Leuten. «Dabei versuche ich stets, die Person an sich in den Vordergrund zu stellen und nicht etwa ihre politische Orientierung.»
Stille Beobachterin
Ist es für sie als Politologin, Ethnologin und ehemalige Sozialdemokratin denn nicht schwierig, bei all den Debatten zuhören zu müssen, ohne je die eigene Meinung zu sagen?
«Nein», sagt sie. Es sei nicht ihre Aufgabe, sich um parteipolitische Strategien zu kümmern. «Ich habe eher eine beobachtende, wissenschaftliche Herangehensweise.» Deshalb störe es sie auch nicht, wenn sie sich selbst nicht einbringen könne. Sie sei aber sehr vorsichtig bei der Wiedergabe der verschiedenen Meinungen bei Sitzungsprotokollen. Vor allem dann, wenn sie nur Notizen mache und die Debatte im Protokoll etwas straffen müsse. «Man soll mir nie ein Ungleichgewicht vorwerfen können.»
Ablauf
Ratsältester eröffnet die heutige Sitzung
Nach der Vereidigung der Freiburger Generalrätinnen und Generälräte durch Oberamtmann Carl-Alex Ridoré heute Abend wird die konstituierende Sitzung eröffnet. Diese folgt einem besonderen, im Reglement des Generalrats festgeschriebenen Ablauf. Das älteste Mitglied des Generalrats eröffnet die Sitzung und hält die Eröffnungsrede für die Verwaltungsperiode. Eigentlich wäre Pierre Marchioni (SVP, 1942) das älteste Mitglied. Da er an der Sitzung nicht teilnehmen kann, wird der Zweitälteste, Daniel Gander (SVP, 1945), diese Aufgabe übernehmen. Er leitet die Sitzung, bis das Büro gewählt ist. Dieses setzt sich zusammen aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten sowie je einem Stimmenzähler und einem Ersatzstimmenzähler pro Fraktion. Nach der Wahl tritt das Büro sofort in Funktion. Unter der Leitung des neuen Präsidenten werden die Mitglieder der Kommissionen gewählt, namentlich der Finanz-, der Einbürgerungs-, der Bau-, der Informatik-, der Fusions- und der Raumplanungskommission. Ebenfalls wählt der Generalrat die Mitglieder des Agglorats und -vorstands.rb
Generalrat: SVP erhält ihren ersten Präsidenten
S eit ihrem Einzug in den Freiburger Generalrat im Jahr 2006 hat die SVP noch nie einen Generalratspräsidenten gestellt. Dies wird sich voraussichtlich heute Abend ändern: Folgen die Ratsmitglieder dem üblichen Turnus, wird der bisherige Vize-Präsident Christophe Giller zum Ratspräsidenten gewählt.
Bei der Wahl zum Vize-Präsidenten vor einem Jahr hatte die Linke dafür gesorgt, dass Giller im ersten Wahlgang nicht und im zweiten nur äusserst knapp gewählt wurde. Könnte es dieses Jahr erneut eng werden?
Es habe im Vorfeld der konstituierenden Sitzung Diskussionen zwischen allen Parteien gegeben, sagt Pierre Marchioni, der sein Amt als SVP-Fraktionschef an Pascal Wicht abgeben wird. «Zu Beginn war es nicht einfach, aber schliesslich haben alle einige Schritte aufeinander zu gemacht.» Er sei deshalb zuversichtlich, dass Giller zum ersten SVP-Generalratspräsidenten gewählt wird.
Dies bestätigen die linken Parteien. «Wir wollen nicht am Turnus rütteln», sagt SP-Fraktionspräsident Elias Moussa. Wer Vize-Präsident sei, solle auch zum Präsidenten gewählt werden. «Das ist kein Problem, wir werden Giller unterstützen», sagt Maurice Page (CSP) auf Anfrage. Nach der Wahl von Pierre-Olivier Nobs in den Gemeinderat hat Page wieder das Amt des Fraktionspräsidenten übernommen.
Nicht gross äussern will sich Yolande Peisl-Gaillet, die neue Fraktionspräsidentin der Grünen. «Es gab Diskussionen, und wir haben uns geeinigt», sagt sie nur. Die CVP und die FDP hatten Giller schon bei seiner Wahl zum Vize-Präsidenten unterstützt.
Alternanz durchbrechen
Für das Vize-Präsidium wird die SP, die mit 30 Sitzen doppelt so viele Generalräte hat wie die CVP als zweitgrösste Partei im Generalrat, einen Kandidaten stellen. Dies ist der 49-jährige Busfahrer Pierre-Alain Perritaz. Die Linke, die die Mehrheit innehat, beansprucht in dieser Legislatur drei Mal das Präsidium. Da mit SVP-Mann Christophe Giller ein Bürgerlicher den Anfang macht, wird die bisherige Alternanz von links und rechts im dritten Jahr durchbrochen. So hat im ersten Jahr die SVP das Präsidium inne, danach folgen die SP, die Grünen, die CVP und nochmals die SP. Den letzten Vize-Präsidenten wird die FDP stellen.
Für die FDP sei es unbestritten gewesen, dass die CVP als stärkste bürgerliche Partei das zweite bürgerliche Präsidium in dieser Legislatur erhalte, sagt FDP-Fraktionspräsident Jean-Pierre Wolhauser auf Anfrage. Natürlich verleihe ein Präsidium eine gewisse Sichtbarkeit und gebe einer Partei die Gelegenheit, sich zu repräsentieren. «Man sollte dies aber auch nicht überbewerten.» Ebenfalls einig bezüglich der Präsidien seien sich die Linken, sagt Elias Moussa. «Das hat nicht für grosse Diskussionen gesorgt.»
Grüne übernehmen Fiko
Schliesslich bleibt noch die Verteilung der Präsidien in den Kommissionen zu klären. Die Linke wolle nicht in allen Kommissionen den Präsidenten oder die Präsidentin stellen, sagt Moussa. Auch von den beiden wichtigsten Kommissionen, der Finanz- und der Baukommission, beanspruche die Linke nur das Präsidium der Finanzkommission. Nach dem Rücktritt von Dominique Jordan Perrin wird aber voraussichtlich nicht mehr ein Sozialdemokratin die Fiko präsidieren, sondern mit François Ingold ein Grüner. «Noch müssen aber die Wahlen stattfinden», so Moussa. rb