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«Der menschliche Körper ist nicht wie ein Stück Holz»

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Das ist ein bezahlter Beitrag mit kommerziellem Charakter. Text und Bild wurden von der Firma Muster AG aus Musterwil zur Verfügung gestellt oder im Auftrag der Muster AG erstellt.

Nicole Lindenblatt, gibt es Wünsche, die Sie nicht erfüllen können?

Ja. Viele. Oft.

Welche?

Unrealistische Wünsche. In der Nasenchirurgie zum Beispiel haben wir ab und zu Patienten, die schon mehrere Operationen hinter sich haben, aber immer noch nicht zufrieden sind. Sie wollen unbedingt noch einmal etwas Winziges korrigieren lassen – das mache ich nicht. Manchmal ist offensichtlich, dass hinter dem Wunsch nach einer Operation eigentlich ein anderes Pro­blem steckt, das auf irgendeinen Körperteil projiziert wird. Da ist es manchmal schwierig herauszufinden, was man tun soll und was nicht.

Immer mehr Menschen lassen sich chirurgisch verbessern. Fördern Sie mit Ihrem Angebot nicht diese Entwicklung?

Ja, schon. Aber die Nachfrage – der Wunsch nach Schönheit – ist real. In allen Ländern, in allen Kulturen, egal wie alt, egal wie reich. Die Menschen wollen schön sein. Das ist in uns drin.

Ein neuer Trend ist die Korrektur der Schamlippen. Machen Sie das auch?

Tatsächlich nimmt dieser Wunsch bei jüngeren Patientinnen stark zu. Solche Eingriffe gehören aber nicht zu meinem Spezialgebiet. In unserer Klinik machen das eine Kollegin und ein Kollege.

Wer gibt bei Schamlippen das Schönheitsideal vor?

Das ist eine schwierige Frage. Im Internet sind immer mehr Filme verfügbar, die Jugendliche sich anschauen und woraus sie ein entsprechendes Schönheitsideal entwickeln – mitunter schon im Alter von sechzehn, siebzehn Jahren. Wir würden das in diesem Alter niemals operieren.

Bei Operationen bleiben Narben, die mit einer Gefühllosigkeit einhergehen. Ist das bei Schönheitsoperationen kein Nachteil?

Doch. Immer wenn man ins Gewebe schneidet, entstehen Narben. Die bleiben. Und dort können auch Gefühlsstörungen auftreten oder Verhärtungen des Gewebes. Bei Brustoperatio­nen ist das gar nicht so selten.

Auch sonst gibt es Risiken. Im Prinzip könnte man an einer Schönheitsoperation sterben, oder?

Ja. Das Risiko ist aber nicht bei jedem Eingriff gleich hoch. Bei Gesässvergrösserungen mit Eigenfett ist das Risiko erschreckend hoch – weltweit stirbt fast eine von dreitausend Patientinnen durch den Eingriff. Denn das gespritzte Fett kann in grosse Gefässe gelangen und diese verstopfen. Da­ran kann man sterben.

Sagen Sie das den Frauen?

Auf jeden Fall, wir klären alle Patienten über die Risiken auf. Ich mache keine Gesässvergrös­serungen mit Eigenfett, sie sind mir zu gefährlich. Auch wenn es die Nachfrage gibt.

Sie sind fünfundvierzig. Wie gehen Sie mit dem Altern um?

Ich sehe es als Mischung zwischen dem, was man akzeptieren muss – man kann sich biologisch nicht verjüngen – und dem, was man beeinflussen kann. Jeder versucht, gut auszusehen, Cremes zu verwenden, zur Kosmetik zu gehen. Ich habe zum Beispiel auch schon Falten mit Hyaluronsäure gefüllt.

Wie viele Frauen lassen sich in der Schweiz durch Botox und Hyaluronsäure verschönern?

Viel mehr, als Sie denken. Sehr viele.

Sehen Sie jemandem an, ob sie oder er etwas hat machen lassen?

Wenn die Eingriffe gut gemacht sind, sieht man gewisse Dinge nicht. Manches aber sieht man immer. Filler in den Lippen beispielsweise. Die lassen sich fast nicht machen, ohne dass es künstlich aussieht. Da sollte man aus meiner Sicht sehr zurückhaltend sein.

Wie ist Ihr persönliches Schönheitsideal?

Ich mag ein natürliches Aussehen. Den uniformen Look, nach dem viele streben, finde ich nicht schön. In gewissen Gegenden sieht man im Einkaufszentrum viele Damen, die alle ähnlich aussehen.

Neben der ästhetischen Chirurgie führen Sie am Universitätsspital Zürich auch rekonstruktive Eingriffe durch. Wie häufig sind Sie damit beschäftigt?

Das Handwerk ist eigentlich dasselbe. Ich arbeite mehr in der rekonstruktiven Medizin und auch in der Mikrochirurgie.

Was ist damit gemeint?

In der Mikrochirurgie operieren wir ganz kleine Gefässe im Körper. Zum Beispiel Lymphgefässe. Es gibt eine Krankheit mit dem Namen Lymphödem, bei dem die Lymphflüssigkeit im Körper nicht mehr richtig abgeführt wird. Es kommt zu einem Stau. Mit neusten Operationstechniken können wir die winzigen Lymphgefässe – mit einen Durchmesser von weniger als einem Millimeter – mit Venen kurzschliessen. So fliesst die Flüssigkeit wieder ab. Wir operieren von Hand mit Mikroskopen. Das finde ich faszinierend.

Sie sind zudem aktiv in der Stiftung Reconstructing Women. Seit 2009 hat diese über 4000 Frauen weltweit operiert. Wie sieht ein solcher Einsatz aus?

Wir wollen Menschen helfen, die keinen Zugang zu plastischer Chirurgie haben. Zum Beispiel Frauen, die durch Säureattacken von Männern entstellt wurden. Ich gehe einmal pro Jahr in einen solchen Einsatz, meistens nach Tansania. Wir operieren unentgeltlich. Die Stiftung lebt von Spenden.

Einige der Patientinnen sind Gewaltopfer. Was macht das mit Ihnen, wenn Sie eine Frau sehen, die von einem Mann mit Säure übergossen wurde?

Das ist furchtbar. Man kann fast nicht glauben, dass es das immer noch gibt. Wir sind aber nicht primär politisch, sondern fokussieren uns auf die Opfer. Es geht uns um die medizinische Hilfe.

Und wie fühlt es sich an, wenn Sie nach einem solchen Einsatz wieder zurück in der Schweiz sind und mit Wünschen konfrontiert werden, die eher in die Kategorie Luxus gehören?

Sie werden jetzt überrascht sein. Aber auch die Patientinnen im Ausland wollen oft als Erstes wieder schön sein. Beispielsweise wollen sie oft zuerst eine Narbe im Gesicht korrigiert haben, bevor sie uns eine Behinderung an der Hand operieren lassen.

Aber es ist doch ein Unterschied, ob jemand ein entstelltes Gesicht wiederherstellen muss oder eine etwas krumme Nase gerader haben will.

Natürlich. Im einen Fall korrigieren wir eine Entstellung, im anderen Fall machen wir einen gesunden Menschen noch etwas schöner. Aber ich persönlich urteile nicht über die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen.

Dieses Interview entstand im Rahmen der Talk-Reihe «Wissenschaft persönlich» in der Stadtbibliothek Winterthur. Ein Video des Gesprächs gibt es auf der Website wissenschaft-persoenlich.ch.

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